Perry Rhodan Neo 239: Merkosh. Rüdiger Schäfer
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»Was ist das?«
Aysirias Frage beendete seine kurzen Grübeleien. Sie war vor einem flachen Hügel in die Knie gegangen und betrachtete ihn interessiert. Als Merkosh näher kam, sah er, dass sich die Oberfläche der kegelförmigen Erhebung bewegte.
Insekten, begriff er sofort. Offenbar waren sie auf ein Nest einer Spezies von Gliederfüßern gestoßen. Die nur wenige Zentimeter langen Tiere ähnelten Goldwebern, die zu Beginn der opronischen Kulturentwicklung für große Ernteschäden gesorgt und mehrere planetare Hungersnöte ausgelöst hatten. Die sechsbeinigen Schädlinge verfügten über einen flachen Ellipsenkörper und waren nicht nur ungewöhnlich hungrig, sondern auch sehr fortpflanzungsfreudig gewesen. Mittlerweile stellten sie natürlich keine Gefahr mehr dar.
Die Goldweber hatten ihren Namen erhalten, weil sie die Reste der Pflanzen, die sie fraßen, mit einer hauchdünnen Schicht aus Eiweißmolekülen überzogen: Ausscheidungsprodukte ihres Stoffwechsels, der Proteine nicht verwerten konnte. Diese glänzten golden, was zwar wunderschön aussah, aber für die Landwirtschaft der frühen opronischen Epochen ein Sinnbild von Tod und Zerstörung geworden war.
»Sechs Beine, kein gegliederter Rumpf, keine Flügel, kein erkennbarer Kopf«, stellte Aysiria fest. »Nicht besonders ausentwickelt, die kleinen Kerlchen.«
»Auch die Evolution macht mal Pause«, kommentierte Merkosh.
»Manchmal redest du einen ganz schönen Unsinn.« Sie kramte eine weitere Probenkapsel aus ihrer Tasche.
»Was willst du mit den Viechern?«, wunderte sich Merkosh. »Sie sind offensichtlich nicht infiziert.«
»Und genau das ist der Punkt«, gab Aysiria zurück. »Sie existieren in unmittelbarer Nähe mehrerer vom Dunkelleben befallener Arten, weisen aber keine Eigeninfektion aus. Findest du nicht, dass wir das genauer untersuchen sollten?«
Seine Partnerin hatte recht, und Merkosh ärgerte sich darüber, dass er das nicht sofort selbst erkannt hatte. Der Umstand, dass ihn seine Arbeit langweilte, durfte sich nicht auf deren Qualität auswirken. Gerade wenn es um das Dunkelleben ging, waren Gründlichkeit und Sorgfalt oberstes Gebot.
Er verfolgte, wie die Opronerin einige der Insekten einsammelte und danach die Probenkapsel verschloss. Später wusste er nicht mehr, was ihn dazu veranlasste, den Kopf zu heben und nach oben zu schauen. Vielleicht eine Bewegung, die er aus dem Augenwinkel wahrgenommen hatte. Oder ein Geräusch, das für einen Moment aus dem Plätschern des Wassers und dem Rauschen des Blattwerks herausstach. Er stellte sich nur immer wieder die Frage, ob er noch etwas hätte tun können, wenn er die Gefahr eine oder zwei Sekunden früher bemerkt hätte.
Der Kokon hing direkt über Aysiria. Er war mit dem schmalen, schlauchartigen Ende an einer Astgabel befestigt und etwa einen Meter lang. Sein rhythmisches Pulsieren registrierte Merkosh nur einen Lidschlag lang. Dann platzte das sackähnliche Gebilde mit einem dumpfen Schlag auf und entleerte seinen Inhalt auf die noch immer vor dem Hügel kauernde Frau.
Aysiria schrie. Von einem Augenblick auf den anderen war sie von Zehntausenden, eventuell sogar Hunderttausenden Insekten bedeckt. Die Tiere sahen genauso aus wie ihre Pendants auf dem Hügel, waren jedoch pechschwarz – fraglos infolge einer Infektion mit Dunkelleben. Sie wimmelten und wuselten über den Körper der Opronerin und bedeckten praktisch jede Stelle ihres Schutzanzugs.
In ihrer ersten Panik sprang sie auf und schlug unkontrolliert um sich, versuchte, die winzigen Krabbler abzustreifen. Doch dort, wo sie einen Teil von ihnen entfernt hatte, rückten sofort andere nach und füllten die Lücke. Dabei erzeugten sie ein unangenehmes Schaben, als glitte eine Metallklinge über rauen Stoff. Ein Teil der Biester war zu Boden gefallen und bewegte sich mit erstaunlichem Tempo auf Merkosh zu. Angewidert zertrat er die vorwitzigsten Angreifer mit den Füßen, kurz bevor sie ihn erreichen konnten.
