Die Belagerung von Krishnapur. James Gordon Farrell

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Die Belagerung von Krishnapur - James Gordon Farrell

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Sorge«, sagte Burlton herablassend; er war schon fast ein Jahr in Indien und nicht mehr ganz so ein Griffin wie Fleury. »Jack Sepoy mag in der Lage sein, wehrlose Leute niederzumetzeln, aber richtigem Schneid hält er nicht stand.«

      »Wann war das alles?«

      »Was haben wir heute? Dienstag. Es war Sonntagabend.«

      Ford hatte derweilen das Interesse an Meerut verloren, aber von Burlton konnte Fleury in etwa erfahren, was geschehen war. Zwei Eingeborenenregimenter der Infanterie hatten ihre Offiziere erschossen und offen revoltiert; bald hatten sich die badmashes* aus dem Basar hinzugesellt und waren plündernd über das britische Kantonnement hergefallen. Während des Ausbruchs der Unruhen waren die britischen Truppen zur Kirchenparade gewesen. Am Ende hatten sie den Aufstand niederschlagen können, aber die Meuterer waren mit den Feuerwaffen entflohen. Die Telegraphendrähte waren gekappt worden, kaum dass die erste Nachricht von den Ereignissen eingetroffen war, aber es kursierten alle möglichen grausigen Gerüchte. Krishnapur lag fast fünfhundert Meilen von den Unruhen entfernt. Dennoch, Nachrichten verbreiteten sich in Indien auch ohne Telegraphen in Windeseile … man brauchte nur an die Geschwindigkeit zu denken, mit der sich die Chapatis verbreitet hatten. Was niemand wusste, war, ob die in Captainganj stationierten Sepoys dem Beispiel folgen und das Kantonnement von Krishnapur angreifen würden.

      »Ant! Monkey! Simkin her, aber dalli!«

      »Natürlich wissen sie es schon, kann gar nicht anders sein«, sagte Burlton. »Es haut mich um, Rayne, wie diese verflixten Eingeborenen eher davon hören konnten als ich. Heute Morgen habe ich mitgehört, wie die Babus* im Büro des Magistrate über Meerut redeten. Sie sagten, die rebellierenden Sepoys seien auf dem Marsch nach Delhi, und bald würde das Mogulreich wiederauferstehen.«

      »Wers glaubt, wird selig! Die Leute wissen, wo es ihnen gut geht. Das würden sie nicht zulassen.«

      »Nun ja, sie schienen zu glauben, dass es so kommen kann. Sie wollten wissen, wer die zweiundfünfzig Rajas sind, die sich versammeln würden, um den Kaiser auf den Thron zu heben.«

      Aber Rayne und Ford waren an Burltons Hirngespinsten nicht interessiert, und Ford sagte vernichtend: »Das Erste, was man in Indien lernt, Burlton, ist, nicht auf den verdammten Unsinn zu hören, den die Eingeborenen immer verzapfen.« Woraufhin der arme Burlton vor Scham errötete und Fleurys Blick mied.

      Inzwischen hatte sich Fleury an die Dunkelheit gewöhnt und konnte erkennen, dass Ford ein Mann mit groben Gesichtszügen um die vierzig war; trotz seines geringeren gesellschaftlichen Status als Ingenieur hatte er Rayne und Burlton eindeutig im Griff. Ford sagte unangenehm: »Vielleicht wird Mr. Fleury uns erzählen, was er darüber denkt, wo er doch so viele Busenfreunde unter den ›hohen Tieren‹ in Fort William hat.«

      »Also, was ich denke, ist Folgendes«, begann Fleury … doch was er dachte, wurde nie enthüllt, denn in diesem Moment sprangen seine Gesprächspartner plötzlich auf. Vor Schreck sprang auch Fleury auf; nach dem ganzen Gerede über Meuterei lagen seine Nerven blank. Aber es waren nur die beiden Ladies, die den Raum betraten.

      »Was für ein widerwärtiges Geschöpf!«, rief Mrs. Rayne aus, ein reizendes Lächeln auf dem Gesicht.

      »Wie bitte?«

      »Oh, Burlton. Würde es Ihnen etwas ausmachen, dem kleinen Wichtelmann zu sagen, dass er frischen simkin für die Ladies bringen soll?«

      »Haben Sie nicht von der Frau im dak bungalow gehört, Mr. Fleury, eine Engländerin, die sich schändlich benommen hat? Wie ich höre, war der Padre schon mehrfach draußen, um sie zur Vernunft zu bringen.«

      »Kann man dieses liederliche Mädchen nicht wegschicken?«, fragte Mrs. Ross. »Sie kann doch nicht ewig im dak bungalow bleiben. Und das Recht, in der Gesellschaft tugendhafter Frauen zu leben, hat sie endgültig verwirkt.«

      »Ist es denn wahr, Sophie«, stichelte Ford, »dass

      ›… alles Leid ein Recht auf Tränen hat im Lande,

      nur nicht der gefehlten Schwester Schande‹?«*

      Ford hatte seinen Sessel näher an den von Mrs. Ross gezogen und seine lethargische Haltung aufgegeben.

