Vorträge über das Johannes-Evangelium, Band 2. Augustinus von Hippo

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Vorträge über das Johannes-Evangelium, Band 2 - Augustinus von Hippo Die Schriften der Kirchenväter

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habe gelitten, sei auferstanden, in den Himmel aufgefahren; dies alles ist, wie ihr ja die Worte in der vergangenen Zeit hört, gemäß unserm Glauben bereits erfüllt. In der Gemeinschaft desselben Glaubens sind mit uns auch jene Väter, welche glaubten, er werde aus der Jungfrau geboren werden, leiden, auferstehen, in den Himmel auffahren; auf sie nämlich weist der Apostel hin, wo er sagt: „Da wir aber denselben Geist des Glaubens haben, wie geschrieben steht: „Ich glaubte, darum redete ich“, glauben auch wir, darum reden wir auch“1263. Der Prophet sagte: „Ich glaubte, darum redete ich“1264; der Apostel sagt: „Auch wir glauben, darum reden wir auch“. Damit du aber wissest, daß es* ein* Glaube sei, höre ihn, wenn er sagt: „Da wir denselben Geist des Glaubens haben, glauben auch wir“. So an einer andern Stelle: „Denn ich will nicht, daß euch unbekannt sei, wie unsere Väter alle unter der Wolke waren, und alle durch das Meer gingen, und alle auf Moses getauft wurden in der Wolke und im Meere, und alle dieselbe geistige Speise aßen, und alle denselben geistigen Trank tranken“1265. Das Rote Meer bedeutet die Taufe; Moses, der Führer durch das Rote Meer, bedeutet Christus; das hindurchgehende Volk bedeutet die Gläubigen; der Tod der Ägypter bedeutet die Tilgung der Sünden. In verschiedenen Zeichen derselbe Glaube: so in verschiedenen Zeichen, wie in verschiedenen Worten, weil die Worte den Klang ändern nach den Zeiten und die Worte sicherlich nichts anderes sind als Zeichen. Denn dadurch, daß sie bezeichnen, sind sie Worte; nimm dem Worte die Bezeichnung, und es ist ein leeres Geräusch. Alles also ist bezeichnet worden. Glaubten nun die nicht dasselbe, durch welche diese Zeichen gegeben wurden, durch welche dasselbe, was wir glauben, in der Prophetie vorausverkündet wurde? Gewiß. sie glaubten; doch jene, es werde geschehen, wir aber, daß es geschehen sei. Darum sagt er auch so: „Sie tranken denselben geistigen Trank“. Denselben geistigen, nicht denselben körperlichen Trank. Denn was tranken jene? „Sie tranken nämlich aus dem geistigen Felsen, der ihnen folgte, der Fels aber war Christus“1266. Sehet also, wie der Glaube blieb, die Zeichen sich änderten. Dort war Christus der Fels, für uns ist Christus das, was auf den Altar gelegt wird. Und jene tranken als ein großes Geheimnis desselben Christus das aus dem Felsen fließende Wasser; was wir trinken, wissen die Gläubigen1267. Wenn du auf die sichtbare Gestalt schaust, ist es etwas anderes, wenn auf den geistigen Sinn, tranken sie denselben geistigen Trank. Alle also, welche zu jener Zeit glaubten, sei es dem Abraham oder dem Isaak oder dem Jakob oder dem Moses oder andern Patriarchen und andern Propheten, die Christus vorherverkündeten, waren Schafe und hörten Christus; nicht eine fremde Stimme, sondern die seine hörten sie. Der Richter war im Herold gewesen. Denn wenn auch der Richter durch den Herold redet, so trägt der Schreiber nicht ein: Der Herold sprach, sondern: Der Richter sprach. Andere also sind es, auf welche die Schafe nicht hörten, in welchen nicht die Stimme Christi war, die Irrlehrer, falsche Lehrer, törichte Schwätzer, Lügenschmiede, Verführer von Unglücklichen.

       10.

      Was soll es also heißen, wenn ich gesagt habe: Dies ist eine größere Frage? Was ist hierin Dunkles und zum Verstehen Schwieriges? Höret, ich bitte. Siehe, der Herr Jesus Christus selbst kam, er predigte; gewiß war dies weit mehr die Stimme des Hirten, die dem Munde des Hirten selbst entquoll.Wenn nämlich schon in den Propheten die Stimme des Hirten war, um wieviel mehr brachte die Zunge des Hirten selbst die Stimme des Hirten zum Ausdruck! Nicht alle hörten sie. Aber was meinen wir? Die sie hörten, waren das Schafe? Siehe, Judas hörte sie, und er war ein Wolf; er folgte nach, aber in das Schaffell gehüllt stellte er dem Hirten nach. Einige jedoch von denen, welche Christus kreuzigten, hörten die Stimme des Hirten nicht, und waren Schafe. Diese nämlich sah er in der Menge, da er sprach: „Wenn ihr den Menschensohn erhöht haben werdet, dann werdet ihr erkennen, daß ich es bin“1268. Wie ist doch diese Frage zu lösen? Es hören solche die Stimme, die keine Schafe sind, und Schafe hören sie nicht. Es folgen der Stimme des Hirten manche Wölfe, und einige Schafe widersprechen ihr; schließlich töten Schafe den Hirten. Die Frage findet ihre Lösung; es antwortet nämlich einer und sagt: Aber da sie nicht hörten, waren sie noch nicht Schafe, damals waren sie Wölfe; die Stimme, die sie gehört, hat sie umgewandelt und aus Wölfen Schafe gemacht. Da sie also Schafe wurden, hörten sie und fanden den Hirten und folgten dem Hirten. Sie hofften auf die Verheißungen des Hirten, weil sie seine Gebote beobachteten.

