Befreite Schöpfung. Leonardo Boff

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Befreite Schöpfung - Leonardo Boff

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behandelt und nicht als ein komplexes Ökosystem, in dem jedes Gramm Erde eine Milliarde Bakterien, eine Million Pilze und Zehntausende von Protozoen enthalten kann. „Der Boden bringt Leben hervor, weil er selbst lebendig ist.“ (Suzuki/McConnell 1997, 80) Es dauert fünfhundert Jahre, bis eine 2,5 cm hohe Schicht von Ackerboden entsteht, und dennoch verlieren wir 23 Milliarden Tonnen Boden jedes Jahr. Das heißt, dass wir in den letzten zwanzig Jahren fruchtbaren Boden in der Größenordnung verloren haben, wie sie dem Ackerland Frankreichs und Chinas zusammengenommen entspricht. Jedes Jahr benutzen oder zerstören wir 40 % von den 100 Milliarden Tonnen fruchtbaren Bodens, den die Ökosysteme der Erde schaffen.

      Die extensive Bewässerung führt inzwischen zu einer weit verbreiteten Versalzung, und der Maschineneinsatz auf Randflächen hat weitere Bodenerosion zur Folge. Nimmt man dazu noch die Auswirkungen des Klimawandels, dann führen all diese Faktoren zu einem Verlust bebaubaren Landes und dessen Verwandlung in Wüste: Zwischen 1972 und 1991 ging mehr Ackerland an die Wüste verloren als die Fläche, die in China und Nigeria zusammengenommen bestellt wurde. Man schätzt, dass nun 65 % des einst bebaubaren Landes bereits Wüste sind.

      Die in biologischer Hinsicht reichhaltigsten Ökosysteme an Land, die Wälder, werden ebenfalls zerstört. Im Lauf der letzen zwanzig Jahre war von der Entwaldung eine Fläche betroffen, die größer ist als die Vereinigten Staaten östlich des Mississippi. Mehr als die Hälfte der Waldbestände, die 1950 noch existierten, sind nun abgeholzt. Es geschieht auch einiges an Wiederaufforstung. Doch diese neu gepflanzten Wälder sind oftmals nicht viel mehr als Baumplantagen, die eine weitaus geringere Vielfalt und Dichte lebendiger Arten beherbergen als die alten Wälder, die sie ersetzen sollen. Es überrascht daher nicht, dass Hunderttausende von Pflanzen- und Tierarten für immer verschwunden sind und weitere tausendmal schneller aussterben als jemals zuvor seit dem Verschwinden der Dinosaurier.

      Auch die Ozeane, die 99 % des Lebensraums auf unserem Planeten ausmachen und in denen 90 % aller Arten leben, sind tiefgreifenden Veränderungen unterzogen. Mindestens ein Drittel des CO2 und 80 % der Wärme, die durch den Klimawandel entsteht, werden von den Ozeanen absorbiert. Dies wiederum ändert den Säuregehalt, die Eisdecke, das Volumen und den Salzgehalt der Meere und kann möglicherweise Meeresströme verändern, die einen großen Einfluss auf das Klima haben. Ein Viertel aller Korallenriffe – die Ökosysteme mit der größten Artenvielfalt im Meer – wurde bereits zerstört, und gut die Hälfte der noch existierenden sind gefährdet. Die tiefgreifenden chemischen Veränderungen in den Ozeanen können wahrscheinlich auch das Plankton gefährden, das eine Hauptnahrungsquelle für andere Meerestiere darstellt und auch die wichtigste Lunge des Planeten ist, da es ganze 50 % des Sauerstoffs produziert. (Mitchell 2009)

      Grundwasser, das sich über Millionen von Jahren in riesigen grundwasserführenden Schichten angesammelt hat, wurde im Lauf des letzten Jahrhunderts rasch verbraucht, und wahrscheinlich wird sich die Rate der Entnahme im nächsten Vierteljahrhundert um weitere 25 % erhöhen. Viele Menschen sehen sich jetzt schon mit chronischem Wassermangel konfrontiert, und diese Probleme werden sich in vielen Regionen der Welt im Lauf des nächsten Jahrzehnts wahrscheinlich verschärfen. Erdöl und Kohle, die im Laufe von 500 Millionen Jahren entstanden sind, könnten zur Mitte des nächsten Jahrhunderts völlig erschöpft sein (und der Kohlenstoff, den die Erde so sorgfältig in sich eingeschlossen hat, um ihre Atmosphäre stabil zu halten, wird wieder freigesetzt). Wir sind bereits sehr nah am „Peak oil“, das heißt dem Fördermaximum von Erdöl, und die Nachfrage wird sehr bald das Angebot übertreffen. Dazu kommt, dass viele wichtige metallische Rohstoffe wie Eisen, Bauxit, Zink, Phosphat und Chrom im Lauf dieses Jahrhunderts nahezu völlig erschöpft sein werden.

