Fürstenkrone 11 – Adelsroman. Viola Larsen

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Fürstenkrone 11 – Adelsroman - Viola Larsen Fürstenkrone

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zu denken. Die Wunde eitert böse, und auch die geringste Bewegung schmerzt so sehr, dass der Schlossherr zu ständiger Untätigkeit verdammt ist. Seine zuweilen gereizte, zuweilen schwermütige Stimmung überträgt sich auch auf die übrigen Schlossbewohner.

      Fräulein Tabea ist zwar rührend um den Fürsten bemüht, vermeidet es aber tunlichst, sich länger als unbedingt notwendig in seiner Nähe aufzuhalten, da sie vor einem plötzlichen Zornausbruch nie ganz sicher ist.

      Nur Sabrina hält es unermüdlich und geduldig bei Fürst Wolfhart aus und erträgt jede seiner oft wechselnden Stimmungen in liebevoller Sanftmut. Sie wird es nie müde, mit ihm zu plaudern, ihm vorzulesen oder ihm auf der Geige vorzuspielen.

      Dabei ergibt es sich ganz von selbst, dass Fürst Wolfhart beginnt, sie während des Spiels zu unterbrechen, auf kleine Fehler und Mängel in der Bogenführung aufmerksam zu machen oder sie auf einen nicht ganz richtigen Gestaltungsausdruck hinzuweisen. Und während dieser Stunden gemeinsamer intensiver Arbeit, die beiden bald zur lieben Gewohnheit wird, erwacht auch der alte, vertraute Ton wieder zwischen ihnen, und alles ist so, wie es früher war.

      Aber sobald das Instrument schweigt, verschließt sich Fürst Wolfhart wieder vor Sabrina.

      Dabei erkennt er ganz klar, dass Sabrina, die unter seiner Leitung jetzt jeden Tag mehrere Stunden lang eifrig übt, in ihrem Spiel technisch fast vollkommen ist. Ihre durch jahrelanges Musikstudium untermauerte, urwüchsige Begabung hat sie eine künstlerische Reife erlangen lassen, die es ihr ohne Weiteres möglich machen würde, bereits ihre ersten Konzerte zu geben.

      Im Geheimen ertappt Fürst Wolfhart sich wiederholt dabei, dass er sich eine gemeinsame Tournee mit Sabrina ausmalt. Endlich könnte er wieder die Konzertstücke wählen, die er damals, am Beginn seiner Laufbahn, zusammen mit Sabrinas Vater spielte. Aber sobald seine Gedanken bei solchen Träumen angelangt sind, wird er noch schroffer, unzugänglicher und gebieterischer zu Sabrina.

      So vergeht die Zeit, und sie vergeht wie im Fluge. Von einer Abreise des Fürsten ist nicht mehr die Rede. Seiner Agentur, die auf neue Abschlüsse drängt, teilt Seine Durchlaucht abweisend mit, dass er noch einige Zeit dringend der Ruhe und Schonung bedürfe. Der Sommer zieht vorüber. Der Herbst hält Einzug. Das Heidekraut ist verblüht und der Wind, der übers Moor gezogen kommt, ist rau und ungestüm. Tagelang ziehen schwere Wolken über das Land, Regen fällt, und es kommt den Menschen so vor, als wolle niemals mehr die Sonne scheinen.

      An einem dieser stürmischen Herbsttage geschieht es, dass Sabrina mit ihrer Geige wieder einmal malt, wie sie ihre musikalischen Phantasien zu bezeichnen pflegt.

      Obwohl Fürst Wolfhart es ihr streng untersagt hat, auf der Violine zu improvisieren, erhebt er heute keinen Einwand. Er verharrt reglos in dem gemütlichen Musikraum und lauscht ihrem Spiel.

      Draußen zieht der Herbststurm übers Moor, und Sabrinas Geige zaubert in das warme lichte Zimmer die ausweglose Trauer der Natur, die sich zum Sterben anschickt.

      »Sehr schön, Moorprinzesschen!«, lobt Fürst Wolfhart, als Sabrina den Bogen sinken lässt. »Versuche doch einmal, deine Improvisationen auf Notenpapier festzuhalten.«

      »Glaubst du, ich würde das schaffen, Wolfhart?«, forscht Sabrina ängstlich. »Ich habe es noch nie versucht. Was ich so spiele, ist nur für den Augenblick bestimmt und eine Ausdrucksform meiner Stimmung.«

      »Versuch es!«, bittet Fürst Wolfhart herzlich. »Ich helfe dir. Wiederhole das, was du eben gespielt hast, noch einmal.«

      Er nimmt mit der gesunden Linken ein Notenblatt und hält den Bleistift bereit, um die ersten Töne auf das Blatt zu übertragen.

