Rundgang nur mit Korb. Peter Schmidt

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Rundgang nur mit Korb - Peter Schmidt

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immer noch versuchte freundlich zu verpacken schallte durch das kleine Geschäft und sprach genau das aus, was alle anderen Besucher der BHG dachten. Sie liefen durch die hohlen Gänge und suchten nach den besondern Waren wie die schnüffelnden Polizeihunde nach einer heißen Spur.

      Eine scharfe Frauenstimme heulte wie eine Kreissäge zurück: »Das geht Sie überhaupt nichts an, mein Herr. Wenn Sie bei uns nicht einkaufen wollen, dann brauchen Sie diesen Laden ja nicht zu betreten.«

      »Ich würde ja gerne ein paar Holzbretter kaufen.« entgegnete die energische Männerstimme. Die Verkäuferin war beleidigt und ließ sich entnervt zu einer Antwort hinreißen: »Das tut mir leid, junger Mann. Diesen Artikel führen wir momentan nicht in unserem Sortiment. Sie können aber jederzeit immer wieder nachfragen.«

      Krugmann tauchte mit leerem Korb auf: »Das kannst du heute vergessen.« Er winkte in die Richtung, aus der das Gespräch gekommen war: »Die Alte hat heute wieder schlechte Laune. Da ist es besser, gar nicht erst in ihre Schussbahn zu geraten.«

      »Wir haben es doch noch gar nicht probiert.«

      »Ein Hoch auf deinen Optimismus, Axel, aber spare dir den Ärger.«

      »Vielleicht freut sie sich ja über eine nette Anfrage.« Jürgen winkte ab. »Du kannst ja machen, was du willst. Ich warte draußen auf Dich.« Axel sah Jürgen Krugmann verwundert hinterher. Was hatte das zu bedeuten? Er war es doch, der ihm Mut machte. Und jetzt gab er sich hier so kampflos geschlagen? Ein wenig komisch kam ihm das schnelle Einlenken schon vor. Trotzdem entschied er sich, nicht unverrichteter Dinge verschwinden. Es musste vorwärts gehen mit dem Garten, sonst wäre Gerda enttäuscht. Und Gerdas Enttäuschung rief sofort wieder ihr Heimweh auf die Tagesordnung. Er atmete tief durch, wie er das neulich auch vor dem Büro des Kombinatsleiters Liedke getan hatte, und ging durch die Gänge, bis er die Kasse sah. Dort lehnte eine ältere Verkäuferin auf dem Ladentisch und langweilte sich. ›Diese Frau ist es, die zwischen mir und meinem Gartenwerkzeug steht.‹ »Entschuldigen Sie bitte.« Er legte alle Freundlichkeit in diese Worte und gab sich Mühe, trotzdem natürlich und bescheiden zu wirken. »Ich bin hier neu hergezogen und habe für meine Familie einen Garten gepachtet und jetzt wollte ich einmal anfragen, ob man bei Ihnen einen Spaten und eine Schippe anmelden kann.« Die Frau in der rosafarbenen Kittelschürze verarbeitete die Worte langsam und ohne Regung. Sie schien zu überlegen. »Sagen Sie, sind sie nicht in die Schmiedeberger Str. 13 c eingezogen?« Das brachte ihn aus dem Konzept und alle seine zurechtgelegten Worte waren auf einmal verschwunden. »Ja, wir wohnen ganz oben in der fünften Etage.« Die Frau lächelte: »Ich weiß, neben Schäfer. Wir wohnen in der zweiten Etage rechts.« Er ging in Gedanken den Hausgang bis in dien zweite Etage rechts hinauf: »Frau Müller?«

      »Ja, mein Mann ist der Hausvertrauensmann und hat Sie überall vorgestellt, außer bei seiner eigenen Frau.« Er nickte: »Das haben wir ja jetzt nachgeholt.«

      »Ich habe Sie schon ein paar Mal mit dem Moped kommen sehen. Und ihre Kinder grüßen immer so nett im Treppenhaus, dass das immer eine rechte Freude ist, ihnen zu begegnen.«

      »Das freut mich, dass sie zu Ihnen nett sind und wir sagen ihnen immer, lieber einmal zu viel grüßen als einmal zu wenig.«

      »Ihr Sohn hat mich neulich dreimal an einem Tag gegrüßt. Und Sie und Ihre Frau haben mir auch schon Guten Tag gesagt, aber wenn man neu ist, dann stürzt alles auf einen ein.«

      »Beim nächsten Mal weiß ich ganz bestimmt, wer Sie sind, versprochen.« Frau Müller lehnte sich zu ihm, damit sie nicht so laut sprechen musste: »Was brauchen Sie denn für Ihren Garten?«

