Greifen und BeGreifen. Sally Goddard Blythe

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Greifen und BeGreifen - Sally Goddard Blythe

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auf den Po des Neugeborenen oder dadurch, dass sie das Baby an den Füßen kurz kopfüber hält) und hilft, die Luftröhre zu öffnen, falls Erstickung droht.

      Wird der Moro-Reflex nicht im Alter von zwei bis vier Monaten gehemmt, wird sich dies durch Hypersensitivität des Kindes in einem oder in mehreren sensorischen Kanälen auswirken; es wird dann auf bestimmte Reize überreagieren. Plötzliche Geräusche, Licht, Bewegungen oder Veränderungen von Haltung oder Balance – jeder dieser Reize kann den Reflex in unerwarteten Momenten auslösen, so dass sich das Kind ununterbrochen in „Alarmbereitschaft“ und in einem Stadium erhöhter Aufmerksamkeit befindet.

      Während des größten Teiles seiner wachen Zeit befindet sich das Morogeleitete Kind immer an der Schwelle der Kampf- oder Fluchtbereitschaft, gefangen in einem Teufelskreis: Die Reflexaktivität regt die Produktion von Adrenalin und Cortisol (Stresshormone) an. Eben diese Hormone erhöhen die Sensibilität und das Reaktionsvermögen, so dass sowohl der Auslöser als auch die Reaktion innerhalb desselben Systems vorhanden sind – sie sind quasi beide „eingebaut“. Ein solches Kind mag uns als ein Paradox erscheinen: einerseits außerordentlich sensibel, aufnahmefähig, fantasievoll und einfallsreich, andererseits unreif und zu Überreaktionen neigend. Diesen Zustand wird es auf eine von zwei Weisen bewältigen: Entweder wird aus ihm ein ängstliches Kind, das oft mit Rückzug reagiert, das Schwierigkeiten hat, Kontakte zu finden, und Zuneigung weder mit Leichtigkeit zeigen noch annehmen kann; oder aus ihm kann auch ein überaktives, aggressives Kind werden, das sich leicht aufregt, unfähig ist, Körpersprache zu verstehen, und Situationen gern dominiert. Jedes der beiden Kindertypen wird dazu neigen Situationen manipulieren zu wollen, da es versucht Strategien zu finden, die ihm ein gewisses Maß an Kontrolle über seine eigenen emotionalen Reaktionen gewähren.

      Adrenalin und Cortisol gehören zu den Hauptabwehrstoffen des Körpers gegen Allergien und Infektionen. Wenn beide im Leben des Kindes ständig sozusagen als „Leitmotiv“ aktiv sind, werden sie von ihrer primären Funktion abgelenkt, so dass eventuell unzureichende Vorräte beider Stoffe im Körper vorhanden sind und ausreichende Immunität und eine ausgewogene Reaktion auf mögliche Allergene eventuell nicht mehr gewährleistet ist. Solch ein Kind gehört dann vielleicht zu jenen, die sich jeden Husten und jede Erkältung einfangen, die gerade im Umlauf sind, und die auf bestimmte Medikamente besonders heftig reagieren. Ein solches Kind reagiert vielleicht überempfindlich auf bestimmte Lebensmittel oder Lebensmittelzusätze, was sich wiederum auf sein Verhalten und seine Konzentration auswirken wird. Es wird auch dazu neigen, Blutzucker schneller als andere Kinder zu verbrennen, was Stimmungs- und Leistungsschwankungen weiterhin verstärken wird.

      Ein Kind, das nach wie vor über einen Moro-Reflex verfügt, wird die Welt als zu sehr mit hellen, lauten und aggressiven sensorischen Reizen angefüllt erleben. Seine Augen werden von jedem Lichtwechsel und jeder Bewegung innerhalb des Gesichtsfelds angezogen werden. Seine Ohren werden vielleicht eine zu große Masse akustischer Information empfangen. Es kann irrelevante Reize nicht ausfiltern oder „außen vor lassen„und neigt so dazu, sich sehr schnell mit Reizen überladen zu lassen. Als Ergebnis wird es „stimulusgebunden“.

