Klartext. Dominic Multerer

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Klartext - Dominic Multerer Dein Business

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und zwar spontan an ihren Arbeitsplätzen. Die Kunden haben wir bei der Fahrzeugübergabe befragt. Schließlich haben wir uns autoaffine Nichtkunden an Tankstellen herausgepickt.

      Wenn die Ergebnisse einer solchen Klartext-Tour vorliegen und aufbereitet sind, dann ist das Management meistens ganz fasziniert von dem, was die Kunden und die potenziellen Kunden sagen. Für mich ist aber oft der eigentliche Hammer – und das ist der Punkt, um den es mir hier vor allem geht –, was die Mitarbeiter sagen. Da kommen nämlich plötzlich Sachen ans Licht, die das Management längst wissen müsste, ja unbedingt und ganz dringend wissen müsste. Aber es hat halt bis dato niemand Klartext geredet. Bis ein Dritter von außen kommt und die Leute einfach mal fragt.

      Typische Reaktion der Chefs, genau wie bei der Sache mit den T-Shirts für die behinderten Mitarbeiter: Kann ja gar nicht sein!

      Oft geht es hier um Prozesse, die längst besser sein müssten und zu denen dann konkrete Verbesserungsideen oder sonstige Ideen eingereicht werden, die super produktiv sind. Und dazu muss man auch klar sagen: Eine Klartext-Tour im Auftrag der Personalabteilung ist hundertmal effektiver, als die Mitarbeiter auf einem Blatt 1–5 ankreuzen zu lassen, wie zufrieden sie sind. Oder vielmehr, besser nur dann, wenn man wirklich etwas wissen und verändern will. Ich kenne fast keine Firma, bei der ich als Externer nicht Dinge rauskriege, die längst intern hätten gesagt werden müssen. Es fehlte nur bisher an Klartext.

      Drei Stufen von Klartext in Unternehmen

      Klartext braucht es in Unternehmen grundsätzlich für zwei Ziele: Entweder es geht darum, besser zu werden, oder es geht darum, ein Problem zu lösen. Das klingt jetzt erst einmal so, als wäre das allen klar. In Unternehmen, in denen Klartext nicht die Regel ist, geht aber auch das schon oft durcheinander. Worum geht es gerade? Problemlösung oder Verbesserung? Entsprechend unterschiedlich müssen die Antworten lauten. Manchmal komme ich in ein Unternehmen, in dem es ein vages Bewusstsein, so ein intuitives Wissen gibt, dass irgendetwas nicht rundläuft. Keiner redet wirklich gern darüber und keiner kann sagen, was Sache ist. Es geht ja nie darum, dass alle schon alles wissen. Klartext soll gerade dazu führen, dass es gedankliche Fortschritte gibt, die dann zu konkreten Konzepten und schließlich zu anderem Handeln führen. Um jedoch überhaupt mit Klartext anzufangen, wo bisher keiner herrscht, muss man überhaupt erst mal wissen, wo man ansetzen will. Sollen Probleme gelöst oder Verbesserungen auf den Weg gebracht werden?

      Die richtigen Fragen stellen

      Unternehmen ohne Klartext erkennt man oft daran, dass nicht die richtigen Fragen gestellt werden. Man könnte auch allgemeiner sagen: Die Diskussionen sind auf der falschen Ebene festgefahren. Beispiel: In einer Firma reden sich die Leute die Köpfe heiß über eine Printanzeige. Einige sagen: »Die Anzeige geht so gar nicht.« Bevor sie überhaupt mal richtig hingeguckt haben, bilden sich Leute schon eine Meinung, wie sie die Anzeige finden. Einer sagt dann, dass er das Layout schlimm findet, ein anderer meckert über die Textlänge und wieder einem anderen passt eine bestimmte Formulierung nicht.

      Die entscheidende Frage stellt längst kein Mensch mehr, nämlich: Was ist eigentlich der Sinn und Zweck dieser Anzeige, was wollen wir damit? Allein die Tatsache, dass jemand seit Jahren Anzeigen in einem Provinzblatt schaltet, ist ja noch keine Antwort auf die Frage, was damit dieses Mal konkret bezweckt werden soll. Hat die Firma ein Problem, zum Beispiel zu hohe Lagerbestände, und will den Abverkauf ankurbeln? Oder soll die Anzeige die Marke stärken? Oder soll am Ende sogar eine Serie von Anzeigen ein neues Image transportieren? Statt diese Fragen zu reflektieren, wird übers Layout gestritten.

      Angenommen, es geht um Verkaufsförderung. Dann sollte die Frage doch immer lauten: Was muss ich tun, damit ich mehr von meinem Produkt verkaufe? Und nicht: Wie soll die nächste Anzeige aussehen? Es kann ja sein, dass eine Anzeige Sinn hat. Dann wäre an der passenden Stelle auch über die Gestaltung zu reden. Es kann aber genauso gut sein, dass eine Anzeige überhaupt keinen Sinn hat.