       11.

      Diese Frage ist nun immerhin gelöst, und vielleicht genügt einem die Lösung. Mich aber beunruhigt noch etwas, und was mich beunruhigt, teile ich euch mit, damit ich, indem ich gewissermaßen mit euch suche, durch göttliche Erleuchtung mit euch zu finden gewürdigt werde. Was mich also beunruhigt, vernehmet. Bei dem Propheten Ezechiel tadelt der Herr die Hirten und sagt unter anderm von den Schafen: „Das irrende Schaf habt ihr nicht zurückgerufen“1269. Sowohl „irrend“ sagt er, wie „Schaf“ nennt er es. Wenn es ein Schaf war, da es irrte, wessen Stimme hörte es, daß es irrte? Denn ohne Zweifel würde es nicht irren, wenn es die Stimme des Hirten hörte; aber deshalb irrte es, weil es die Stimme eines Fremden hörte; es hörte die Stimme eines Diebes und Räubers. Gewiß die Stimme der Mörder hören die Schafe nicht: „die gekommen sind“, sagt er, und wir denken hinzu: außer mir, d. h. „die gekommen sind“ außer mir, „sind Diebe und Räuber, und die Schafe hörten diese nicht“. Herr, wenn die Schafe auf sie nicht hörten, wie irrten die Schafe? Wenn die Schafe nur Dich hören, Du aber die Wahrheit bist, so irrt sicherlich nicht, wer immer die Wahrheit hört. Jene aber irren und werden Schafe genannt. Denn wenn sie im Irrtum nicht Schafe genannt würden, so würde es bei Ezechiel nicht heißen: „Das irrende Schaf habt ihr nicht zurückgerufen“. Wie irrt es und ist doch ein Schaf? Hat es die Stimme eines Fremden gehört? Gewiß „die Schafe hörten diese nicht“. Sodann, jetzt werden viele in den Schafstall Christi gesammelt und aus Häretikern werden Katholiken; den Dieben werden sie entrissen, den Hirten zurückgegeben: und bisweilen murren sie, werden unwillig gegen den, der sie zurückruft, und erkennen den nicht, der sie erwürgt; jedoch auch wenn sie mit Widerstreben gekommen sind, diejenigen, die Schafe sind, erkennen die Stimme des Hirten und freuen sich, daß sie gekommen sind, und schämen sich, daß sie geirrt haben. Während sie aber in jenem Irrtum, als wäre es die Wahrheit, sich rühmten und gewiß die Stimme des Hirten nicht hörten und darum einem Fremden folgten, waren sie da Schafe oder nicht? Wenn sie Schafe waren, wie hören dann die Schafe die Fremden nicht? Wenn sie keine Schafe waren, warum werden jene getadelt, zu welchen gesagt wird: „Das irrende Schaf habt ihr nicht zurückgerufen“? Sogar auch bei den bereits katholisch gewordenen Christen, Gläubigen von guter Hoffnung, finden sich bisweilen schlimme Dinge; sie werden zum Irrtum verführt und nach dem Irrtum zurückgeführt; da sie zum Irrtum verführt und nochmals getauft wurden oder nach dem Anschluß an die Herde des Herrn wiederum in den alten Irrtum zurückfielen, waren sie da Schafe oder nicht? Gewiß waren sie Katholiken. Wenn Katholiken, waren sie Gläubige, waren sie Schafe. Wenn sie Schafe waren, wie konnten sie die Stimme eines Fremden hören, da doch der Herr sagt: „Die Schafe haben sie nicht gehört“?

       12.

      Ihr habt, Brüder, die große Schwierigkeit der Frage vernommen. Ich sage also: „Der Herr kennt die Seinen“1270. Er kennt die Vorhergewußten, er kennt die Vorherbestimmten; von ihm heißt es ja: „Die er aber vorherwußte, die hat er auch vorherbestimmt, gleichförmig zu werden dem Bilde seines Sohnes, damit er der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern. Die er aber vorherbestimmt, die hat er auch berufen, und die er berufen, die hat er auch gerechtfertigt, die er aber gerechtfertigt, die hat er auch verherrlicht. Wenn Gott für uns, wer ist wider uns?“ Nimm dazu: „Der seines eigenen Sohnes nicht schonte, sondern ihn für uns alle dahingab, wie sollte er nicht auch mit ihm uns alles geschenkt haben?“ Aber welche sind mit „uns“ gemeint? Die Vorhergewußten, die Vorherbestimmten, die Gerechtfertigten, die Verherrlichten, von welchen es weiter heißt: „Wer wird Klage erheben gegen die Auserwählten Gottes?“1271. Also „der Herr kennt die Seinen“; dies sind die Schafe. Bisweilen kennen sie sich selbst nicht, aber der Hirt kennt sie, gemäß jener Vorherbestimmung, gemäß jenem Vorherwissen Gottes, gemäß der Erwählung der Schafe vor Grundlegung der Welt; denn auch dies sagt der Apostel: „Wie er uns erwählt hat in ihm vor Grundlegung der Welt“1272.

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