Mami Box 1 – Familienroman. Claudia Torwegge
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Veras Herz tat einen rascheren Schlag. »Hast du denn einen Grund, das anzunehmen?« fragte sie vorsichtig.
Katrin hob die Schultern und nickte gleichzeitig unsicher. »Manchmal telefoniert sie, auch schon mal von der Telefonzelle, da hat meine Freundin Stefanie sie mal gesehen und fand das auch komisch. Und zu Hause, wenn ich da unvermutet dazukomme, legte sie ganz schnell auf und ist rot im Gesicht. Und wenn ich sie frage, wer das denn war, lügt sie. Doch, Tante Vera«, ihre braunen Augen blickten ernst, »ich weiß genau, daß sie lügt.«
»Das kann ich mir aber gar nicht vorstellen«, murmelte Vera. Und sie dachte: Jetzt fange ich auch schon damit an. Mit wem sonst als mit Marian würde sie telefonieren? Aber das konnte sie Jennys Tochter nicht sagen.
»Und daß sie jetzt weggefahren ist«, fuhr Katrin fort, »zu einer Freundin Franziska, weil die heiratet. Von der haben wir früher nie was gehört. Hast du da schon mal was von gehört, Tante Vera?«
»Doch, ja, ich erinnere mich…« Eine Franziska hatte es tatsächlich irgendwann einmal gegeben.
»Mama war ja neulich schon mal dort, aber nur kurz. Dann hatte sie den Zug verpaßt und mußte über Nacht bleiben. Sie hätten sich ganz lange nicht gesehen, darum wüßten wir nichts von der. Ist doch auch komisch.«
»Ach, das gibt es schon, Katrin. Man kommt mit Jugendfreunden auseinander, und irgendwann hört einer wieder vom anderen, und dann ist die Freude groß.«
»Ja, wenn du meinst.« Das Mädchen sah auf seine Finger und bewegte sie. »Papa glaubt Mama ja auch alles. Aber ich…« Katrin zögerte, »ich hör so viel in der Schule. Bei der Gaby hat der Vater eine Freundin und will sich deswegen von ihrer Mutter scheiden lassen. Gaby hat schon geweint, und bei einer anderen Mitschülerin ist es umgekehrt, da ist die Mutter zu einem Freund gezogen, dann ist die Oma gekommen und versorgt jetzt sie und ihre kleine Schwester. Und in den Fernsehspielen sieht man auch oft so was.« Sie biß sich auf die Unterlippe und ließ den Kopf hängen.
Vera schwieg etwas ratlos. Wie gern hätte sie ihrer Nichte jetzt überzeugend klargemacht, daß bei ihren Eltern an dergleichen doch nicht zu denken war. Aber Katrin war kein Kind mehr, wie sich zeigte. Die Mädchen wurden heutzutage früh reif, mit zwölf wußten sie mehr als ihre Mütter mit siebzehn, von früheren Generationen gar nicht zu reden.
»Ich hab’ echt Angst, daß Mama auch so jemand hat«, murmelte Katrin gepreßt. »Aber wer sollte das bloß sein?«
»Ja, eben«, murmelte Vera. Sie straffte sich. »Ich werde mal mit deiner Mutter reden, wenn sie zurück ist, Katrin. Sicherlich wird sich alles, was dir jetzt seltsam vorkommt, auf harmlose Weise erklären lassen.« Dabei versuchte sie, wider besseren Wissens, Festigkeit in ihre Stimme zu legen.
Katrin hob den Blick und sah sie hoffnungsvoll an. »Ja. Du bist doch Mamas Schwester, Tante Vera. Du machst das schon.«
Damit beendeten sie das heikle Thema. Zur Ablenkung sahen sie sich ein heiteres Ratespiel im Fernsehen an, und dann kam auch Edgar mit den beiden aus der Nachmittagsvorstellung zurück. Da gab es nun viel zu erzählen. Für die kleine Laura war der Blick in diese bunte, glitzernde Welt ein wahres Erlebnis gewesen.
Vera nickte und lächelte zu allem und tat interessiert. Aber sie mußte doch immer wieder an Jenny denken. Das waren sorgenvolle Gedanken, auch nicht ganz frei von Groll, mit denen sie sie suchte.
