Perry Rhodan 120: Die Cyber-Brutzellen (Silberband). Clark Darlton
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Читать онлайн книгу Perry Rhodan 120: Die Cyber-Brutzellen (Silberband) - Clark Darlton страница 17
Am Morgen des nächsten Tages ergab sich der erste vage Hinweis. Eine Station der Kosmischen Hanse, fünfzehn Lichtjahre von der Erde entfernt und im fraglichen Bereich liegend, hatte sich auf einen Kontrollanruf nicht gemeldet. Wenig später nannte NATHAN die Koordinaten einer weiteren Station, zu der es ebenfalls keine Funkverbindung mehr gab, die allerdings etwas außerhalb des vermuteten Abstrahlsektors stand.
Bevor Tifflor eine Entscheidung treffen konnte, meldete sich NATHAN erneut. »Hyperfunkspruch von Outpost-4271, Hanse-Spezialist Deininger. Er gibt an, Marcel Boulmeester isoliert zu haben. Quiupu befinde sich ebenfalls dort. Die Meldung ist widersprüchlich. Deininger behauptet, dass Boulmeester Quiupu töten wird, wenn er nicht innerhalb von zwei Stunden nach Luna gebracht wird.«
Der Erste Terraner rief seinen Beraterstab zusammen und informierte Perry Rhodan.
Keine zehn Minuten später sendete Tifflor seine Antwort. »Wir schicken ein Raumschiff, das den Fünften Boten zum Mond bringt.«
»Wie bitte?«, fragte Deininger ungläubig.
»Du hast richtig verstanden. Für uns gelten jedoch einige Kleinigkeiten mehr. Hör zu ...«
Die Zeiten, in denen mächtige Flotten durch die Milchstraße zogen oder andere Galaxien anflogen, um Entscheidungen mit nachhaltigem Druck herbeizuführen, waren längst vorbei. Perry Rhodan hatte mit zunehmender Erfahrung einen anderen Weg vorgezeichnet, und ES hatte ihn dabei unterstützt oder die entsprechenden Weichen gestellt. Für die Terraner wäre eine kampfstarke Flotte nur zum Nachteil geraten, denn sie riefe andere Völker auf, in ähnlicher Weise aufzurüsten.
Ein weiterer Grund für eine kleine Flotte, die im Verbund mit den GAVÖK-Völkern durchaus gegen einen Feind von außerhalb der Milchstraße bestehen konnte, war die Situation seit dem Jahr 1 NGZ. Die Auseinandersetzung mit Seth-Apophis und ihren freiwilligen und unfreiwilligen Helfern verlief nach anderen Regeln. Um den Gegner zu befrieden, bedurfte es keiner Riesenverbände an Raumschiffen, deren Unterhalt allein schon Abermilliarden Galax verschlungen hätte.
Die Auseinandersetzung mit Seth-Apophis spielte sich zudem auf einer anderen Ebene ab und erforderte ein hohes Maß an Flexibilität und Vielfältigkeit. In der frühen Geschichte der Menschheit hatte es den Begriff Dschungelkrieg gegeben. Auf die galaktische Situation übertragen, charakterisierte der Vergleich am besten, was sich abspielte.
Schon in den Anfangsjahren der Kosmischen Hanse hatte sich gezeigt, dass herkömmliche Raumschiffe trotz der fortgeschrittenen Technik die Aufgabe dieses galaktischen Dschungelkriegs nur unbefriedigend bewältigen konnten. Benötigt wurden kleine, wendige und hoch spezialisierte Schiffe.
Das Ergebnis dieser Überlegungen war die Spezialflotte TSUNAMI – kleine Schiffe mit spezieller Ausrüstung, die am Zielort überraschend auftauchen und mit Nachdruck zuschlagen konnten.
Der Spezialverband bestand aus hundertzwanzig Raumschiffen, offiziell unter dem Kommando der Liga Freier Terraner. Der praktische Einsatz geschah jedoch ausschließlich im Sinn und Auftrag Perry Rhodans beziehungsweise der Kosmischen Hanse, wenn es galt, gegen Seth-Apophis und ihre Agenten vorzugehen.
Bei den TSUNAMIS handelte es sich ausschließlich um zweihundert Meter durchmessende Kugelraumer, die äußerlich den Schiffen der STAR-Klasse glichen. Ihre Ausrüstung machte die TSUNAMIS zu etwas Besonderem. Auf schwere Waffen war dabei wenig Wert gelegt worden, aber die Defensivsysteme entsprachen einem Stand, den die terranische Technik nie zuvor besessen hatte. Das Nonplusultra der Defensivausrüstung war das Mini-ATG, ein Antitemporales Gezeitenfeld, wie es während der Lareninvasion kurzzeitig zum Schutz für das Solsystems eingesetzt worden war. Allerdings hatte der Zeittaucher der Laren die zeitliche Abschirmung schließlich durchdrungen.