»Hilf mir, verdammt noch mal!«, schrie Aysiria. Sie klang wütend und angeekelt zugleich. Sie musste zwar längst begriffen haben, dass die Tiere ihrem Anzug nichts anhaben konnten, doch die Tatsache, dass sie über und über mit wimmelnden Insekten bedeckt war, war alles andere als angenehm. Merkosh konnte das nur zu gut verstehen.
»Halt still!«, wies er sie an und löste seinen Thermostrahler aus der Magnethalterung am Gürtel. Die Waffe gehörte zur vorgeschriebenen Standardausrüstung bei Einsätzen in unbekannter Umgebung.
Während des Flugs nach Polkott hatte Merkosh mehrere Lektionen zu den Themen Waffeneinsatz, Verhalten in unerforschtem Territorium und Benutzung eines Schutzanzugs erhalten. Ein sogenanntes Überlebenstraining im Simulator, bei dem er sich nicht besonders geschickt angestellt hatte, war der Abschluss der Vorbereitungen gewesen.
Mit einer kurzen Handbewegung justierte er den Strahler auf die niedrigste Intensität. Dann legte er auf Aysiria an und schoss. Langsam ließ er den breit gefächerten Wirkungskegel der Waffe über die Opronerin wandern. Die gerichtete Infrarotstrahlung erzeugte eine Temperatur von rund zweihundert Grad Celsius. Binnen einer Minute war seine Partnerin von ihrer wimmelnden Last befreit.
Wahrscheinlich ist der Hügel eine Art Falle, überlegte Merkosh, während er die Insekten großflächig verbrannte. Die Gefahr, dass er dabei aus Versehen den Wald in Mitleidenschaft zog, bestand nicht. Dafür war das lokale Klima zu feucht.
Ein Teil der Tiere lockt Beute an, die glaubt, eine leicht zugängliche Mahlzeit entdeckt zu haben. Sobald sie sich dem Hügel widmet, stürzt sich die in luftiger Höhe wartende Mehrheit auf den unvorsichtigen Feind und bringt ihn zur Strecke.
Ungewöhnlich war lediglich, dass die Köderinsekten keinerlei Anzeichen für einen Befall mit dem Quasivirus aufwiesen. Hatte das Dunkelleben einen Teil der Kolonie bewusst verschont, um potenzielle Opfer nicht zu früh zu verschrecken? Das hätte so etwas wie zielgerichtetes Handeln vorausgesetzt, etwas, zu dem die Große Geißel definitiv nicht imstande war.
»Lass mich mal sehen«, sagte Merkosh, nachdem er die Waffe wieder weggesteckt hatte.
Aysirias Anzug war von gelben Flecken übersät, die nicht von seinem Beschuss herrührten. Das Material der Montur war nicht beschädigt, wirkte jedoch stark angegriffen. Wahrscheinlich arbeiteten die Viecher mit einer Art ätzendem Verdauungssaft.
»Hast du ein Diagnoseprogramm aktiviert?«, fragte Merkosh.
»Natürlich habe ich das«, antwortete sie ungewohnt aggressiv. »Glaubst du, ich mache das zum ersten Mal?«
»Entschuldige.« Merkosh trat einen Schritt zurück.
Aysiria zog nun ihrerseits die Waffe und zerstrahlte nicht nur den inzwischen wie ein schlaffer Sack in der Astgabel hängenden Kokon, sondern auch den Hügel. Merkosh verzichtete darauf, sie auf die Sinnlosigkeit ihrer Handlung aufmerksam zu machen. Es gefiel ihm zwar nicht, dass seine Partnerin ohne Not Leben vernichtete, auch wenn es sich nur um Insekten handelte, aber er konnte ihre Wut durchaus nachvollziehen. Aysiria wurde nicht gern überrascht. Sie war eine Frau, die in jeder Situation die Kontrolle behalten wollte, und hasste es, vor anderen hilflos dazustehen. Selbst vor ihm.
Der Rest des Nachmittags verlief weitgehend schweigend. Sie durchstreiften den Wald, sammelten Proben und führten ein paar mobile Analysen durch, um Infektionsstände zu überprüfen. Auf Polkott war das Dunkelleben noch in der sogenannten Besiedlungsphase. Es breitete sich noch aus. Wie es auf den Planeten gelangt war, würde sich wohl nicht mehr feststellen lassen. Ein unvorsichtiger Prospektor auf der Suche nach Bodenschätzen, ein Meteoritenschauer, eine unregistrierte