Rundgang nur mit Korb. Peter Schmidt

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Rundgang nur mit Korb - Peter Schmidt

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kannte er nicht mehr. »Ich habe schon gehört, dass jemand aus Neubrandenburg hier angefangen hat. Das passiert eher selten. Warst du denn so gut?«

      »Das haben andere entschieden.« sagte er unverfänglich. »Du hast mich gesucht«, lenkte er zum eigentlichen Thema. »Ich war an der frischen Luft aber die Kollegen haben mir Bescheid gesagt, dass der neue Montageleiter nach mir gesucht hat.«

      »Ja, das stimmt, der Genosse Liedke hat mich an dich verwiesen.«

      »Was wollte er denn?«

      »Meine Familie wünscht sich einen Garten. Weißt du, wo man einen beantragen kann?« Er strengte sichtbar seine Gedanken an und was als Ergebnis seiner Anstrengungen herauskam waren zwei Worte: »Wolfgang Blume.« Dann entstand einen Augenblick Stille, der im Hintergrund nur von den Maschinengeräuschen bedrängt wurde.

      »Wolfgang Blume ist der Vorsitzende unserer Gartensparte Karl Liebknecht und verwaltet auch die Gartengesuche. Am besten ist es, wenn du mal heute nach der Arbeit bei ihm im Garten vorbeifährst und dich persönlich vorstellst.«

      *

      Im Garten Nummer 31 goss ein kleinwüchsiger Mann, der in einem gelben Sporthemd steckte, mit der Gießkanne das Zwiebelbeet. »Herr Blume?« die Frage kroch zögernd aus ihm heraus und übertönte nur minimal das Regengeräusch. »Ja.« Der Mann stoppte den Niederschlag, stellte die Gießkanne auf den Plattenweg und kam zum Gartenzaun. »Was gibt’s?« versuchte er neugierig aber freundlich zu erkunden. Seine scharfen Blicke tasteten ihn von oben nach unten ab. »Ich soll Ihnen einen schönen Gruß von Jürgen Krugmann bestellen. Er hat gesagt, dass ich bei Ihnen einen Garten beantragen kann.«

      »Hat er das gesagt?« Er schmunzelte dabei zu sich selbst und hob die Augenbrauen. Auf seiner Stirn zogen drei Etagen Falten in parallelen Linien auf. »Dann kommen Sie doch bitte mal mit.« Als er zu seiner Laube ging, pfiff er ein Lied, das er sich aller Wahrscheinlichkeit nach gerade selber ausgedacht hatte. Es gab weder eine klare Klangfolge noch so etwas wie einen Refrain. ›Ein fröhlicher und zufriedener Mensch hat den ganzen Tag ein Lied auf den Lippen‹, dachte Axel Weber zuversichtlich und folgte dem Spartenvorsitzenden auf die Terrasse. »Nehmen Sie bitte Platz.« Herr Blume trug einen Hut, der sein Gesicht beschattete. Seine Oberlippe glich einem abgemähten Getreidefeld. Und jene blonden Stoppelhaare wippten beim Reden immer auf und nieder. »Woher kennen Sie denn den Genossen Krugmann.«

      »Mein neuer Kollege.«, rechtfertigte er sich »Wir sind von Neubrandenburg hergezogen wegen der Arbeit. Die haben hier einen Montageleiter gesucht und ich bin dafür ausgesucht worden.« Er nickte interessiert und wurde dann förmlich: »Also aktuell haben wir keinen freien Garten und auch noch ein paar offene Anträge, die vorrangig bedient werden müssen, aber ich nehme ihre Daten natürlich gern auf und sobald sich etwas ergeben sollte, dann werde ich mich bei Ihnen melden.« Er beschrieb mit seinem Kugelschreiber einen ausgerissenen Zettel kariertes Blockpapier und legte es gewissenhaft unter den Berg von anderen Anträgen. ›Wie kommen wir nur ganz nach oben?‹ fragte er sich und dann fragte er den Spartenvorsitzenden »Wann können wir dann in etwa mit einer Zusage rechnen?« Dieser überschlug im Kopf seine Rechnung und veröffentlichte dann seine Mutmaßungen: »Sie sind jetzt auf Platz dreizehn. Erfahrungsgemäß springen immer ein paar Leute ab, wenn wir uns melden. Aber ich denke, wenn der sechste oder siebente Garten frei wird, dann könnte es was werden.«

      »Wie lange wird das dauern?«

      »Na so Pi mal Daumen etwa zwei bis drei Jahre. Wenn nicht gerade ein Wunder geschieht, brauchen Sie vorher nicht mit einer Zusage rechnen.« Er wirkt mitfühlend »Ich habe fünf Jahre gewartet.«

      »Vielen Dank.« Die Enttäuschung war ihm anzumerken. Was sagte er jetzt zu Hause? Er wollte das zarte Gewächs der Euphorie doch nicht mit den realen Tatsachen wieder vernichten. Er lief mit summenden Gedanken aus dem Garten Nummer 31 und der Vorsitzende spielte wieder Regenwolke auf dem Zwiebelbeet und für die Blumen war es wohl so, als ob zwischen zwei Schauern kurzzeitig die Sonne durchgeblickt hatte.