      Sabrina setzt den Bogen an, aber es gelingt ihr nun, da sie bewusst wiederholen soll, was sie zuvor rein gefühlsmäßig gestaltet, nicht mehr, die richtigen Töne zu finden. Mutlos lässt sie nach einigen vergeblichen Versuchen das Instrument sinken.

      »Ich kann es nicht!«, klagt sie. »Ich habe gewusst, dass ich es nicht kann, Wolfhart!«

      Fürst Wolfhart hat jedoch bereits flüchtige Notenköpfe auf das Blatt gezeichnet. »Versuche das abzuspielen, Sabrina«, sagt er. »Ich glaube, so klang der Anfang deiner Improvisation.«

      Erstaunt nimmt Sabrina das Notenblatt entgegen und spielt nach des Fürsten Aufzeichnung. Und tatsächlich, er hat den Anfang ihrer Malerei genau behalten.

      Er wehrt aber lachend ab, als sie ihn bittet, das Stück zu vollenden.

      »Versuche es nur selbst«, rät er. »Übung macht, wie du weißt, den Meister. Es wird eine gute Schulung für dich sein, wird dein musikalisches Gedächtnis stärken und deine bewusste Arbeit unterstützen.«

      Von dieser Stunde an versucht Sabrina immer und immer wieder, das festzuhalten, was sie an Tönen fühlt und empfindet. Aber es will ihr nicht gelingen. Die Töne zerrinnen ihr unter den Händen, sobald sie versucht, diese durch schwarze Notenköpfe auf weißes Papier zu bannen.

      In diesen Tagen gelingt es Fräulein Tabea auch, ihren großen Wunsch durchzusetzen. Fürst Wolfhart veranlasst noch vor Einbruch des Winters die Anlage einer Telefonleitung. Und als der elfenbeinfarbene Apparat endlich angeschlossen und griffbereit in der Halle steht, seufzt Fräulein Tabea erleichtert. »Gott sei Dank! Jetzt ist man im Ernstfall wenigstens nicht mehr völlig verraten und verloren!« Was sie aber unter einem Ernstfall versteht, das verschweigt sie wohlweislich.

      *

      In einer der nächsten Nächte fällt der erste Schnee. Als Fräulein Tabea am Morgen danach gegen acht Uhr die Fensterläden öffnet, ist die Heideinsel wie verwandelt. Der Wagen des Arztes, der gegen zehn Uhr zum Schloss kommt, hat bereits große Mühe, den richtigen Weg einzuhalten, um nicht unversehens von der Straße abzukommen.

      Fürst Wolfhart erwartet den Arzt schon ungeduldig.

      »Hoffentlich haben Sie mir heute etwas Gutes mitzuteilen, Doktor!«, empfängt er den alten Herrn. »Diese Untätigkeit macht mich langsam, aber sicher verrückt.«

      »Schneepsychose!«, antwortet der Doktor heiter. »Das kennt man schon! Nie werden meine Patienten hier zu Lande ungeduldiger als dann, wenn der erste Schnee fällt.«

      Sorgfältig befreit er die Hand des Schlossherrn von den Bandagen und untersucht die Wunde eingehend, und seine vergnügte Miene wird noch vergnügter.

      »Ich glaube, wir haben es geschafft, Durchlaucht! Ich bin außerordentlich zufrieden. Sie dürfen die Hand natürlich noch nicht überanstrengen. Sie müssen sich immer noch schonen. Aber die Wunde hat sich prächtig geschlossen, und der Eiterherd ist ausgeheilt. Noch einige Tage Schonung, und Sie können sich hinter das Steuer Ihres Wagens setzen und in die Welt zurückkehren.«

      »Danke!«, sagt Fürst Wolfhart. »Vielen Dank, Herr Doktor.«

      Der Arzt verabschiedet sich, aber als er dann durch die Halle zum Hauptportal eilt, hält ihn Fräulein Tabea zurück.

      »Wenn Sie doch schon einmal hier sind, Herr Doktor«, bittet sie, »dann könnten Sie auch gleich nach unserem Sönke sehen. Er gefällt mir gar nicht. Seit Langem klagt er über seine Gicht, aber jetzt hat er auch noch hohes Fieber. Vielleicht hört er auf Sie eher als auf mich.«

      Tatsächlich liegt der alte Gärtner mit hochrotem Kopf in seiner Kammer und hat die rot-weiß karierte Bettdecke bis über den Kopf gezogen, weil ihn bitterer Frost schüttelt.

      Unschwer stellt der Arzt

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