      Drei Stufen

      Jetzt denken einige wahrscheinlich längst, dass ich sie für blöd halte, weil ich hier über solche Basics schreibe. Dazu kann ich nur sagen: Ich schreibe hier über das, was mir tagtäglich in Unternehmen auffällt. Und dazu gehören eben auch Diskussionen, die schon im Ansatz falsch laufen. Das liegt wiederum daran, dass 80 Prozent der Unternehmen beim Thema Klartext allenfalls Mittelstufe sind. Behaupte ich.

      Was meine ich mit Mittelstufe? Ich teile Unternehmen im Hinblick auf Klartext in drei Stufen ein.

      Erste Stufe: Wenn ich es krass ausdrücken soll, sind das die hoffnungslosen Fälle. Klartext ist unerwünscht. Einer redet Tacheles, und zwar der, der das Sagen hat. Die anderen haben entweder keine Meinung – oder sie schweigen und ordnen sich unter.

      Zweite Stufe: Hier ist Klartext möglich, ja sogar erwünscht. Aber Klartext ist nicht Alltag. Klartext kommt oft zu spät, etwa erst dann, wenn die Krise da ist. Viele Diskussionen laufen falsch. Zu viele Leute trauen sich nicht, Stellung zu beziehen. Klartext wird auch nicht eingefordert.

      Dritte Stufe: Hier ist Klartext an der Tagesordnung, hier herrscht eine Klartext-Kultur. Typischerweise denkt hier niemand über Klartext groß nach. Klartext ist selbstverständlich. Klartext wird eingefordert. Hier braucht es kein Bewusstsein für Klartext, weil das nichts mehr verbessern würde.

      Die Unternehmen auf der ersten Stufe sind oft inhabergeführt, das heißt, dass der Gründer (oder sein Erbe) alles bestimmt. Dort gilt einer als der König von Hintermoosbach oder wie immer der Ort heißt, wo die Firma sitzt. Man ist größter Arbeitgeber von hier bis zur nächsten Autobahnauffahrt, sitzt in allen Vereinen im Vorstand und hat sämtliche Lokalpolitiker geschmiert. Diese Typen regieren in ihrer Firma nach einem Motto, das wir noch von Altkanzler Schröder kennen: Basta. Es wird gemacht, was ich sage. Basta!

      Vorsicht: Solche Typen gibt es nicht nur auf der Schwäbischen Alb, sondern auch an der Elbe – in Start-ups, die nach außen auf cool und locker machen. Manche solcher Typen sind sogar Genies. Muster: Steve Jobs. Da muss dann jeder Mitarbeiter für sich abwägen, ob die Resultate die Diktatur eines Genies rechtfertigen.

      Auf der zweiten Stufe sehe ich, wie gesagt, 80 Prozent aller Unternehmen, und für diese 80 Prozent schreibe ich dieses Buch. Hier wollen viele Klartext, aber trauen sich nicht. Oder wissen nicht, wie sie es anstellen sollen. Das sind Unternehmen aller Größen und aller Branchen, vom Handwerksbetrieb bis zum Konzern. Hier ist der erste Schritt das, worum es in diesem Kapitel geht: Bewusstsein. Klarheit. Anfangen, mehr zu reflektieren und sich mehr auszutauschen. Selbstbild und Fremdbild abzugleichen. Zum Beispiel durch einen Klartext-Tag oder eine Klartext-Tour. Üben, Klartext einzufordern. Das Vertrauen schaffen, dass niemand für Klartext bestraft wird. Klartext aushalten lernen. Auf der zweiten Stufe, wo man Klartext noch nicht so gewohnt ist, passiert typischerweise so etwas wie das, was ich neulich erlebt habe: Im Auftrag eines Kunden habe ich mit seiner Agentur gesprochen, da ich für ihn als externe Marketingleitung arbeite. Es ging um eine Anpassung der Website an ein neues Corporate Design. Ich habe den zuständigen Mitarbeiter der Agentur genau gebrieft und erwartete als Vertreter des Kunden, dass er seinen Teil jetzt professionell erledigt. Dann sehe ich das Resultat. Ich zucke einmal kurz zusammen, greife zum Telefonhörer, rufe an und sage: »Das wirkt für mich wie hingeklatscht.« (Ich kann das auch anhand einzelner Punkte fachlich und nachvollziehbar begründen, sage aber erst mal generell meine Meinung zu dem Ergebnis.) Darauf der Agenturtyp angefressen: »Ich weiß nicht, ob diese Art der Kommunikation für unser Projekt förderlich ist.« Was merkt man daran? Er ist Klartext nicht gewohnt. Also Stufe zwei.

      Zu Stufe drei würde Robert Geiss sagen: Endstufe. Mehr geht nicht. Deshalb brauche ich dazu auch nicht mehr viel sagen. Bei Jochen Schweizer habe ich diese Stufe erlebt. Da können zum Beispiel alle zum Chef kommen und ungefiltert sagen, was sie denken. Und der Chef fordert es auch ein. Er ist nicht sauer, wenn ihn jemand kritisiert,

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