Pink - 2 Gesichter. Paul Lester

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Pink - 2 Gesichter - Paul Lester страница 6

Pink - 2 Gesichter - Paul  Lester

Скачать книгу

Balladen gerettet. Besonders der beeindruckende Synthie-Bass-Sound der letztgenannten Nummer, der durchgehend hörbar ist, könnte auch von einem alten Acid-House-Track stammen.

      Der herausragende Song auf Pinks Debüt aber war zweifellos der Titeltrack, ein kleines Space-Disco-Meisterwerk mit zahlreichen Dubs und Post-Jungle-Rhythmen. Das Bild der Liebe als einer Krankheit nähert sich beinahe schon einem Elvis Costello auf dem Höhepunkt seines Selbstmitleids an, jedoch präsentiert sich Pink als eine außerordentlich selbstsichere junge Frau: „You should have thought about that before you fucked me“, singt sie, obwohl auf der ersten Fassungen „Kraftausdrücke“ gelöscht wurden. Der Höhepunkt des Stücks wird mit der Aussage „It’s a Pink thing“ erreicht. Hier kommt die Künstlerin im Zentrum ihres eigenen Universums an. Mit den Möglichkeiten des modernen Multi-Track-Aufnahmeverfahrens singt sie Harmonien zu ihrem Gesang und wirkt wie die ungezogene, solipsistische Herrscherin des 21. Jahrhunderts. Der Track stellt das künstlerische Zentrum eines superben Debüts dar, das seine Wirkung durch einen auf Hochglanz polierten Nightclub-Pop entfaltet.

      Can’t Take Me Home präsentierte ein aufregendes, neues Talent und half Pink dabei, einen festen Platz auf der musikalischen Weltbühne zu finden. Es war der erste Schritt zu einer Karriere, während der sie bisher international 30 Millionen Alben absetzen und sich zu einem der größten Popstars des Planeten emporarbeiteten sollte.

      Es wäre wohl schwer vorstellbar gewesen, wenn die Presse damals enthüllt hätte, dass Pink nur fünf Jahre zuvor mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden einer schäbigen Disco lag und nach einer Nacht des Drogenexzesses auf den Tod wartete. Denn im Jahr 2000 symbolisierte sie positives Denken und Selbstkontrolle und nur ein Idiot hätte darauf gewettet, dass sich innerhalb der nächsten Dekade etwas daran ändern würde.

      Im August des Jahres kam „Most Girls“ als zweite Single des Debüts auf den Markt. Der Song erklomm den vierten Platz der Billboard Hot 100 Single-Charts und erlangte Platin. Zusammen mit „Get The Party Started“ war es Pinks höchste Chartposition in den USA, bis dann die Single „So What“ 2008 den ersten Platz eroberte. „Most Girls“ zählt zu den größten Hits von Pink in Australien, wo das Stück auf Platz 1 kam und mit Platin ausgezeichnet wurde. Als letzten Song koppelten die Verantwortlichen „You Make Me Sick“ von dem Debüt aus. Der Track erreichte seine Höchstnotierung mit dem 33. Platz in den Billboard-Charts und konnte sich in Großbritannien die Nummer neun sichern. Die Single wurde von den Kritikern unterschiedlich aufgenommen und lief auch nicht so häufig im Radio wie die Vorgänger. Ein Journalist stellte die gewagte These auf, dass die Veröffentlichung gleichbedeutend mit kommerziellem Suizid sei, und wagte darüber hinaus noch die Vorhersage, dass der Song sich in Nichts auflösen würde. Trotz aller Unkenrufe erreichte er jedoch eine Platzierung unter den Top 10 Großbritanniens. Damit konnte Pink drei aufeinander folgende Singles in den Charts landen. Das Video zum Song präsentierte die Sängerin in einer Vielzahl von Posen – auf dem Knie des Weihnachtsmanns sitzend und bedeckt von Blütenblättern, ähnlich wie in einer Szene des Films American Beauty. Es wurde eine Woche vor ihrem Australienbesuch Ende 2000 gedreht. Regie führte Dave Meyers, mit dem sie auch schon bei den ersten beiden Videos des Debüts zusammengearbeitet hatte. Obwohl sich die Nummer in Australien nicht so gut wie die Vorgänger durchsetzen konnte, ereichte sie einen respektablen 25. Platz, verkaufte 35.000 Einheiten und wurde mit Gold geehrt.

      Trotz der Tatsache, dass sich Can’t Take Me Home zu einem Sprungbrett für ihre Karriere entwickelte, distanzierte sich Pink später von dem Werk. Für sie war es eine Produzentenarbeit, der Triumph eines cleveren Marketings und nicht der autonome „Erstschlag“, den sie sich so gerne gewünscht hätte.

