Waldheimat. Peter Rosegger

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Waldheimat - Peter  Rosegger

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Waldbauernkinder, aber ich gebe meinen Sechser diemal dem, dessen Vater vier Ochsen hat!“

      Mein Lebtag vergeß ich’s nimmer, wie jetzt die Batzen in mein Häublein klangen – hell zu Dutzenden, und ich konnte nachgerade nicht schnell genug die „Vergelt’s Gott!“ sagen, daß auf jeden eins kam. Und da dieser wundersame Hagel, wie ich ihn noch nie erlebt hatte, gar nicht wollte aufhören, konnte ich die Lust in meinem Herzen nimmer verhalten, in ein helles Wiehern und Lachen brach ich aus; das Natzelein aber schleuderte seine fast leer gebliebene Haube mitten in die Straße und schoß wütend in den Wald hinein.

      Mit Gelächter zog die Kreuzschar ab. Und ich hub an, meine Schätze zu zählen; in der Kappe und um dieselbe, im Sand und auf dem Moos und im Heidekraute lagen die Kreuzer und Sechser zerstreut. Und als ich sie alle versammelt hatte, wollte ich wohl verzichten auf alle weiteren Wallfahrertruppen, die heute noch kommen konnten, wollte schnurstracks heim zu meinen Eltern laufen, um ihnen das Glück zu verkünden. Da bin ich angepackt von rückwärts, zu Boden geworfen und auf meiner Brust reitet das Natzelein. Mit seinen strammen Händen preßt es meine Arme tief in das Heidekraut hinein und so grinst es mir ins Gesicht.

      Stärker bin ich nicht, wie er, dachte ich bei mir, wenn ich auch gescheiter nicht bin, so ist’s um mich gefehlt.

      „Du!“ murmelte das Bürschlein zwischen den Zähnen hervor, „gib mir die Hälfte vom Geld!“

      „Nein“, sagte ich trocken.

      „So nehm’ ich mir’s selber.“

      „Dann spring’ ich auf.“

      „Aber ich laß dich nicht los!“

      „Dann kannst du das Geld nicht nehmen.“

      „Ich setz’ dir meine Knie auf die Gurgel!“

      „Ich laß mich umbringen, nachher wirst du gehenkt.“

      Der Gesang einer neuen Schar unterbrach die Verhandlung. Wir beide sprangen auf, stürzten zur Straße hin und lallten unser Gebet.

      Das von den vielen Abenteuern an der Straße nur als Stücklein.

      Und wenn das Tagwerk vorbei, so versammelten wir Kinder uns auf der Au, wo die Schafe noch grasten, und tauschten unsere Gaben um, wie sie jedem entsprachen. Geld war stets der gesuchteste Artikel; nur die Kinder armer Kleinhäusler und Köhlersleute gaben feine Leckerbissen und Kreuzerchen für ein Stück schwarzes Brot, wenn es nur groß war.

      Am fünften Tage kehrten dieselben Scharen stets auf demselben Wege wieder zurück. Und jeder von den Wallfahrern hatte an seiner Brust einen oder mehrere Rosenkränze hängen oder Amulette, Frauenbildchen und funkelnde Kreuzlein und Herzen. Die Mädchen trugen rote und grüne Krönlein von Wachs auf ihrem Haupte. Die Bündel auf den Rücken hatten sich sehr bedeutend verkleinert und die Brote, die wir bekamen, waren hart und Geldstücke sprangen spärlich hervor aus den Taschen.

      Doch lohnte es sich des Hockens immer noch und die Erwartung der Gabe war mindestens so anziehend, als die Gabe selbst.

      Einmal, ich war schon an die elf Jahre alt geworden, kniete ich ganz allein am Stamme eines Bildnisses, und recht zungenfertig im Vaterunserhersagen, wie ich endlich geworden war, kehrte ich alle Vorteile des Absammlers heraus und hoffte reichlichen Gewinn. Da kam eine Kreuzschar; ein paar Brötchen wurden mir zugeworfen, und sie war vorüber.

