Die Odyssee eines Outlaw-Journalisten. Hunter S. Thompson

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Die Odyssee eines Outlaw-Journalisten - Hunter S. Thompson

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ich auf das vergangene Jahr zurückschaue, kann ich Ihnen und Mr Sulzberger7 nicht ganz zustimmen. Soweit ich sehe, besteht die Rolle, die Aufgabe, die Verpflichtung und in der Tat die einzige Option des Schriftstellers in der »äußeren« Welt darin, so ehrenhaft und trotzig vor Hunger zu sterben wie nur möglich. Genau das habe ich vor, nur scheint der Vorrat an Hühnern in dieser Gegend weitgehend aufgebraucht zu sein, bis ich weiterziehe.

      Und übrigens, wenn Sie – am Ende dieses Briefs – das brennende Verlangen in sich spüren, mir einmal die Woche einen Scheck zu schicken, fühlen Sie sich bitte frei, es zu tun. Meine Anfälligkeit für Korruption wurde mehrfach auf die Probe gestellt und funktioniert gut. Ich bin in den Catskills der einzige Hühnerdieb und Romanautor unter den Südstaatlern, der einen alten Jaguar fährt, in einer unbeheizten Hütte lebt und den Großteil seines wöchentlichen Arbeitslosengelds für Super-Benzin ausgibt.

      Mein Gesuch ist natürlich nur ein kleiner Scherz. Ich bin es so sehr gewohnt, Briefe an Gläubiger zu schreiben, dass ich mich selbst nicht im Griff zu haben scheine in meinem Bemühen, einen halbwegs stimmigen Brief zu verfassen. Ich wollte Ihnen nur ein paar Zeilen schreiben und komme jetzt besser zum Schluss, ehe das Ganze noch ausufert. Sollten Sie jedenfalls einmal in der Gegend sein, würde es mich sehr freuen, wenn Sie bei mir anklingeln würden. Ich habe mehrere zusätzliche Betten, und der Neversink River mit seinen zahlreichen Forellen fließt direkt vor meiner Haustür. Alles in allem ein wunderbares Plätzchen. Im Winter ein bisschen kalt und es gibt leider nichts zu essen, aber es ist ein hübscher Ort, um sich auszuruhen.

      So verbleibe ich – bis wir alle in den Flammen radioaktiven Zeitungspapiers aufgehen – mit den besten Empfehlungen:

      Hunter S. Thompson

      AN ANN FRICK:

       Frick hat »Hunty« einen fünfseitigen Versöhnungsbrief geschrieben, in dem sie ihm eine Liebeserklärung macht, die unter dem Schwall von Fragen, die sie umtreiben, gut versteckt ist.

      26. Juni 1959

      Cuddebackville

      New York

      Liebe Ann,

      ja, manchmal kommt es vor, dass ich auf einem Foto lächle. Ich hab’s Dir hier dazugelegt. Die Aufnahme war für ein Passbild.

      Es ist jetzt vier Uhr morgens in Cuddebackville, New York. Die beiden Lebensmittelgeschäfte sind geschlossen, die Kirche ist pechschwarz und dichter Nebel liegt über dem Neversink River. Es regnet, wie schon seit zwei Wochen. Die Berge schimmern grün und die Straßen sind in ewigen Dunst gehüllt. Cuddebackville liegt in einem Tal am Fuße des Otisville Mountain. Der Nebel über dem Tal ist heute Nacht undurchdringlich, und die Straße, die den Berg hinaufführt, ist dunkel und leer.

      Weit draußen auf der Straße des Oakland Valley, gut und gerne vier Kilometer von der Stadt entfernt, ruht ein schwarzer Jaguar neben einer Hütte hoch über der Straße in einer Einfahrt. Licht brennt in der Hütte, vielleicht das einzige in ganz Cuddebackville. Drinnen sitzt ein Mann vor einer Schreibmaschine, trinkt eisgekühlten Tee und raucht eine Zigarette. Er hat seit acht Uhr abends geschrieben, und eben hat er das dritte Kapitel eines Romans beendet. Er schreibt seit einigen Wochen fast ohne Unterbrechung. In einem Monat sollte er mit dem Buch soweit sein, dass er es nach New York mitnehmen kann, wo einer der Lektoren von Viking Press (Verlag) darauf wartet, es zu lesen.

      Das ist der Grund, warum er dem Mädchen in Tallahassee mit den strahlenden Augen nichts von seiner Arbeit erzählt hat: Weil er nichts anderes macht als schreiben, und was gäbe es darüber schon zu sagen?