Mit dem Aufbau der Kosmischen Hanse hatte man sich wieder dieser technischen Möglichkeit besonnen. Nach Jahrzehnten intensivster Entwicklungs- und Erprobungsarbeit hatten siganesische Wissenschaftler daraus das Mini-ATG entstehen lassen, untergebracht in einem Würfel mit zwölf Metern Kantenlänge.
Die Wirkung des Mini-ATG erfasste einen Bereich von 222 Metern Durchmesser. Die zeitliche Auswanderung aller Materie in diesem Bereich ließ sich zwischen einer und zwei Sekunden variabel justieren.
Die halbe TSUNAMI-Flotte war mit dem Mini-ATG ausgerüstet. Daraus ergab sich der Regelfall für den Einsatz dieser Spezialschiffe. Ein Team bestand aus zwei Schiffen, von denen zumindest eines mit dem Mini-ATG ausgestattet war. Eine ebenfalls von den Siganesen entwickelte spezielle Transmitterschaltung erlaubte das Halten einer Funkverbindung und den Austausch von Personen oder Material zwischen beiden Schiffen auch dann, wenn ein TSUNAMI das Mini-ATG aktiviert hatte und sich bis zu zwei Sekunden in der Zukunft befand.
Einziger Nachteil dieser besonderen Transmitterverbindung war, dass sie nur über die relativ kurze Distanz von 31,5 Kilometern funktionierte. Ein TSUNAMI-Team musste also stets in großer Nähe zueinander agieren.
Eine weitere Besonderheit war das positronische System dieser Schiffe. Neben der eigentlichen Schiffspositronik gab es eine zweite, den Koko-Interpreter, der lapidar als Koko bezeichnet wurde. Seine Aufgabe bestand vor allem darin, permanent alle Arbeiten unter dem Aspekt der entgegengesetzt angenommenen Voraussetzungen zu überprüfen. Dadurch ergab sich eine nie zuvor erreichte Flexibilität. Der Koko rechnete stets mit dem Unwahrscheinlichsten und bereitete für den akuten Fall entsprechende Widerstände vor. Solange alles normal verlief, schwieg der Koko-Interpreter. Erst wenn im routinemäßigen Ablauf einer Operation Handlungen aufgrund von gefährlichen Unwahrscheinlichkeiten erforderlich wurden, meldete sich der Koko, stufte jede Tatsache zunächst als Unwahrheit ein und zog daraus die Folgerungen. Für die Interpretation dieser Warnungen war ein Spezialist erforderlich, den man offiziell Koko-Interpreter nannte. Im Sprachgebrauch der TSUNAMI-Besatzung hieß diese Person scherzhaft der Lügendoktor.
Die Spezialflotte TSUNAMI war nur wenigen Eingeweihten bekannt.
Im Fall Marcel Boulmeester sah Julian Tifflor die Notwendigkeit eines TSUNAMI-Einsatzes. Der Erste Terraner erhielt von Perry Rhodan die Freigabe für zwei Schiffe.
Für die Augen eines unbedarften Beobachters hob ein terranisches Schiff der STAR-Klasse vom Raumhafen auf Ferrol im Wegasystem ab und verschwand kurz darauf im Linearraum.
Ich dachte noch einmal darüber nach, was der Erste Terraner gesagt hatte. Verflixt knapp waren seine Äußerungen geblieben, und womöglich war mein »Kapiert« etwas zu früh gefallen.
Nach einer Weile schaltete ich die Bildverbindung wieder ein und sah mich in der Höhle um. Im ersten Moment erkannte ich Boulmeester gar nicht wieder. Die Kleidung hing zerschlissen an ihm, der größte Teil des Stoffes hatte sich aufgelöst.
Der sichtbar gewordene Körper schimmerte in einem sanften blauen Schein, der nicht nur von der Beleuchtung in der Pilzhöhle kam, vielmehr hatte ehemalige Haut einen metallischen Glanz angenommen.
Gerade riss sich der Fünfte Bote die Kleidungsfetzen vom Leib. Er sah jetzt aus wie ein halborganischer Roboter, und er bewegte sich mit einer Schnelligkeit, der ich kaum folgen konnte. Schließlich blickte er geradewegs in die Aufnahmeoptik.
»Deininger!« Seine Stimme klang blechern, drohend hob er die Fäuste. »Ich weiß, dass du mich beobachtest, ich kontrolliere durch ein Subsystem deine Kamera. Wann kommt das Raumschiff, das mich zum Mond bringt?«
Er hatte also einige Brutzellen aus dem Körper entlassen. Dass er meine Beobachtungsmöglichkeiten damit prüfte, störte mich nicht. Über die Funkverbindung gab es bestimmt keine Infektionsgefahr.
Was