Die Anfänge Roms. Harald Haarmann

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Die Anfänge Roms - Harald Haarmann marixsachbuch

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       Appendix I: Vorrömische (altmediterrane) Sprachen im Mittelmeerraum

       Appendix II: Etruskische Lehnwörter im Lateinischen nach Sinngruppen

       Appendix III: Register der etruskischen Entlehnungen im Lateinischen

      »Der kulturelle Einfluss der Etrusker auf Italien überschreitet […] die territorialen und historischen Grenzen National- Etruriens bei weitem […]; die römische Kultur hat er so durchdrungen, dass er am Ende das etruskische Volk als historische und sprachliche Wirklichkeit überlebte«

      (Pallottino 1965: 77)

       EINLEITUNG: DIE RÖMISCHE ZIVILISATION ALS ENTWICKLUNGSPROJEKT

      »Rom«, »Römer« und »römisches Weltreich« sind Begriffe, die jeder kennt und die in jedem Schulbuch zu finden sind. Keine Geschichte Europas kann geschrieben werden ohne Erwähnung der römischen Zivilisation, und dies gilt für die Weltgeschichte ganz allgemein. Der Ruhm Roms strahlte weit über die Grenzen des Römischen Imperiums aus, und im Horizont der Zeit blieb das prestigereiche Image lange erhalten. Der Byzantiner sah sich als Römer und das Byzantinische Reich wurde als das »zweite (christliche) Rom« zum Nachfolger des oströmischen Reichs. Als Byzanz im Jahre 1453 unter dem Ansturm der Türken zusammengebrochen war, trat das Moskowiterreich als das »dritte Rom« stolz dessen Erbe an, als Bollwerk des Christentums im Osten. Im Westen bestand jahrhundertelang das »Heilige Römische Reich Deutscher Nation«, das 1254 erstmals urkundlich belegt ist. Die Auswirkungen der napoleonischen Kriege führten zur Gründung des Rheinbunds, der aus dem Reichsverband ausschied. Das Reich löste sich im August 1806 mit der Niederlegung der Kaiserkrone durch Kaiser Franz II. auf.

      Es gab eine Zeit, da war ein Römer ein Dörfler, der in einer der lokalen Siedlungen auf einem der sieben Hügel lebte, wo später die Stadt Rom erbaut wurde. Es gab eine Zeit, da war Rom als politische Macht unbekannt, weil andere das Land beherrschten. Es dauerte Jahrhunderte, bis die Stadt Rom zum politischen und kulturellen Mittelpunkt ganz Italiens wurde, und noch viel länger, bevor die Römer das Mittelmeer Mare nostrum (›unser Meer‹) nennen konnten, als sämtliche Küstenregionen unter römischer Kontrolle standen. Parallel zur militärischen Expansion ist eine rasante Entwicklung im römischen Kulturschaffen zu beobachten. Der Aufschwung war enorm.

      Was die Geschichte der römischen Zivilisation auszeichnet, ist der Umstand, dass diese von Anbeginn im Zeichen multilateraler Kultur- und Sprachkontakte steht. Die herausragende Stellung des Lateinischen als Medium des öffentlichen Lebens und als Ikone römischer Lebensart ist der Firnis, unter dem der Kulturaustausch und sprachliche Interferenzen mit Kontaktsprachen verdeckt bleiben. Es lohnt sich, hinter die Kulissen der römischen Selbstglorifizierung zu schauen, denn dort liegt der Schlüssel zum Verständnis der Kulturströmungen, die das Römertum geprägt haben und Rom zu dem gemacht haben, was uns seit Langem vertraut ist: zur historischen Drehscheibe der westlichen Zivilisation.