      »Wie sehr wünschte ich mir, Florence hätte ein Klavier«, jammerte Mrs. Ross, abrupt das Thema wechselnd. »Meine Finger brennen regelrecht darauf, zu spielen. Ich fürchte, Mr. Fleury wird in Krishnapur gar wenig von den Annehmlichkeiten der Zivilisation finden, habe ich recht?« Mit weit geöffneten Augen sah sie Fleury fragend an.

      »Also«, begann Fleury, aber wieder wurde er unterbrochen, diesmal durch etwas, was wie ein tobender Tornado auf der Veranda und der zu ihr hinaufführenden Holztreppe war. Ein solches Krachen und Rumsen erschütterte das Haus, dass die Gentlemen auffuhren und zu den mit Luftschlitzen versehenen Flügeltüren strebten, um nach dem Rechten zu schauen. Doch kaum hatten sie ein paar Schritte getan, da flogen die Türen auf und ein junger Offizier, den Fleury sofort als Leutnant Cutter erkannte, ritt wild um sich blickend, schreiend und einen Säbel schwingend auf dem Rücken eines Pferdes in den Raum. Die Ladies fassten sich an die Brüste und wussten nicht, ob sie vor Angst oder vor Lachen kreischen sollten, als Cutter, sein Gesicht genauso rot wie seine Uniform, das sich sträubende Pferd in den Raum trieb und auf ein leeres Sofa zuhielt. Mit einem Satz ging es drüber, glatt wie ein Zirkuspony, und landete, rutschend, mit dröhnendem Gepolter auf der anderen Seite. Cutter machte kehrt, köpfte säbelschwingend eine eingetopfte Geranie, wendete sein Pferd und trieb es erneut auf das Sofa zu. Aber diesmal verweigerte das Tier und Cutter glitt, immer noch den Säbel in der Hand, vom Pferderücken auf den Boden. »Ergeben Sie sich, Sir?«, bellte er ein Kissen auf dem Sofa an, den Arm zum Stoß bereit zurückgezogen.

      »Ja, es ergibt sich!«, kreischte Mrs. Rayne.

      »Nein, es fordert Sie heraus«, rief Ford.

      »Dann sterben Sie, Sir!«, schrie Cutter und stürzte das Kissen aufspießend vorwärts, wobei er im Eifer des Gefechts an einem Teppich hängenblieb und infolgedessen in einem Wirbelwind von Federn auf den Boden stürzte.

      »Das ist nur ein Scherz«, erklärte Burlton Fleury, der ob dieser jüngsten Entwicklung ebenso erstaunt wie erschüttert war. »Der führt immer was im Schilde. Was für ein Clown er ist!«

      »Wer ist dieser Griffin?«, schrie Cutter, während er sich von dem Teppich, in dem er sich mit den Sporen verhaspelt hatte, freikämpfte. »Wer ist dieser Milchbart? Ergeben Sie sich, Sir?« Und den Säbel erneut zurückziehend, schien er drauf und dran zu sein, Fleury zu durchbohren.

      »Ja, er ergibt sich!«, riefen alle außer Fleury, der einfach nur dastand, zu verwirrt, um zu sprechen, während die Säbelspitze über die Knöpfe seiner Weste patrouillierte.

      »Oh, dann ist es ja gut«, sagte Cutter. »Nein danke, Rayne, Ihren Kalkutta-Champagner können Sie behalten. Ich trinke nur Todd and James, mein Pferd trinkt diesen Dreck. Monkey, bring mir Brandy-pawnee*.« Aber Monkey wusste offenbar, was Leutnant Cutter schmeckte, denn er eilte bereits mit einem Tablett herbei.

      »Trinkt Beeswing wirklich simkin?«, wollte Mrs. Rayne nun wirklich wissen, denn wie es schien, hatte Cutter seinem Pferd den Namen der gefeierten Kalkutta-Stute gegeben. Sogleich sprang Cutter, der matt auf das federbestreute Sofa gesunken war, indem er Stiefel und Sporen über das Ende baumeln ließ, mit einem Brüllen wieder auf, und nun kannte er nichts mehr: Beeswing, der die ganze Zeit geduldig am Fenster gestanden hatte, gelegentlich den Kopf senkend, um versuchsweise den Perserteppich unter seinen Hufen abzufressen, musste sich der

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