The Rolling Stones. Stanley Booth

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The Rolling Stones - Stanley Booth

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besteht auf Leintücher“, sagte sie, „schreib’s in das Buch.“

      Redlands, ein strohgedecktes, sieben Jahrhunderte altes Haus in der Nähe von Dover an der englischen Südküste, diente Keith Richards seit 1965 als Landsitz. 1967 war er hier zusammen mit Mick Jagger verhaftet worden. An diesem Morgen erschien der Ort im blassen Sonnenlicht des Frühlings wie ein Hospital für Veteranen und Keith und ich wirkten wie zwei alte Soldaten, die regelmäßig ihre Medizin nehmen und über die alten Zeiten reden.

      „Die Familie meines Urgroßvaters ist im neunzehnten Jahrhundert von Wales nach London gekommen“, sagte Keith, „und daher war mein Großvater, der Vater meines Vaters, ein Londoner. Seine Frau, meine Großmutter, war während des Krieges Bürgermeisterin von Walthamstow, einer Stadtgemeinde von London. Das war der absolute Höhepunkt des Ruhms der Familie. Sie waren sehr puritanische, sehr gradlinige Leute und sind jetzt beide schon tot. Aber dann war da noch Gus, mein Großvater mütterlicherseits, Theodore Augustus Dupree. Er war ein kompletter Freak. In den Dreißigern hatte er eine Tanzband, spielte Saxophon, Geige und Gitarre. Der abgedrehteste und verrückteste Alte, den man je treffen kann. Diese Seite der Familie kam von den Kanalinseln nach England. Sie waren Hugenotten, französische Protestanten, die man im 17. Jahrhundert aus Frankreich vertrieben hatte. Und Mitte des 19. Jahrhunderts kam der Vater von Gus nach Wales, nach Monmouth.“

      Und er erzählt weiter: „Gus war so lustig. Er hatte sieben Töchter, die immer ihre Freunde mit nach Hause brachten und dann steif und förm­lich herumsaßen, während er im oberen Stockwerk Kondome aus dem Fenster baumeln ließ. Es gibt so viele Geschichten über ihn, dass ich mich nicht einmal an eine einzige hieb- und stichfeste Story erinnern kann. In den späten Fünfzigern spielte er Fiedel in einer Country-&-Western-Band und tingelte durch die amerikanischen Luftwaffenstützpunkte in England. Er ist ein Freund von Yehudi Menuhin. Gus bewunderte ihn und musste ihn einfach kennenlernen. Er ist einer dieser Jungs, die sich immer alles, was sie wollen, irgendwie ergaunern können. Ich könnte mir vorstellen, dass er ein wenig wie Furry Lewis ist. Und vom Zusammenleben mit all seinen Frauen hat er einen echten Sinn für Humor. Denn mit acht Frau­en im Haus wird man entweder verrückt oder man lacht darüber. Es war übrigens seine Gitarre, auf die ich als Kind abgefahren bin. Meine Großmutter spielte mit meinem Großvater immer Klavier, bis sie ihn, glau­be ich, eines Tages beim Herummachen mit einer anderen Frau erwisch­te, was sie ihm nie verziehen hat. Sie weigerte sich von diesem Zeitpunkt an, das Klavier wieder anzurühren und sie hat es bis zum heutigen Tag nicht mehr gespielt, seit den dreißiger oder vierziger Jahren. Ich glaube, sie hat sich seither sogar geweigert, mit ihm zu bumsen. Sehr eigenartig.“

      Keiths Eltern waren schon lange zusammen, bevor sie heirateten. „Ich glaube, sie lernten einander 1934 kennen, vielleicht sogar 1933, und 1936 haben sie geheiratet. 1963 trennten sie sich. Das ist, was mich anbelangt, der sonderbare Teil der Geschichte. Sie haben sich gleich getrennt, nach­dem ich von zu Hause ausgezogen war, faktisch innerhalb von Monaten. Ich denke, das liegt hauptsächlich daran, dass mein alter Herr im Zusam­menleben mit einer Frau unvorstellbar langweilig sein kann. Er arbeitet nach wie vor in einer Firma der Elektronikbranche, als Vorarbeiter oder so. Er hat sich dort hochgearbeitet, seit seinem einundzwanzigsten Le­bensjahr. Immer sehr sittenstreng, prüde – niemals betrunken, sehr kon­trolliert, sehr unlocker. Ich muss schon sagen, dass er sehr unlocker war. Das Seltsame ist, dass ich, weil ich ihn noch immer mag, gewisse Dinge an ihm ziemlich liebenswert finde. Aber der Bastard will nichts mehr mit mir zu tun haben, seit er sich von meiner Mutter getrennt hat – ich glaube, weil ich zu meiner Mutter nach der Trennung noch immer ein gutes Verhältnis hatte. Da hat er sofort zugemacht. Ich hab’ ihm ein paarmal ge­schrieben. Zum Beispiel, als ich eingebuchtet wurde, weil ich ihm die Angelegenheit erklären wollte; ich wollte nicht, dass er das alles aus den Zei­tungen erfährt. Aber ich habe keine Antwort bekommen, was mich ziem­lich frustriert hat. Hab’ seit 1963 nichts von ihm gehört. Sieben Jahre.“

