Süffiger Single Malt für MacDonald. Frank Winter
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Читать онлайн книгу Süffiger Single Malt für MacDonald - Frank Winter страница 5
Alberto grinste. »Früher oder später wirst du also hinfahren müssen? Wer ist der Besitzer?«
»Beam-Suntory.«
»Da haben wir es! Du weißt, welch schlechte Erfahrungen ich mit Japanern in meinem Guest House gemacht habe.«2
»Ich sehe keine Verbindung zu unserem Fall.«
»Entsetzlich war das mit denen und ihren kampflustigen Klosett-Reinigern. Die chemische Reaktion in der Schüssel vergesse ich meinen Lebtag nicht!«
»Alberto!«
»Sisi.« Vitiello sah ihn wie ein kleiner Junge an, der warmen Kuchen vom Blech stibitzt hatte.
»Wenn du keine Fragen mehr hast, werde ich die Koffer bestücken. Du erinnerst dich noch, wo das Futter für Sir Robert steht?«
»Mach dir keine Sorgen, ich kümmere mich um deinen Edelkater, werde ihn füttern und ausgiebig kraulen. Aber jetzt muss ich mich auf den Weg machen. Heute reisen neue Gäste an.«
»Hättest du morgen Zeit?«
»Wofür denn, bitte?«
»Um Imperial Whiskys zu observieren.«
»Geh du mal lieber alleine. Zwei Mann braucht es dazu nicht.«
MacDonald nickte und verabschiedete Vitiello freundlich, obwohl er sich über sein seltsames Verhalten wunderte. Dass er sich bei jedem neuen Fall ein wenig zierte, war Usus. Aber befederte Klempner als Kronzeugen vorzuschieben, um zu schwänzen, war neu. Er spülte das Geschirr mit dem restlichen Wasser aus den Flaschen, ging nach oben und packte Kleidung und Bücher für zwei Wochen ein. Seine Koffer schleppte er zum VW Käfer und hievte sie in den Kofferraum. Wehmütig sah er sein geliebtes Dean Village im Rückspiegel verschwinden. Wenigstens hatte sich der Verkehr auf der Morningside Road gelegt. In weniger als 15 Minuten stand er vor der Eingangstür des Hotels, die sich automatisch in seine Richtung öffnete. Das Braid Hills erfüllte all seine Wünsche an ein Hotel, war gemütlich und zugleich elegant eingerichtet. Dem Himmel war es gedankt, dass weder Sauna, Schwimmbad, Wellnessoasen und die entsprechende Kundschaft vorhanden waren. Nur weil diese überflüssigen Einrichtungen fehlten, trug das Braid Hills keine fünf Sterne. Zunächst trat man in einen kleinen Vorraum, der an einen Wintergarten erinnerte. Innen fiel dann die gemütliche Telefonzelle auf, die den Computer mit Internetanschluss beherbergte. Zur Linken drei mal vier gemütliche Ohrensessel und gegenüber die Empfangstheke aus dunkelbraunem Holz. Eine nette junge Frau begrüßte ihn im melodischen Sprachgesang der Iren. Auf MacDonald wirkte dieser wie Musik und er hätte ihr auf Wunsch mindestens zwei Waschmaschinen abgekauft. »Zimmer 326, Mister MacDonald«, sagte sie und reichte ihm das Heftchen mit dem Scheckkarten-Schlüssel. »Brauchen Sie Hilfe mit Ihrem Gepäck?«
MacDonald wollte der hübschen jungen Frau nicht als Schwächling erscheinen. »Meine Koffer sind zwar nicht sehr schwer, doch etwas unhandlich.«
»Natürlich, einen Moment, bitte.« Sie griff zum Telefonhörer und tippte eine hausinterne Nummer ein. Ein hinkender, junger Mann tauchte auf, halb so groß wie er. Wie sollte er diesem Dilemma entkommen? Ohne ihn zu beleidigen, konnte er dem Hotelangestellten schwerlich vorschlagen, das Gepäck selbst zu tragen. Wohin war er nun entschwunden? MacDonald drehte sich um, sah den Pagen seine beiden Koffer aus dem Käfer wuchten und die leichte Anhöhe zum Eingang hochrennen, so schnell, dass er beinahe mit der automatischen Tür kollidierte, durch die Lobby und die Treppen hoch. MacDonald schleppte sich hinterher und kam bereits im nächsten Stockwerk außer Atem. Vom langen Korridor mit dem dicken Teppich und den Ölporträts schottischer Berühmtheiten wie Bonnie Prince Charlie, Walter Scott, Robert Burns und Mary, Queen of Scots, war er aber sehr angetan und, sich keuchend seinem Zimmer nähernd, kam der junge Mann ihm auch bereits entgegen. »Habe Ihr Gepäck ins Zimmer gebracht, Sir.«
»Das dachte ich mir«, sagte MacDonald und reichte ihm diskret eine mehrfach gefaltete Fünf-Pfund-Note.