      In den ersten zwei bis vier Lebensmonaten, wenn der Moro-Reflex aktiv ist, ist die visuelle Aufmerksamkeit des Kindes auf die äußeren Umrisse von Gegenständen und Personen sowie auf plötzliche Bewegungen und Lichtveränderungen in der Peripherie seiner visuellen Wahrnehmung gerichtet. Wenn dies so bleibt, hat das Kind Schwierigkeiten periphere visuelle Stimuli zu ignorieren und die visuelle Aufmerksamkeit auf das Zentrum gerichtet zu halten. Dies kann dann beim älteren Kind zu leichter Ablenkbarkeit führen.

      Arnheim (1969) bemerkte dazu:

      „Zu viele Eindrücke aus verschiedenen sensorischen Quellen, die gleichzeitig auf einen Verstand einstürmen, der diese Reize bisher nicht einzeln erlebt hat, verschmelzen für diesen Verstand zu einem einzigen ungeteilten Objekt.“

      Welches also sind die Symptome, die Eltern oder Lehrer als Hinweise auf einen deutlich fortbestehenden, nicht kontrollierten Moro-Reflex erkennen können?

      Langzeitwirkungen eines beibehaltenen Moro-Reflexes

      1. Vestibuläre (Gleichgewichts-) Probleme wie Reiseübelkeit, schlechte Balance und Koordination, was sich vor allem bei Ballspielen zeigt.

      2. Körperliche Furchtsamkeit.

      3. Okulomotorische Probleme und Probleme mit der visuellen Wahrnehmung, wie zum Beispiel Stimulusgebundenheit (das Kind ist nicht in der Lage, irrelevante visuelle Informationen innerhalb eines bestimmten visuellen Feldes zu ignorieren, so dass der Blick immer wieder zur Peripherie einer Form oder Gestalt gezogen wird – dies geschieht auf Kosten der Wahrnehmung innerer Merkmale).

      4. Mangelhafte Reaktion der Pupillen auf Licht; Lichtempfindlichkeit; Schwierigkeiten bei schwarzer Schrift auf weißem Papier. Das Kind ermüdet leicht bei Neonlicht.

      Bei sehr hellem Licht sollten sich die Pupillen automatisch zusammenziehen, um die Lichtmenge, die auf das Auge trifft, zu verringern. Bei gedämpftem Licht sollten sie sich sehr schnell erweitern, damit so viel Licht wie möglich auf die Netzhaut trifft. Ein Versagen dieser Funktionen kann Lichtempfindlichkeit und/ oder schlechte Nachtsicht zum Ergebnis haben.

      5. Mögliche auditive Verwirrung, bedingt durch Überempfindlichkeit für spezifische Geräusche. Das Kind ist eventuell nur schlecht in der Lage, akustische Reize auseinander zu halten und voneinander zu unterscheiden (auditive Diskriminierungsprobleme); ebenso kann es Schwierigkeiten damit haben Hintergrundgeräusche auszublenden.

      6. Allergien und Immunschwächen (zum Beispiel Asthma, Ekzeme) oder eine Krankengeschichte häufiger Infektionen im Hals-, Nasen-, Ohrenbereich.

      7. Ungünstige Reaktionen auf Medikamente.

      8. Schlechtes Durchhaltevermögen, mangelnde Ausdauer.

      9. Abneigung gegen Veränderungen oder Überraschungen – schlechte Anpassungsfähigkeit.

      10. Schlecht entwickelter CO2-Reflex.

      11. Reaktive Hypoglykämie.

      Während andere fortbestehende Reflexe dazu neigen, sich auf spezifische Fertigkeiten auszuwirken, hat der Moro-Reflex Auswirkungen auf das gesamte emotionale Profil des Kindes.

      Mögliche sekundäre psychologische Symptome

      • Zustand ständiger Ängstlichkeit, die anscheinend keinen Realitätsbezug hat.

      • Überschießende Reaktionen auf Reize:

      – Stimmungsschwankungen; emotionale Labilität.

      – Fester Muskeltonus (Körper-„Panzer“).

      – Schwierigkeiten Kritik zu akzeptieren, da ein solches Kind große Schwierigkeiten damit hat sich zu verändern.

      • Phasen von Hyperaktivität, gefolgt von übermäßiger Ermüdung.

      • Schwierigkeiten, Entscheidungen zu treffen.

      • Schwaches Ego, geringes Selbstwertgefühl:

      – Gefühl der Unsicherheit/Abhängigkeit.

      – Das Bedürfnis, Situationen zu „kontrollieren“ oder zu „manipulieren“.

      Der Moro-Reflex ist der einzige der primitiven Reflexe, der auf die eine oder andere Weise

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