      „Standest du ihm als Kind sehr nahe?“

      „Nein, es war nicht möglich, ihm besonders nahe zu kommen; er konn­te sich nicht öffnen. Aber er war immer gut zu mir.“

      „War er streng, als du älter wurdest, beispielsweise wenn du ausgehen wolltest?“

      „Er versuchte es. Aber ich glaube, er gab es dann auf – wegen meiner Mutter, die den Hang hatte, mir nachzugeben, besonders als ich älter wurde. Und … ich glaube, er hat mich einfach aufgegeben. Ich habe ihn unglaublich enttäuscht.“

      „Du hast dich als Dupree entpuppt statt als Richards …“

      „Genau. Ich bin wirklich nicht einmal annähernd so geworden, wie er es gewollt hätte.“

      „Wo lebt er?“

      „Soviel ich weiß, immer noch dort, wo wir alle gelebt haben, in die­sem furchtbaren, gottverdammten Gemeindewohnhaus in Dartford. Das ist achtzehn Meilen Richtung Osten am Stadtrand von London, gleich außerhalb der Vororte, wo die ländliche Gegend beginnt. Er hat es wirk­lich nicht verstanden, auch nur irgendwas zu riskieren. Dieser gottver­dammte, seelenzerfressende Gemeindebau. Eine Mischung aus schreckli­chen Wohnblocks und fürchterlichen neuen Straßen voller Doppelhäuser, alle in einer Reihe, alle neu, ein echter Betondschungel, ein wirklich ge­schmackloser Ort. Und weil er so rein gar nichts riskieren wollte, unter­nahm er nicht einmal den Versuch, uns dort rauszukriegen, was meiner Mutter, soweit es ihn anging, schließlich den Rest gegeben hat. Ich werde ihn eines Tages besuchen gehen müssen, und sei es nur, weil ich nicht so verbohrt sein werde wie er. Eines Tages werde ich ihn mir einfach schnap­pen und versuchen, zu ihm durchzudringen, ob es ihm passt oder nicht.“

      „Er hat nicht wieder geheiratet?“

      „Nicht dass ich wüsste. Ich kann mir nicht einmal vorstellen, dass er sich genug zusammenreißt, um eine andere Frau zu finden. Er wird eher ver­bittert bleiben und sich selbst bemitleiden. Es ist eine Schande. Was mich anbelangt, hätte ich ihn gerne hier. Er ist ein Gärtner, er könnte sich um das Anwesen kümmern und er würde es gerne tun, wenn er wirklich ehr­lich zu sich selbst wäre. Und ich würd’ wirklich drauf steh’n, wenn er ein­fach hier leben und sich um alles kümmern würde.“ (Zehn Jahre später gliederte Keith seinen Vater tatsächlich wieder der Familie ein, allerdings ohne vorgetäuschtes Gefühl von beiden Seiten. Als Bert Richards 1983 in Keiths Haus auf Jamaika ein Telefo­nat entgegennahm, sagte der anrufende Freund: „Sie müssen sehr stolz auf ihn sein.“ – „Na ja …“, meinte sein Vater, der sich nicht festlegen wollte.)

      „Wie war deine Einstellung zur Schule?“

      „Ich wollte verdammt noch mal nichts wie raus. Je älter ich wurde, desto mehr wollte ich weg. Ich wusste einfach, dass ich es nicht schaffen würde. In der Primary School hatte man nicht allzuviel zu tun, aber als ich später diese verdammte Technical School in Dartford besuchte, war die Gehirnwäsche ganz offensichtlich. Vom fünften bis zum siebten Lebens­jahr ging ich in die Primary School, die erste Stufe der Grundschule, die zumindest damals in England ‚Kinderschule‘ genannt wurde. Als ich gleich nach dem Krieg eingeschult wurde, lehrten sie die grundlegenden Dinge, aber hauptsächlich war es eine Indoktrination, wer zu wem ja zu sagen hatte und wie man sich in die Klasse einfügen sollte. Darauf hat man sich also für die nächsten zehn Jahre eingelassen. Mit sieben geht man dann in die Junior School. Dort, in der Wentworthschule, habe ich Mick kennen­gelernt. Er wohnte zufällig in der Nähe und wir haben einander oft in der Nachbarschaft gesehen … auf unseren Dreirädern. In der Junior School werden die Kids jedes Jahr in drei Gruppen eingestuft – schnelle, durch­schnittliche und langsame. Mit elf machst du eine Prüfung, die ‚Elf-Plus‘ heißt und ein großes Trauma darstellt, weil sie tatsächlich den Rest deines Lebens bestimmt, soweit es das System betrifft. Heutzutage ist wahrscheinlich mehr Psychologie im Spiel, aber damals wollten sie nur sehen, wieviel man gelernt hatte und ob man es niederschreiben konnte. Das entschied dann darüber, ob man in die Grammar School ging, wo man eine Art semiklassischer Ausbildung für die

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