Süffiger Single Malt für MacDonald. Frank Winter

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Süffiger Single Malt für MacDonald - Frank Winter Mord und Nachschlag

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vorbeikommen müssen? Ein Brummen in seiner Tasche lenkte ihn ab. »Angus Thinnson MacDonald. Alberto, schön, dass du anrufst. Ich muss dir dringend etwas erzählen.« Als er mit seiner Glen-Garioch-Story zu Ende war, blickte er sich im Raum um. Ein kleiner Mann asiatischer Provenienz kippte ruckartig den Kopf nach unten. Der Bursche hatte seine Konversation belauscht! Lustlos beendete MacDonald sein Müsli und holte sich nur Eier und Speck. Als er zurückkam, waren sowohl Oberkellner als auch Beobachter verschwunden. Was für ein komischer Morgen. Er ging in sein Zimmer, putzte sich die Zähne und verbrachte die nächsten Stunden damit, an den neuen Rezepten zu feilen. Falls Karen seine fleischlichen Versöhnungsmenüs nicht zusagten, würde er sich mit einer Kreuzung zwischen schottischem und orientalischem Essen lieb Kind machen. Feuriger Rote-Bete-Salat, Gerstentopf und süßsauer eingelegter Kürbis.

      Gegen halb zehn wandelte er die enge, steinerne Treppe nach unten, zur Straße. Die Linie Elf fuhr um diese Uhrzeit sehr häufig und so musste er nicht lange auf den nächsten Doppeldecker warten. Er schob seine Karte über den elektronischen Scanner, bedankte sich beim Fahrer und setzte sich in den vorderen Bereich. Die Morningside Road war schon immer eine seiner liebsten Straßen in Edinburgh. All die vielen kleinen Geschäfte bewiesen, dass sich mit einem treuen Kundenstamm eine Existenz abseits von Ladenketten führen ließ. Er fuhr bis zur Princess Street, nahm von dort ein Taxi in die Old Town und ging noch einige Meter zu Fuß, um etwas für seine Gesundheit zu tun. Was er von weitem sah, als er sich Imperial Whiskys näherte, konnte nicht wahr sein! Somerled, der komische Stellvertreter, schloss die Tür ab und drehte das Schild mit dem Hinweis »Sorry, we are closed« nach außen. Angesichts der Tatsache, dass sie in fünf Minuten öffnen sollten, war das bodenlos! Dann streckte der Kerl auch noch den Daumen nach unten! Was bildete er sich ein, nach zwei Flaschen Fusel! So einfach käme er ihm nicht davon. Wenn er vor der Tür stehen blieb, erschiene niemand. Auf der anderen Straßenseite würden sie aber nicht merken, dass er observierte. Er musste nur noch für eine gute Verkleidung sorgen. In einem der Touristengeschäfte wurde er fündig: ein Schlapphut mit angenähter, roter Perücke und ein Schal im Royal-Stewart-Tartan aus Polyacryl sollten genügen. Seine Mappe steckte er in eine große Plastiktüte und fertig war der Zwei-Tage-Stadtbesucher. Etwa dreißig Minuten später riss ein Mann in Tour-de-France-Montur die Ladentür auf, Sturzhelm auf dem Kopf und Rad auf dem Rücken. Der unhöfliche Verkäufer! »Hallo, Sie da!«, rief MacDonald laut und eilte über die Straße. Als Somerled ihn ausmachte, sprang er aufs Rad und strampelte davon, mit der Linken abermals den Daumen nach unten richtend. Auch ein schlankerer Mensch hätte den Mann nicht stellen können. MacDonald klopfte an die Tür und rief nach dem Besitzer. »Kevin Wordie, bitte für ein klärendes Gespräch erscheinen.« Im Geschäft fiel eine Flasche auf den Boden. Ob Wordie seine falschen Whiskys zerstörte? Er konnte ihn leise wimmern hören. Was hatte der Mann bloß? Am besten warten, bis er ebenfalls das Geschäft verließ. Doch war nicht gesagt, wie das vonstattengehen würde. Wordie kam vielleicht auf einer Kanonenkugel geflogen! Nein, da ging er lieber zum Coffee-Shop in der Blackwell’s-Buchhandlung und trank eine schöne Tasse Kaffee. Über drei Scones kam die Mittagszeit und er schlenderte ins Kebab Mahal am Nicholson Square, um seinen gewohnten Imbiss zu nehmen: Chicken Curry mit Cashewnüssen, Reis und Naan. Um sich eines Völlegefühls zu entledigen, würde ein Spaziergang hilfreich sein, in die Whisky-Bar des Balmoral Hotel, für weitere Ermittlungen …