      „LA Reid hat mein erstes Album fast ausschließlich allein zusammengeschustert“, erzählte sie dem Bang-Magazin. „Ich hatte nicht viel zu sagen, keinen großen Einfluss.“ Pink ärgerte besonders das Gefühl, dass die Musik ihrer Persönlichkeit nicht gerecht wurde. „Ich hasse und liebe es“, kommentiert sie das Debüt. „Diese Zeit war so beschissen.“

      Pink ist für ihre außergewöhnliche Frauen-Power bekannt, jedoch ermutigte man sie dazu, zeitgleich zur Veröffentlichung gesellschaftliche Umgangsformen zu erlernen und ein Medientraining zu absolvieren. Doch sie erstickte solche Bestrebungen schon im Keim.

      „Die haben meine Persönlichkeit im Marketing eingesetzt, wollten aber danach, dass ich ‚Benimmunterricht‘ nehme, für die Medien gecoacht werde und all diesen Scheiß“, erzählte sie dem Observer Magazine. „Meine Antwort bestand in einem klaren ‚Nein‘ zum Benimmunterricht, denn das wäre einer Beleidigung meiner Mutter gleichgekommen. Ich habe ein bisschen Medien-Coaching gemacht, aber der Typ ist abgehauen. Er meinte: ‚Ich kann ihr nicht helfen.‘ Sie wollten mir beibringen, diplomatisch zu sein, den Journalisten die Antworten zu geben, die ihnen gefallen, woraufhin ich entgegnete: ‚Würdet ihr nicht lieber die Wahrheit hören?‘ Ich kann einzig und allein meine Gefühle ausdrücken und darüber reden.“

      Es dauerte auch nicht mehr lange, bis sich Pink von ihren Ketten losreißen und der Welt das Gesicht hinter der Maske zeigen sollte.

A_Section1.jpg

      Eine Aufnahme für The Face, Juni 2002. (LEE JENKINS/CORBIS OUTLINE)

B_Section1.jpg

      Pink auf der Bühne, um 2000 herum. (CHRISTINA RADISH/REDFERNS)

C_Section1.jpg

      Das Video-Shooting 2001 für „Lady Marmalade“. V. l. n. r.: Lil’ Kim, Pink, Mýa und Christina Aguilera. (KEVIN MAZUR/WIREIMAGE)

4-pink_kapitel-2.png

      „Alle Mädchen, die in den letzten Jahren bekannt geworden sind, wurden in denselben Topf geworfen. Ich will nicht, dass Leute mich in diesen Topf schmeißen.“

      Falls Pinks Intention darin bestand, sich von den anderen Künstlerinnen des Femme-Pop abzuheben, sich differenziert darzustellen und ihre Einzigartigkeit zu beweisen, erreichte sie das ironischerweise mit einer Single, auf der sie zusammen mit drei Kolleginnen sang.

      Im April 2001 nahmen sie für den Soundtrack zum Film Moulin Rouge! eine Coverversion von Labelles Smash-Hit „Lady Marmalade“ aus dem Jahr 1975 auf. Mit dabei waren Christina Aguilera (die sie später in der Presse heftig kritisieren sollte), die Rapperin Lil’ Kim und die R’n’B-Sängerin Mýa. Der Hit aus der Zeit der beginnenden Disco-Ära wurde von Bob Crewe (der viele Evergreens der Four Seasons mitkomponierte) und Kenny Nolan geschrieben. Die beiden hatten zuvor schon bei der Hit-Ballade „My Eyes Adore You“ von Frankie Valli miteinander gearbeitet. „Lady Marmalade“ ist besonders durch den sexuell suggestiven „Voulez-vous coucher avec moi (ce soir)?“-Refrain bekannt geworden. Als die Nachwuchssängerin Leona Lewis den Titel bei der britischen TV-Talentshow The X Factor präsentierte, hörten die Zuschauer die Zeile „Voulez-vous chanter avec moi (ce soir)?“ [ugs.: „Möchtest Du mit mir singen“, anstatt: „Möchtest Du mit mir schlafen“, wie der ursprüngliche Text lautet]. Für welche Textversion sich Pink und ihre Truppe entschieden haben, ist klar – natürlich für die originale, unzensierte Fassung!

      Produziert von den Hip-Hop-Künstlern Rockwilder und Missy Elliott (die auch als MC auf dem Intro und dem Outro ihren Beitrag leistet), konnte die neue Version von „Lady Marmalade“ in 15 Ländern den ersten Platz der Charts erreichen, darunter Neuseeland, Großbritannien, Australien und die USA. In den Staaten konnte sich der Song fünf Wochen lang auf der ersten Position der Billboard Hot 100 halten (vom 26. Mai bis zum 30. Juni 2001) – und das alles trotz der Tatsache, dass die britische Girl-Group All Saints

Скачать книгу