      Ja, jetzt weißt Du es, Ann, meine Liebe. Ich schreibe. Und, wenn Du mich fragst, ob ich damit etwas erreicht habe, und wenn Du finanziellen Erfolg damit meinst, ist die Antwort – nein. In dieser Woche, so sieht es aus, sind drei meiner Stories an mich zurückgegangen – mit kleinen freundlichen Ablehnungsschreiben, die jeweils angeheftet waren.

      Bitter? Hoffnungslos? Na ja, vielleicht ist es so. Doch bevor wir uns darauf einigen sollten, kommen hier ein, zwei Zitate, auf die ich neulich gestoßen bin:

      (A) »Zwischen 1919 und 1927 habe ich meine Stories immer wieder an amerikanische Magazine geschickt, nicht eine wurde gedruckt, bis Atlantic Monthly eine Geschichte von mir mit dem Titel Fifty Grand veröffentlichte.«

      * Das ist Hemingway; von 1919 bis 1927, das ergibt acht Jahre.

      (B) »Nach Feierabend schrieb ich Stories … Es wurden insgesamt neunzehn … Niemand wollte sie haben, keiner antwortete persönlich. Es waren genau einhundertzweiundzwanzig Ablehnungsschreiben, die ich in meinem Zimmer auf einen Fries gepinnt hatte.«

      * Das stammt von Scott Fitzgerald. Der hat, damals in den Zwanzigern, das ein oder andere veröffentlicht.

      Wie Du siehst, meine Liebe, man kann nie wissen. Manche schaffen es, andere eben nicht. Zufällig denke ich nun mal, dass ich es schaffen werde. Ich kann es mir gar nicht erlauben, anders zu denken.

      Bei durchschnittlich drei Ablehnungen pro Woche sollte ich Fitzgerald in sechsunddreißig Wochen eingeholt haben. Und dann bleiben mir immer noch sechs Jahre, um mit Hemingway gleichzuziehen. Wenn es mir aber tatsächlich gelingt, diesen Roman zu veröffentlichen, werde ich beide hinter mir gelassen haben. Und, mein Gott, wäre das ein Spaß. Also, immer feste dran glauben, Du süßes kleines altes dunkeläugiges Ding. Noch ist es nicht so, dass sie meinen Sarg mit Dreck bewerfen würden.

      Kommen wir zur nächsten Frage: Welcher Teil von mir zieht Dich an? Tja, Ann, ich glaube nicht, dass Du diese Frage übertrieben anständig formuliert hast, also werde ich versuchen, sie so zu beantworten, wie ich denke, dass sie gemeint ist. Wenn ich in derselben Weise antworten würde, wie Du sie formuliert hast, würdest Du mir bestimmt überhaupt nicht mehr schreiben.

      Hmmnnnnnn … gar nicht so einfach. Es wäre ja viel einfacher, auf Deine Version der Frage zu antworten. Aber nein, für sowas bin ich viel zu fromm.

      Es wäre jedoch vermessen, darüber hinwegzusehen, dass es ganz klar eine körperliche Anziehung gibt. Und ich fin­de, das ist völlig in Ordnung; anders will ich es mir gar nicht vorstellen.

      Da ist natürlich mehr, aber ich habe niemals ernsthaft darüber nachgedacht. Ich weiß nur, seitdem ich sechzehn bin, bist Du das einzige Mädchen, dem ich über den Weg gelaufen bin, das einen nachhaltigen Eindruck auf mich hinterlassen hat. Das ist jetzt drei Jahre her, und ich habe es noch immer nicht geschafft, Dich aus meinem Kopf zu kriegen. Und ich habe es versucht. Gott! Drei Jahre! Kommt Dir das auch schon so lange vor?

      Nebenbei gesagt, weißt Du noch, dass ich Dich am 5. Februar 1957 in meinem Brief mit »Cheri« angeredet und Dich »emotional starrsinnig« genannt habe? Und weißt Du auch, dass Du mir am 25. September 1956 sehr persönliche Zeilen geschickt hast, die ungefähr so lauteten: »Und wegen Wochenende. Ich habe eine Menge zu tun und werde sehr beschäftigt sein …« Sehr persönlich formuliert. Weiter schriebst Du, dass es trotzdem für Dich vorstellbar wäre, »Samstagnachmittag oder Samstagnacht auszugehen«, dass es aber »am besten wahrscheinlich Samstagnacht« wäre.

      Ich weiß nicht mehr genau, was an diesem Wochenende passiert ist, aber ich bin sicher, dass es einigermaßen ernüchternd gewesen sein muss.

      Bist Du, nebenbei gesagt, immer noch so hübsch wie damals? Warum schickst Du mir nicht Mal ein neues Foto? Bleib bitte hübsch. Es ist für mich sehr wichtig, dass Du hübsch bist. Ich meine das ernst.

      Ich bin jetzt in einer dermaßen

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