Thriller Spannung 2021: 13 Urlaubs-Krimis auf 1527 Seiten. A. F. Morland
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11.
Joan MacLaren saß vor dem Spiegel und bürstete ihr Haar. Sie starrte ihr Ebenbild an und verzog das Gesicht. Die ersten Falten zeigten sich. Sie wurde nicht jünger. Es wurde Zeit, eine Entscheidung zu treffen.
Sie hielt erschrocken inne, als das Klingeln des Telefons sie aus ihren Gedanken riss. Wer konnte das jetzt noch sein? Um diese Zeit hatte früher höchstens Kevin angerufen, um ihr mitzuteilen, dass er noch irgendwo aufgehalten wurde. Aber im Untersuchungsgefängnis würde man ihm das kaum erlauben. Sie lächelte.
Sie erhob sich, schlenderte zum Nachttisch hinüber und nahm den Hörer ab. „Ja?“
Sie erkannte die leise drängende Stimme am anderen Ende sofort.
„Hör zu, da ist etwas passiert, das unsere Pläne beeinflussen kann. Ich muss wissen, ob dein Mann jemanden mit der Aufklärung seines Falles beauftragt hat. Das ist sehr wichtig.“
Sie tat erstaunt. „Die Polizei beschäftigt sich ausführlich mit dieser Angelegenheit. Und der Staatsanwalt auch, nehme ich an. Aber das solltest du eigentlich wissen.“ Sie lachte leise.
„Das meine ich nicht.“ Seine Stimme wurde beschwörend. „Kümmert sich ein Außenstehender um Kevin? Gibt es jemanden, der außerhalb der offiziellen Stellen Ermittlungen anstellt?“
Joan runzelte die Stirn. „Er hat natürlich seinen Anwalt. Dr. Highwood. Das ist ein alter Schulfreund, der seine Verteidigung übernehmen will. Aber das ist doch ganz normal. Ich verstehe nicht, wieso du so daran interessiert bist.“
Die fremde Stimme unterbrach sie ungeduldig. „Ich weiß, dass er einen Anwalt hat. Aber gibt es außer ihm jemanden? Das muss ich herauskriegen.“
Joan zögerte einen Moment und dachte nach. Die Sache erschien ihr mysteriös. „Mir ist nicht bekannt, dass außer seinem Anwalt noch jemand für ihn arbeitet. Delmonte vielleicht?“
Der Mann am anderen Ende lachte. „Nein, der bestimmt nicht!“
„Wenn du schon so genau Bescheid weißt, warum fragst du mich dann noch?“
„Nun sei nicht gleich beleidigt. Ich bitte dich nur um eine kleine Gefälligkeit.“
„Diese Gefälligkeiten kenne ich. Na schön, was soll ich für dich tun?“, fragte Joan MacLaren mit sarkastischem Unterton.
„Geh morgen zu deinem Mann und frage ihn, ob er selbst irgendjemanden beauftragt hat. Du musst es aber so geschickt anstellen, dass er nicht argwöhnisch wird.“
„Danke für die Belehrung. Ich weiß, wie ich mit meinem Mann umgehen muss. Ich bin schließlich schon ein paar Jahre mit ihm verheiratet.“
Wieder ertönte ein leises Lachen. „Hoffentlich nicht mehr allzu lange!“
„Das lass nur meine Sorge sein!“ Wütend knallte sie den Hörer auf die Gabel.
Sie setzte sich wieder vor den Spiegel und versuchte, sich zu beruhigen. Ihre Hände zitterten leicht. Sie streckte sie aus und betrachtete die schlanken Finger. Dann blickte sie wieder in den Spiegel. Noch war sie schön, und die Männer drehten sich auf der Straße nach ihr um. Aber schon jetzt mussten die Erzeugnisse der kosmetischen Industrie in erheblichem Maße dazu beitragen. Eines nicht allzu fernen Tages würde es auch damit vorbei sein. Und bis dahin musste sie erreicht haben, dass es darauf nicht mehr ankam.
––––––––
12.
Steve McCoy blickte an der Fassade des Hauses hinauf. Es lag in einem guten Viertel und sah noch relativ neu aus. Hier also wohnte Kevin MacLaren, von Beruf Politiker und zurzeit unter Mordverdacht Untersuchungsgefangener der Stadt New York.
Steve war schon früh hergekommen. Er hoffte, MacLarens Frau anzutreffen, ehe sie das Haus verließ. Denn mit ihr musste er unbedingt sprechen. Er studierte die Tafel mit den Namen der Mieter und ließ sich dann vom Lift nach oben tragen.
Er drückte auf die Klingel, und es dauerte fast dreißig Sekunden, bis sich die Tür langsam öffnete. Es war nicht Joan MacLaren, die ihm öffnete. Delmontes käsiges Gesicht sah ihm ängstlich entgegen.
„Wir kaufen nichts“, sagte er missmutig.
Steve machte einen Schritt nach vorn und legte eine Hand auf die Tür.
„Ich will Ihnen nichts verkaufen.“ Er drückte Delmonte mit Leichtigkeit von der Tür weg und drängte in die Wohnung.
„He! Was erlauben Sie sich? Verlassen Sie sofort diese Wohnung!“ Delmonte gab sich empört, konnte seine Furcht aber nicht verbergen. Er war das personifizierte schlechte Gewissen. Ohne weitere Gegenwehr trat er zurück und ließ Steve McCoy nähertreten.
Steve beschloss, gleich aufs Ganze zu gehen. Mit Überraschung und Einschüchterung kam man bei diesen Typen am weitesten.
„Sind Sie allein?“
Delmonte nickte überrascht. „Ja. Mister MacLaren ist – äh ...“
„Ich weiß, wo er ist. Und seine Frau?“
„Sie ist bei ihm. Sie ist heute schon sehr früh zu ihm gefahren. Und sonst ist niemand hier. Was wollen Sie denn von mir?“
Steve betrachtete ihn abschätzend, und der andere wurde nervös.
„Verdammt noch mal, so antworten Sie doch endlich. Das ist Hausfriedensbruch!“
Plötzlich schien ihm eine Idee zu kommen, und er wurde ganz kleinlaut. „Polizei?“, fragte er leise.
Steve antwortete nicht und ging ins Wohnzimmer. Er stellte sich ans Fenster und blickte auf die Straße hinunter.
„Mister Delmonte, Sie haben merkwürdige und außerdem gefährliche Bekannte“, bemerkte er sanft.
Er spürte, dass der andere den Atem anhielt.
„Wie meinen Sie das?“
Steve fuhr herum. „Lassen Sie das alberne Spiel. Wer hat Sie beauftragt, die grüne Mappe aus MacLarens Unterlagen zu nehmen, und wie viel haben Sie dafür bekommen? Diese Papiere sind in den falschen Händen ein weiterer Beweis für MacLarens Schuld, das ist Ihnen doch klar? Also? Antworten Sie!“
Delmonte wurde wachsbleich. Auf seiner Stirn bildeten sich Schweißperlen. Er wich langsam zurück, bis er sich an einem Tisch festhalten konnte.
„Ich weiß nicht, wovon Sie reden“, flüsterte er.
Steve McCoy trat einen Schritt auf ihn zu und packte ihn an den Aufschlägen. „Sie wissen sehr genau, wovon ich rede. Gestern Abend haben Sie eine bestimmte Mappe an zwei Typen übergeben, die man unschwer als Gangster übelster Sorte erkennen konnte. Dafür haben Sie einen