      *

      »Macht ihr Überstunden?«, fragte Gerda, als er die Wohnungstür aufschloss und war sichtlich erleichtert. »Nein, ich war in der Gartensparte und habe eine Parzelle beantragt.«

      »Das ging ja schnell. Wann bekommen wir denn den Zuschlag?«

      »Wir sind auf Platz Nummer dreizehn. Also im schlechtesten Fall müssen noch dreizehn Gärten frei werden und dann haben wir sicher einen. Wenn jemand abspringt, sind wir schon eher dran.« Gerda nahm ihm seinen gespielten Optimismus nicht ab. »Zumindest haben wir jetzt einen Antrag laufen.« Sie nickte gedankenverloren. »Gab es sonst noch was Besonderes?«

      »Der Kombinatsleiter kümmert sich um eine Arbeit für Dich. Er hat gute Kontakte.«

      »Kontakte, die er freitags immer pflegt?« Ihre Laune hob sich etwas und das erleichterte ihn ungemein. »Wo sind die Kinder?«

      »Auf dem Spielplatz. Heiko hat seine Klassenkameraden und Jana spielt mit ihren Freundinnen aus dem Kindergarten. Ich habe heute frisches Brot in der Kaufhalle bekommen.«

      »Warst du um 13 Uhr da?«

      »Nein, schon eher. Ich habe Frau Heinrich von ganz unten im Hausflur getroffen und die hat mir den Tipp gegeben, schon zwanzig Minuten eher hinzugehen. Denn wenn es um 13 Uhr frisches Brot gibt, dann sind vorher die Körbe alle weg. Und ohne Korb darf man nicht in die Kaufhalle.« Er freute sich und strich ihr über ihr müdes Gesicht. »Rundgang nur mit Korb!« sagte er spöttisch und drückte sie schmunzelnd an sich.

      *

      Die Sonne beschien den Parkplatz vor dem Kombinat, der sich nach und nach mit Autos und Mopeds füllte. Eine Amsel sang aus dem Pappelwald. Axel Weber stellte seine Simson neben dem Fahrradständer ab. Lautes Motorengeheul überschwemmte den Parkplatz und kam direkt auf ihn zu. Eine große silberne ETZ ließ sich ausrollen und steuerte den Stellplatz neben ihm an. Der Fahrer winkte ihm zu, war aber durch das abgedunkelte Visier seines Integralhelms nicht zu erkennen. ›Er sieht die Welt, aber die Welt sieht ihn nicht‹, dachte Axel und war gespannt wer unter dem Helm hervorkriechen würde. Als sich der Motor des Motorrades beruhigt hatte, sprang sein Fahrer ab und lüftete das Geheimnis um seine Person. Aus einem anonymen Verkehrsteilnehmer wurde eine ihm vertraute Person: Jürgen Krugmann. »Na warst du gestern beim Genossen Blume?« Er tarnte seine Neugier durch Hilfsbereitschaft. »Ja, aber so erfolgreich war ich nicht.« Krugmann verzog sein Gesicht, sodass er keine weitere Frage zu stellen brauchte. »Wir sind auf Platz dreizehn gelandet. Wenn wir Glück haben, springt noch jemand ab und wir kommen eher dran.«

      »Soll ich mal mit ihm sprechen?« Er wirkte fürsorglich und war scheinbar wirklich daran interessiert, ihm weiterzuhelfen.« Das machte Eindruck. ›Irgendwie kommt man hier leichter mit den Leuten in Kontakt als in Mecklenburg.‹ Er wertete das als einen neuen kleinen Fortschritt. »Glaubst du, dass man da noch an der einen oder anderen Schraube drehen kann, um die Zuteilung zu beschleunigen?«

      »Was du machen kannst, ist noch mal hingehen und ihm Folgendes sagen: du hast zwei Kinder, würdest auch einen verwilderten Garten nehmen und bist bereit, die allgemeinen Anlagen mit zu pflegen.«

      »Die allgemeinen Anlagen pflegen?«

      »Ja, dazu werden sowieso alle verpflichtet. Du musst 40 Stunden im Jahr allgemeine Arbeiten rund um das Pumpenhaus arbeiten. Umgraben oder harken. Möglicherweise kannst du auch zum Rasenmähen auf den gemeinschaftlichen Flächen herangezogen werden.«

      »Und warum soll ich ihm das dann extra sagen?«

      »Dann

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