      Die Römer haben nicht aus eigenem Antrieb ihre Zivilisation aufgebaut, zivilisiert wurden sie von anderen, deren Zivilisationen viel älter sind als die römische, von Etruskern und Griechen. Diese waren bereits Jahrhunderte in Italien präsent, bevor aus den Bewohnern der rustikalen Idylle auf den sieben Hügeln Stadtbewohner geworden waren. Die Etrusker im Norden und die Griechen im Süden unterhielten ein ausgedehntes Netz von Handelsbeziehungen und kontrollierten weite Teile der Halbinsel auch politisch. Die Römer profitierten von ihren Beziehungen zu diesen Trägern früher Zivilisation in Italien. Im Anfang waren diese Beziehungen friedlicher Natur, später aber maßen die Römer ihre Stärke militärisch mit den mächtigen Nachbarn. Am Ende waren nur noch die Römer tonangebend, und sie behaupteten sich erfolgreich gegen alle Invasoren, gegen die Kelten im Norden und die Karthager im Süden.

      Die Geschichte, die hier erzählt werden soll, hat den Charakter einer Saga über die frühen Kontakte der Römer zu ihren Nachbarn, über das dynamische kulturelle Erwachen, über das Zusammenleben verschiedener ethnischer Gruppen im Stadtgebiet von Rom, über die Entwicklung der Stadtverwaltung und später von staatlicher Ordnung unter etruskischer Ägide, über die dramatischen Ereignisse im Zusammenhang mit dem Machtwechsel in Rom und der Entstehung der Römischen Republik, über den Wechsel zur Schriftlichkeit und über den Aufbau eines Kulturwortschatzes für das Lateinische. Kurzum: es geht hier um die Beschreibung der Umstände, die für die Ausbildung der Mosaikkultur maßgeblich waren, die wir als römische Zivilisation kennen.

      Das Lateinische hat den modernen europäischen Sprachen eine Vielzahl von Kulturwörtern vermittelt. Deren Zahl geht in die Hunderte. In lateinischer »Verpackung« sind auch viele Ausdrücke in die Sprachen, die wir heute sprechen, gelangt, die ursprünglich gar nicht lateinisch waren, sondern aus anderer Quelle stammen. Es mag vielen überraschend erscheinen, dass die wichtigste dieser Quellen das Etruskische ist. Dieser Sprache verdanken die Römer viele Elemente ihres Wortschatzes, u. zw. in den verschiedensten Bereichen. Wie breit das Spektrum der etruskischen Einflussnahme auf das Lateinische war, kann man an bestimmten Kernelementen erahnen, die Bestandteil des deutschen Kulturwortschatzes sind:

      Austragungsort:

      Arena (← latein. harena, ›Sand; Kampfplatz‹ ← etrusk.)

      Zeitrechnung:

      April (← latein. Aprilis ← etrusk.)

      Technik:

      Antenne (← latein. antenna, ›Querholz für das Rahsegel‹ ← etrusk.)

      Gebäude, Bauwerke, Einrichtungen:

      Atrium-(Hof) (← latein. atrium, ›offener Innenhof‹ ← etrusk.)

      Fenster (← latein. fenestra ← etrusk.)

      Küche (← latein. culina ← etrusk.)

      Taverne (← latein. taberna ← etrusk.)

      Zisterne (← latein. cisterna ← etrusk.)

      Gerätschaften:

      Kette (← latein. catena ← etrusk.)

      Kriegswesen:

      Triumph (← latein. triumphus, ›Triumph‹; ursprünglich nur im Sinn von ›militärischer Sieg‹ ← etrusk.)

      Ritualwesen:

      Zeremonie (← latein. caerimonia ← etrusk.)

      Urne (← latein. urna ← etrusk.)

      Lebensmittel:

      Käse (← latein. caseus ← etrusk.)

      Begriffe der Intimsphäre:

      Vagina (← latein. vagina ← etrusk.)

      Verwaltung:

      Magister, Magistrat (← latein. magister ← etrusk.)

      Gemeinschaftsbildung:

      Population, Pöbel, engl. people, franz. peuple (← latein. populus, ›Volk,

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