The Rolling Stones. Stanley Booth

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The Rolling Stones - Stanley Booth

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schwertun. Die Schule für jene Kinder, die kaum Chancen haben, etwas anderes zu tun, als sich als Arbeiter oder Hilfsarbeiter ihr Brot zu verdienen, nennt man Secondary Modern. Für diejenigen, die das Geld dafür hatten, gab es noch jede Menge privater Internate, aber das war das staatliche Aus­bildungssystem. Nach meinem elften Lebensjahr verlor ich den Kontakt zu Mick, da er in eine Grammar School ging und ich die Technical School besuchte. Ich verlor ihn aus den Augen – für ungefähr sechs Jahre, was mir lange vorkam.“ Keith Richards, der jüngste der originalen Rolling Stones, wurde am 18. Dezember 1943 geboren. Michael Philip Jagger erblickte im selben Jahr und in derselben Stadt, Dartford, am 26. Juli das Licht der Welt. Mit vier Jahren war Micks Mutter von Australien, wo sechs Generationen ihrer Fa­milie gelebt hatten, nach Dartford gekommen. „Die Frauen in meiner Fa­milie sind nach Australien gegangen, um von den Männern wegzukom­men“, sagte sie. Sie heiratete Joseph Jagger, einen Turnlehrer, der aus einer streng antialkoholisch eingestellten nordenglischen Baptistenfamilie nach Dartford gekommen war. Von frühester Jugend an war ihr Sohn Michael an Leichtathletik und am Geldverdienen interessiert.

      „Als ich zwölf Jahre alt war“, sagte Mick, „habe ich auf einem ameri­kanischen Armeestützpunkt in der Nähe von Dartford gearbeitet und an­deren Kindern Turnunterricht gegeben – weil ich gut darin war. Ich musste ihre Spiele lernen, also habe ich Football und Baseball gelernt, all die ame­rikanischen Spiele. Es gab da einen schwarzen Typen namens José, einen Koch, der mir R&B-Platten vorspielte. Das war das erste Mal, dass ich schwarze Musik hörte. Es war in der Tat mein erstes Zusammentreffen mit amerikanischem Gedankengut. Sie begruben eine Flagge, ein Stück Stoff, mit allen militärischen Ehren. Ich fand das lächerlich und sagte es auch. Sie fragten: ‚Wie würdest du es empfinden, wenn wir etwas über die Queen sagen würden?‘ Ich antwortete: ‚Es wäre mir egal, ihr würdet ja nicht über mich reden. Der Queen würde es vielleicht etwas ausmachen, mir nicht.“

      Wir unterhielten uns an vielen verschiedenen Orten – bei Filmdrehs, in Motelzimmern, in Flugzeugen, in Micks Haus am Cheyne Walk, während Marsha Hunt, die afroamerikanische Schauspielerin, mit Micks erstem Kind schwanger war und ihren Busen unter einem indischen Hippiekleid mit Klebeband befestigt hatte und auch im nur ein paar Schritte entfernten Haus wohnte, das Keith in London gehörte.

      „Diese Technical School war das komplett falsche Ding für mich“, sagte Keith. „Mit den Händen arbeiten, mit Metall arbeiten. Ich kann nicht ein­mal ordentlich ein Inch abmessen und die zwangen mich, eine Reihe von Löchern zu bohren, auf ein Tausendstel Inch genau. Ich habe getan, was ich konnte, damit sie mich rauswarfen. Ich habe vier Jahre gebraucht, aber ich habe es geschafft.“

      „Du wolltest hinausgeworfen werden? Indem du geschwänzt hast?“

      „Das nicht so sehr, denn dafür tun sie dir zuviel an. Es erschwert das Leben. Ich wollte es mir leichter machen. Damals brach gerade der Rock ’n’ Roll über die Szene herein, und das spielte auch eine gravierende Rolle in meiner Entscheidung. Die erste Rock ’n’ Roll-Platte, auf die ich echt ab­gefahren bin, war ‚Heartbreak Hotel‘.“

      „Hast du den Film ‚Blackboard Jungle‘ gesehen?“

      „Yeah, das war die erste Teddy-Boy-Szene mit Sesselzertrümmern. Ich war damals sehr jung. Ich absolvierte also das erste Schuljahr, das zweite, das dritte, und am Ende des dritten Jahres hatte ich so viel Mist gebaut, dass ich es wiederholen musste; sie wollten mir eins auswischen. Ich hab’ also das dritte Jahr wiederholt, dann das vierte absolviert, und am Ende des vierten Jahres – alle anderen waren schon mit dem fünften fertig – trieb ich es so auf die Spitze, dass sie mich endlich rauswarfen – wobei der Höhe­punkt eine ganze Serie von Schwänzereien war, die sie sich von mir nicht bieten ließen. Es ging darum, dass ich immer viel zu früh von der Schule abhaute und generell immer das genaue Gegenteil darstellte von dem, was ihren Anforderungen entsprochen hätte. Ich trug zum Beispiel immer zwei Paar Hosen zur Schule – eine, die sehr eng war und eine weit geschnitte­ne, die ich überzog, sobald ich mich der Schule näherte, weil sie dich mit engen Hosen wieder heimschickten. An den englischen Schulen musste man die Schul-Uniform tragen. Die Kappe, ein sehr eigenartiges Ding, wie eine Schädeldecke mit Zipfel dran und dem Schulabzeichen vorne drauf. Und einen dunklen Blazer mit einem Aufnäher auf der Brusttasche, dazu eine Krawatte und graue Flanellhosen. Ich weigerte mich, den Schulweg in diesen verdammten Klamotten zurückzulegen. Aber bei meinem Hin­auswurf besorgten sie mir als eine letzte wohltätige Geste einen Platz an der Kunstschule.“