»Oh, vielen Dank, Sir. Wenn Sie während Ihres Aufenthaltes etwas benötigen, eine spezielle Flasche Whisky vielleicht …«
»Darf ich fragen, wie Sie darauf kommen?«
Der Page deutete auf MacDonalds Aktenmappe. »Glen Garioch. Nicht jeder kennt diesen Highland Malt.«
»Hm, da haben Sie Recht. Sie interessieren sich für Whisky?«
»Nur so ein bisschen. Ein Verwandter von mir hat … ich will Sie nicht länger aufhalten, Sir. Wünsche eine schöne Zeit im Braid Hills.«
MacDonalds Zimmer war von angenehmer Größe, kein Riesenraum, in dem man sich verlor, aber auch nicht zu klein. Ein kleiner Vorraum trennte es vom Badezimmer, das fast so geräumig wie das Zimmer war. Durch drei schmucke Panoramafenster in jedem Raum bot sich ein prächtiger Ausblick. Auf der anderen Seite der Straße, über die seine geliebte Bus-Linie Elf fuhr, befand sich der Braidburn Valley Park. Darüber erhoben sich schmucke, kleine Häuser. Robert Louis Stevenson marschierte zwei Jahrhunderte zuvor von der City über den Park nach Hause, zum Swanston Cottage. Zur Linken konnte MacDonald die Braid Hills sehen, und zur Rechten war in der Ferne das Meer auszumachen. Wie konnte man dieses Spektakel noch steigern? Er zog kurzentschlossen Mister Glen Garioch aus seiner Mappe und entfernte die Plastik-Ummantelung vom Flaschenhals. Verdächtig leicht ging das vonstatten. Er schenkte zwei Schlückchen Whisky in ein Nosing-Glas, nippte daran und beließ ihn, den zwölf Lebensjahren entsprechend, ein Dutzend Sekunden im Mund, über der Zunge, darunter, links, rechts, bis er zu brüllen begann: »Krakelendes Moorhuhn! Das darf doch nicht wahr sein!«
»Mein Gott, ich mag den Geschmack von Whisky so sehr, dass ich mitunter denke, ich sollte Igor Strawhisky heißen.«
Igor Strawinsky (1882-1971),
Komponist
1 Alberto spielt hier auf MacDonalds Hausgast in »Currys für Connaisseure« an, das Gespenst Dougal Dinwiddie.
2 Vitiello bezieht sich auf »Dicke Luft in der Küche«, das zweite Abenteuer unserer beiden Detektive.
Balmorals feine Whisky-Bar
MacDonald schlief unruhig. Alpträume wechselten sich ab, und am Morgen war er froh, aufstehen zu können. Neben seinem Kopfkissen lag ein Zettel, auf dem groß »Karen« stand. Er wollte seine Herzensdame bereits am Abend anrufen und ihr den Menüvorschlag präsentieren, doch nach dem flüssigen Schock verließ ihn die Stimmung. Er nahm den vermeintlichen Glen Garioch und brachte ihn außer Sicht im Schrank unter. Nach einem gemütlichen Vollbad begab er sich nach unten, in den Frühstücksraum. »Nummer 326«, informierte er den langen Gentleman in weißem Hemd und schwarzer Hose, der hinter der Theke stand. Die anderen Angestellten traten ganz in schwarz auf. Er musste der Chef sein. »Sie haben freie Tischwahl, Sir.«
Ein Nordire, dachte MacDonald. Die grüne Insel war gut vertreten.
»Tee oder Kaffee, Sir?«
»Tee, bitte.«
Der Mann nickte und schritt mit riesigen Schritten in die Küche. MacDonald ging zu seinem Tisch. Hohe, schlanke, mit Leder bezogene Holzstühle standen an dunkelbraunen Tischen. Durch zwei bodenlange, karierte Vorhänge wurde der lange Raum geteilt. MacDonald verstaute seine Aktenmappe