      Jede Minute eines jeden Tages

       – verlieren wir – meist durch Brandrodung ‒ eine Fläche an tropischem Regenwald, die fünfzig Fußballfeldern gleichkommt;

       – verwandeln wir einen halben Quadratkilometer Land in Wüste und

       – verbrennen so viele fossile Brennstoffe, dass die Erde zehntausend Minuten bräuchte, um diese wieder mithilfe des Sonnenlichts zu produzieren. (Ayers 1999 b)

      Es wird geschätzt, dass bereits jetzt die reichsten 20 % der Menschheit mehr als 100 % dessen verbrauchen, was die Erde nachhaltig hervorbringt, während die verbleibenden 80 % weitere 30 % davon verbrauchen (und dabei handelt es sich um eher vorsichtige Schätzungen). Mit anderen Worten: Wir sprengen jetzt schon die Grenzen der Erde. Es leuchtet unmittelbar ein, dass ein relativ kleiner Teil der Menschheit für diese Situation verantwortlich ist. Der übermäßige Konsum der Wenigen lässt die gesamte planetarische Lebensgemeinschaft verarmen. Einige Ökologen schätzen, dass in den fünfundzwanzig Jahren zwischen 1970 und 1995 ein Drittel des „natürlichen Kapitals“ der Erde verloren ging (Sampat 1999). Und die Ausbeutungsrate hat sich seither weiterhin beschleunigt. Es ist klar, dass eine solche Ausplünderung des Reichtums unseres Planeten nicht ohne ernsthafte, lebensbedrohende Folgen für uns alle weitergehen kann.

      Die Vergiftung des Lebens

      Das dritte Krankheitssymptom könnte die größte Bedrohung für uns alle darstellen. Da wir einen stetig wachsenden Berg von Abfall produzieren, überschreiten wir die Kapazitäten der natürlichen „Senken“ des Planeten, Schadstoffe zu absorbieren, unschädlich zu machen und wieder dem natürlichen Kreislauf zuzuführen. Noch schlimmer: Wir bringen chemische und nukleare Schadstoffe in die Umwelt ein, die langfristig bleiben, und wir verändern die chemische Zusammensetzung der Atmosphäre selbst. Diese Probleme der Tragfähigkeit des Planeten untergraben die Gesundheit aller Lebewesen und deren Lebensräume in ernsthafter Weise. Dazu folgende Beispiele:

       – Siebzigtausend vom Menschen produzierte Chemikalien wurden in die Luft, das Wasser und den Boden freigesetzt, die meisten davon in den letzten fünfzig Jahren, und jedes Jahr werden etwa tausend neue Chemikalien erzeugt. Die jährliche Produktion synthetischer organischer Stoffe hat von sieben Millionen Tonnen im Jahr 1950 auf fast eine Milliarde Tonnen heute zugenommen (Karliner 1997). Davon wurden 80 % niemals auf ihre Toxizität hin getestet. (Goldsmith 1998). Jede Minute sterben fünfzig Menschen an Vergiftung durch Pestizide (Ayers 1999 b), und jeden Tag werden eine Million Tonnen gefährliche Abfälle produziert (Meadows et al. 1992).

       – Weiterhin wird Atommüll produziert, ohne dass man sichere Lagerstätten dafür hat. Teilweise bleibt dieser Müll 250.000 Jahre lang radioaktiv. In der ganzen Welt gibt es mehr als 1800 Tonnen Plutonium. Dieses Element ist so giftig, dass bereits eine Millionstel Unze davon für einen Menschen tödlich sein kann. Bloß acht Kilogramm davon genügen, um eine Bombe daraus herzustellen, die dieselbe Zerstörungskraft wie die von Hiroshima hat.

       – Wir haben riesige Mengen Kohlendioxid in die Atmosphäre freigesetzt, und zwar dreimal so viel, wie die natürlichen Kreisläufe normalerweise absorbieren können. Dadurch wurde ein gefährlicher Kreislauf globaler Erwärmung und Destabilisierung des Klimas in Gang gesetzt. Es gibt gute Gründe für die Annahme, dass dies die stärkste Veränderung des Erdklimas seit dem Beginn des Eozäns vor etwa 55 Millionen Jahren ist (Lovelock 2008). Gleichzeitig haben wir durch die Zerstörung der Wälder und der maritimen Ökosysteme die Fähigkeit der Erde, Kohlendioxid aus der Luft zu binden, ernsthaft vermindert. Der CO2-Gehalt in der Atmosphäre ist nun höher als jemals zuvor in den letzten 160.000 Jahren, und die weltweite Durchschnittstemperatur ist bereits um 5 Grad Celsius angestiegen. Bei den derzeitigen Emissionsraten wird sich der CO2-Gehalt in den nächsten fünfzig Jahren verdoppeln, und die globale Durchschnittstemperatur wird um weitere 2 bis 5 Grad Celsius ansteigen. (IPPC, Intergovernmental Panel on Climate Change). As Folge davon wird das Wetter chaotischer werden, und Verwüstungen durch Stürme werden zunehmen. Die Zahl der Menschen, die von wetterbedingten Katastrophen betroffen waren, stieg von 100 Millionen im Zeitraum von 1981 bis 1985 auf 250 Millionen im Zeitraum von 2001 bis 2005 (Worldwatch 2007).

      Die Probleme der Tragfähigkeit stellen eine besondere Herausforderung aufgrund ihrer langfristig andauernden Auswirkungen dar.

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