      Das war das Beste, was die Schulverwaltung überhaupt für Keith tun konnte, „weil die Kunstschulen“, so fährt er fort, „in England sehr abge­treten sind. Die Hälfte der Lehrer arbeitet sowieso in Werbeagenturen und um der Kunst und des Extraverdienstes willen unterrichten sie viel­leicht einen Tag in der Woche. Freaks, Säufer, Kiffer. Außerdem gibt’s viele Kids. Ich war fünfzehn, viele Kids waren mit neunzehn im letzten Jahr. In den Kunstschulen ist in puncto Musik ziemlich viel los. Dort verfiel ich auch der Gitarre, weil es viele Gitarristen gab, die alles von Big Bill Broonzy bis Woody Guthrie gespielt haben. Ich fuhr auch auf Chuck Berry ab, obwohl ich das typische Kunstschulenzeugs gespielt habe, den Guthrie-Sound und den Blues. Nicht wirklich Blues, meist Balladen und Material von Jesse Fuller. In der Kunstschule lernte ich Dick Taylor, einen Gitarristen, kennen. Er war der erste Typ, mit dem ich spielte, etwas Blues und Chuck-Berry-Nummern auf Akustikgitarren, und damals hatte ich dann auch einen ersten kleinen, mistigen Verstärker. Es gab da noch einen anderen Typen namens Michael Ross in der Kunstschule, der eine Country-&-Western-Band gründete – echte Liebhaber, die Nummern von Sanford Clark und ein paar Songs von Johnny Cash spielten, ,Blue Moon Of Kentucky’. Das erste Mal, dass ich eine Bühne betrat und spielte, das war mit dieser C&W-Band. Ich erinnere mich an einen Auftritt bei einem Sport-Tanzfest in Eltham, nahe Sidcup, wo die Kunstschule war.“

      Mit fünfzehn verließ er also die Technical School. „Drei Jahre lang be­suchte ich die Kunstschule. Ich stand gerade am Anfang meines letzten Jahrs, als Mick und ich einander zufällig im Zug an der Dartford-Station trafen. Zwischen elf und siebzehn verändert man sich ziemlich stark. Ich hatte also keine Ahnung, wie er sein würde. Es war so, als träfe man einen alten Freund, lernte aber gleichzeitig einen neuen Menschen kennen. Er hatte die Grammar School verlassen, besuchte die London School of Economics und machte schwer auf Studententyp. Er hatte ein paar Platten dabei und ich fragte: ‚Was hast ’n da?‘ Es stellte sich als Chuck Berry heraus, ‚Rocking At The Hop‘. Er sang im Bad Sachen, die er etliche Jahre zuvor mit einer Rockband gebracht hatte, ,Sweet Little Sixteen‘, Stücke von Buddy Holly und Eddie Cochran, in Jugendclubs in Dartford, aber als ich ihn traf, hatte er das schon eine Zeitlang nicht mehr gemacht. Ich erzählte ihm, dass ich mit Dick Taylor herumspielte. Dabei kam heraus, dass Mick Dick Taylor von der Grammar School her kannte. Na prima, warum tun wir uns dann nicht einfach alle zusammen? Eines Abends sind wir dann zu Dick gegangen und haben geprobt, einfach eine Jam Session gemacht. Das war das erste Mal, dass wir miteinander gespielt haben. Nur Zeug fürs Hinterzimmer, nur für uns selbst. Wir begannen also, was auf die Beine zu stellen, in Vorderzimmern und in Hinterzimmern und vor allem bei Dick Taylor zu Hause. Wir spielten Sachen von Billy Boy Arnold, ,Ride An Eldorado Cadillac‘, von Eddie Taylor, Jimmy Reed. Ich glaube nicht, dass wir uns in dieser Phase schon an Muddy Waters oder Bo Diddley versucht haben. Mick machte mich mit einer Menge Sounds vertraut, die ich noch nicht gehört hatte. Er hatte Platten von Ernie’s Re­cord Mart importiert.“

      „Damals war traditioneller Jazz das große musikalische Ding für die jungen Leute – „einiges davon ziemlich funky, manches ziemlich flau und das meiste davon sehr, sehr flau. Rock ’n’ Roll war bereits in Richtung Pop abgedriftet, weil die Massenmedien jeden bedienen müssen. Die Musik war nicht segmentiert, so dass die Kids sich eine einzelne Radiostation hät­ten anhören können. Alles kam in einen Topf und verdickte sich schließ­lich zu dem, was der Durchschnittsmensch hören will, und das ist durch­schnittlicher Schrott. Wie auch immer – es kam damals keine gute Musik aus dem Radio, es gab keine gute Musik von den sogenannten Rock ’n’ Roll-Stars. Es gab rein gar nichts. Ungefähr zur gleichen Zeit kriegen Mick und ich die Sache mit Dick Taylor auf die Reihe, versuchen herauszufin­den,

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