*
»Ich bin ein bißchen traurig, daß unser gutes schwesterliches Verhältnis sich so gelockert hat«, sagte Vera, nachdem sie Platz genommen hatte. »Ich denke, wir sollten uns einmal aussprechen. Oder hast du kein Vertrauen mehr zu mir?«
Jenny setzte sich in den anderen breiten Sessel ihr gegenüber. »Zuerst möchte ich dir danken, daß ihr Katrin und Claus ein schönes Wochenende bereitet habt. Hoffentlich ist es euch nicht zuviel geworden. Ich konnte wirklich nicht ahnen, daß Dieter plötzlich nach London fliegen wollte.«
»Und wo warst du, wenn man fragen darf?«
»Ich war bei Vincent«, antwortete Jenny.
Vera zuckte zusammen. Sie hatte es geahnt, ja eigentlich beinahe schon gewußt, aber nun traf es sie doch, ihre Schwester das so unumwunden aussprechen zu hören.
»O Jenny…«, flüsterte sie.
Aber Jenny sah sie nur kühl und wie von fern an.
Im Haus lief der Staubsauger, in einem eintönigen leisen Summen. Frau Müller war da. Vera hatte die Vormittagsstunde gewählt, um Jenny aufzusuchen, weil die Kinder dann in der Schule waren.
»Weißt du, daß Katrin schon Verdacht schöpft?« sagte Vera mit enger Stimme, nachdem sie sich geräuspert hatte.
»Ach ja?« Jenny hob die feingezeichneten dunklen Brauen. »Hat sie etwas zu dir gesagt?«
Vera nickte. »Sie ist nicht mehr so kindlich, wie es manchmal scheinen mag. Sie bekommt schon dieses und jenes mit. Jenny!« Beschwörend streckte sie die Hand nach der Schwester aus. »Wohin soll das denn bloß führen? Du kannst doch nicht immer weiter lügen und betrügen.«
»Das ist wahr. Das kann ich nicht.« Jenny stand auf. Sie trat an die Hausbar und schenkte Sherry in zwei kleine Gläser. Vera folgte ihren Bewegungen aufmerksam. Hatte sie am Ende doch Schluß gemacht, war es die letzte Begegnung gewesen am Wochenende mit ihrem Geliebten?
Aber da sagte Jenny, während sie die Gläser auf den niedrigen Tisch stellte: »Es ist auch für Vincent kaum noch zu ertragen, dieses Abschiednehmen immer wieder nach viel zu kurzem Beisammensein. Ich will nur noch Weihnachten vorübergehen lassen.« Sie setzte sich wieder.
»Und dann?« fragte Vera in banger Ahnung.
»Dann werde ich mich von Dieter trennen und zu Vincent gehen. Ich sehe keine andere Lösung, Vera, als mich zu unserer Liebe zu bekennen.«
»Das ist doch Wahnsinn, Jenny!« Vera war das Blut in die Wangen gestiegen vor innerer Erregung. »Das würde nicht nur für Dieter ein furchtbarer Schlag sein, sondern auch für eure Kinder. Denkst du denn nicht an Katrin und Claus? Was sollte denn aus ihnen werden?«
»Es wird sich schon eine gütliche Regelung finden. Sie können wählen, bei wem sie bleiben wollen. Ich stelle mir vor, Claus bei seinem Vater, und Katrin bei mir. Sie wird es verlockend finden, in Paris zu leben. Aber das alles wird man sehen…«
Vera schüttelte heftig den Kopf. »Da bist du bereit, alles in Scherben zu schlagen, nur um einer blinden Leidenschaft zu folgen?« hielt sie ihrer Schwester erregt vor.
»Um mir mein Glück zu erkämpfen«, verbesserte Jenny.
»Weißt du denn, ob das ein Glück wird?« sagte Vera mit flammenden Augen. »Was man auf dem Unglück anderer aufbaut, hat noch nie gutgetan. Muß sich das nicht auch Vincent Marian sagen?«
»Er liebt mich«, sagte Jenny, als gelte daneben nichts, aber auch gar nichts anderes.
»Du bist zwölf Jahre älter als er«, fuhr Vera fort, »wenn…« Aber Jenny ließ sie nicht aussprechen. »Vincent fühlte sich immer mehr zu reifen Frauen hingezogen als zu kleinen Mädchen«, behauptete sie mit großer Sicherheit.
Vera