      »Er flüsterte zurück: »Wenn wir dürfen, dann hätten wir gern zwei Spaten, eine Schippe, eine Harke, eine Hacke und einen Sack Zement.« Sie nickte. »Kommen Sie heute Abend kurz nach sechs mit einem Anhänger.«

      *

      Um fünf Minuten vor sechs fuhr Axel mit seinem Trabant und dem geliehenen Anhänger von Jürgen Krugmann auf den wilden Parkplatz vor der BHG. Die Schatten waren länger geworden. Er wartete. Im Radio wurden schon die Nachrichten verlesen. Kurz darauf erschien Frau Müller vor der Eingangstür und gab ihm ein Zeichen, dass er an den Hintereingang kommen sollte. Sie kassierte 13,50 Mark und deutete auf einen 50-Kilo-Sack mit frisch abgefülltem Zement, der neben der Laderampe lag. An der Wand lehnten ein Spaten und eine Hacke. Ein kleines Häufchen glückliche Fügung. »Den Rest habe ich aufgeschrieben. Vielleicht bekommen wir ja nächste Woche wieder was. Aber versprechen kann ich nichts.«

      »Vielen Dank, Frau Müller. Wie kann ich das nur wieder gut machen?«

      »Wo haben Sie ihren Garten?«

      »Die Anlage heißt Karl Liebknecht und liegt am Schleifbach.«

      »Dann könnten Sie mich nach Hause fahren. Das liegt doch so gut wie auf dem Weg.« Er lud den Zement und das Werkzeug auf den Hänger. Sie holte ihre Jacke aus dem Aufenthaltsraum. »Schönen Feierabend rief sie in den Verkaufsraum.«

      »Schönen Feierabend.« klang es wie ein Echo zurück.

      *

      Jürgen Krugmann saß vor seiner Gartenlaube in einem Campingstuhl und trank eine Flasche Bier. »Ach Axel, da bist du ja.«

      »Hilfst du mit anfassen.«

      »Na klar doch.« Sie trugen den Sack in seinen Schuppen. »Möchtest du auch einen Schluck Bier?«

      »Nein danke, ich bin doch mit dem Auto.«

      »Vielleicht das nächste Mal. Als Dankeschön für deine Mithilfe.«

      »Ach, ich habe noch viel mehr offen bei Dir.«

      »Wann fängst du mit dem Umgraben an?«

      »Morgen nach der Arbeit. Irgendwie habe ich das Gefühl, das es jetzt richtig losgehen kann.«

      *

      Am nächsten Morgen begrüßte ihn der Kollege Krisch in der Umkleidekabine: »Genosse Liedke hatte gestern Nachmittag mal nach dir gefragt. Vielleicht ist es nicht verkehrt, wenn du dich mal blicken lässt.« Zuerst durchzuckten ihn Gewitterblitze, dann wurde ihm kalt und gleichzeitig heiß. Er litt augenblicklich unter einer besonderen Art von Polarfieber, das nur ein schlechtes Gewissen hervorrufen kann. Er war aufgeflogen. Er, der neue Kollege. Der Brigadeleiter. Ein Vorbild für seine Jugendbrigade. »Was hat er denn gewollt?« Kollege Krisch schüttelte den Kopf: »hat er nicht gesagt.«

      »Und was hast du gesagt?« Axel spürte, wie unsicher seine Stimme klang. »Ich habe gesagt, du wärst unterwegs und dann ist er wieder gegangen.«

      Wie ein Dampfkessel stieg er die Treppen zum Direktorat hinauf. Ein Dampfkessel, ohne Ventil. Er fühlte, wie er neben sich stand. Und dieser Mensch an seiner Seite klopfte an die Tür und von weit her aus dem Inneren des Büros schallte ihm ein »Herein« entgegen. Mechanisch öffnete er die Tür und das gewohnte Bild des am Schreibtisch sitzenden Kombinatsleiters wirkte wieder auf ihn ein.

      »Ah Genosse Weber, treten Sie doch näher.« Wie sollte er seine Freundlichkeit deuten? Spielte er seinen Triumph aus? Dann begann er, sachlich zu werden: »Ich habe mich umgehört und in Erfahrung gebracht, dass der Thälmannkindergarten in der Straße des Friedens eine stundenweise Aushilfe benötigen kann. Vielleicht wäre das was für Ihre Frau.« Es ging also gar nicht um gestern. Es ging um Gerda. Doppelt gut. Er fühlte, wie der Druck nachließ. Und dieser Druckabfall brachte ihm jene Erleichterung wie ein Dammbruch dem aufgestauten Flusswasser. Außerdem kann Gerda

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