      Im Jahr 1902 unter dem Namen North British Station Hotel eröffnet und direkt am Waverley-Bahnhof gelegen, war das Balmoral der Inbegriff eines gediegenen Etablissements. Wie eine Burg ruhte es in der Stadt. Nicht zufällig war Balmoral das gälische Wort für majestätisches Gebäude. Etwa 460 Scotch Whiskys, und nur solche, konnten in der Whisky-Bar verköstigt werden, denn niemand reiste nach Edinburgh, um Bourbon zu trinken. Gordon and MacPhail, der Händler und Abfüller von raren Whiskys, hatte bei der Bestückung der Bar geholfen. Alle 122 Malt-Destillerien waren vertreten. Es gab Whiskys zu einem Betrag in dreistelliger Höhe und Flaschen für 8.000 Pfund, etwa einen Benromach, Jahrgang 1970. Doch auch für wenige Pfund konnte man ein Gläschen trinken. Natürlich versuchte keiner der drei Whisky-Botschafter, so hießen die versierten Barkeeper, Gäste reinzulegen. Man war bemüht, im Zwiegespräch ein passendes Tröpfchen zu finden. Zwischen 35 und 40 Flaschen sehr alter Scotch wurden offeriert, von stillgelegten Destillerien wie Port Ellen, Rosebank oder Little Mill. Die Whisky-Botschafter, alle sehr nett, teilten sich die Bar. Da die meisten Gäste aus dem Hotel stammten und sich nicht zwangsweise mit Scotch auskannten, waren die Herren immer erfreut, MacDonald zu sehen. Der wiederum hoffte, den Jüngsten von ihnen anzutreffen. Es war beeindruckend, wie gut der Herr sich bereits mit Scotch Whisky auskannte. Als der Gourmet das Hotel betrat, bereute er es fast, sich nicht hier einquartiert zu haben: Eine von seinen Eltern tradierte Vorsicht im Umgang mit Geld hatte ihn davon abgehalten. An der Rezeption fiel ihm ein Mann auf, der mindestens 2,20 Meter groß war, karierte Hose und Gehrock trug. Gehörte er zum Personal? MacDonald sah durch die Glastür in die Bar. Blitzblank poliertes Parkett aus Kiefernholz, eine Theke aus Kirschbaum, davor schwarze Hocker mit schwarzweißem Schaffell, die Bar dreigeteilt mit einem dunkelbraunen Regal in der Mitte. Links und rechts davon standen in beleuchteten Glasschränken Whisky-Flaschen. Sein favorisierter Botschafter war zugegen und bislang noch ohne Gäste. Da ließ es sich gut plauschen. Der junge Mann polierte Gläser und lächelte ihm zu. »Mister MacDonald, wie schön, Sie zu sehen.« Er trug einen Kilt in Farben, die mit Whisky harmonierten: gold, beige und braun, dazu weißes Hemd, Krawatte und schwarze Weste, die Haare akkurat gescheitelt.

      »Ganz meinerseits, Mister Weir.«

      »Geht es Ihnen gut, Sir?«

      Er hätte seinen Wasserschaden erwähnen können, aber wie die Queen von England zu sagen pflegte: »Never complain, never explain«, sich niemals beschweren oder für irgendetwas entschuldigen. »Danke, alles bestens bei mir.«

      Die Antwort schien Mister Weir zu verunsichern. »Sind Sie sicher?«

      Wieso sollte er sich irren? »Ja, keine Sorgen.«

      »Was darf ich Ihnen eingießen?«

      »Gute Frage. Es ist noch früh, vielleicht einen Auchentoshan zum Start?«

      »Bitte?!«

      MacDonald nahm auf einem der sandfarbenen, um ein Tweed-Sofa gruppierten Sessel Platz. »Au-chen-to-shan, von den Lowlands.«

      »Ich weiß, Mister MacDonald. Es ist nur so, dass ich gestern Abend die letzte Flasche ausgegossen habe und noch kein Nachschub eintraf.«

      »Bitte? Ausgegossen?«

      »Verbraucht, ausgeschenkt, meinte ich.«

      Bei einem Haus wie dem Balmoral durfte so etwas nicht passieren. »Dann nehme ich einen Glen Garioch.«

      »Puh!«

      »Wie meinen?«

      »So leid es mir tut, aber damit haben wir ebenfalls einen Engpass.« Weir sah über MacDonalds Haupt hinweg.

      »Zwölfjährigen Highland Park, bitte. Am Orkadier wird sich hoffentlich niemand vergriffen haben?«

      »Haha, aber nein.«

      Der junge Mann klang komisch. Wenn MacDonald nur den geringsten Fehlton entdeckte, würde er in Zukunft Whisky anderer Länder trinken! Ohnehin wollte er das profunde Buch Canadian Whisky seines Kollegen Davin de Kergommeaux studieren. »Wissen Sie was, ich nehme einen Doppelten.«

      Weir holte eine Flasche Highland Park aus dem Regal, schenkte vier Zentiliter in ein Gläschen und stellte es ihm hin. MacDonald zog einen Bogen weißes Papier aus seinem Jackett und hielt den Whisky davor. »Bernsteinfarben. Wie er sein sollte.«

      »Darf ich Ihnen einen Snack reichen, Mister MacDonald?«

      »Nein, danke. Im Moment nicht.«

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