      Nur ein schon betagter, gutmütig aussehender Mann war zurückgeblieben, schritt ganz nahe an mich heran, neigte ein wenig sein Haupt zu mir nieder und sagte: „Bettelbub’!“ Dann ging er den anderen nach.

      Mir war das halbe Vaterunser im Mund steckengeblieben. Ich glotzte eine Weile um mich, dann stand ich langsam auf und schlich von dannen.

      Das war mein letztes Hocken gewesen an unserer Waldstraße.

      – Bettelbub! – Das Wort hat mich aufgeweckt. Ein junger gesunder Bursche, der mit seinem neuen grünen Hut Sonntags schon etlichemal gleich den Knechten ins Wirtshaus gegangen ist, der es demnächst mit dem Tabakrauchen probieren wird und der nicht allzuselten ins Fensterglas guckt, wie es mit dem Bart steht – ein solcher Bursche betteln!

      Auch das Natzelein tut’s nimmer. Das Natzelein ist ein reicher Bauer geworden und es gibt, wenn man ihm glauben darf, jeden Tag erklecklich Almosen an wahrhaft bedürftige Bettelleute.

      Und die Magyaren und Slowaken kommen noch heute jenen einsamen Waldweg gezogen, immer an Kinder, die am Weg kauern, Gaben spendend, in ihrem Beten und Flehen selbst Bettelleute vor der Gnadenmutter zu Zell.

       ALS ICH ZUR DRACHENBINDERIN RITT

      Wenn mein Vater am Sonnabend beim Rasieren saß, da mußte ich unter den Tisch kriechen, weil es über dem Tisch gefährlich war.

      Wenn mein Vater beim Rasieren saß, wenn er seine Backen und Lippen dick und schneeweiß eingeseift hatte, daß er aussah wie der Stallbub, welcher der Kuhmagd über den Milchrahm gekommen; wenn er dann das glasglänzende Messer schliff an seinem braunledernen Hosenträger und hierauf langsam damit gegen die Backen fuhr, da hub er an, den Mund und die Wangen und die Nase und das ganze Antlitz derart zu verzerren, daß seine lieben, guten Züge schier gar nicht mehr zu erkennen waren. Da zog er seine beiden Lippen tief in den Mund hinein, daß er aussah wie des Nachbars alter Veit, der keine Zähne mehr hatte; oder er dehnte den Mund nach links oder rechts in die Quere, wie die Köhlersani tat, wenn sie mit den Hühnern keifte; oder er drückte ein Auge zu und blies eine Wange an, daß er war, wie der Schneider Tinili, wenn ihn sein Weib gestreichelt hatte.

      Die spaßhaftesten Gesichter der ganzen Nachbarschaft fielen mir ein, wenn der Vater beim Rasieren saß. Und da kam mir das Lachen.

      Darauf hatte mein Vater stets liebevoll gesagt: „Gib Ruh’, Bübel.“ Aber kaum die Worte gesprochen waren, wuchs wieder ein so wunderliches Gesicht, daß ich erst recht herausplatzte. Er guckte in den kleinen Spiegel und schon meinte ich, sein schiefes Antlitz werde in ein Lächeln auseinanderfließen. Da rief er plötzlich: „Wenn du keine Ruh’ gibst, Bub, so hau’ ich dir den Seifenpinsel hinüber!“

      Kroch ich denn unter den Tisch und das Kichern schüttelte mich, wie die Nässe den Pudel. Der Vater aber konnte sich ruhig rasieren und war nicht mehr in Gefahr, über seine und meine Grimassen selbst in ein unzeitiges Lachen auszubrechen.

      So war’s einmal an einem Winterabend, daß der Vater beim Seifenschüsselchen saß und ich unter dem Tisch, als sich draußen in der Vorlauben jemand den Schnee von den Schuhen strampfte. Gleich darauf ging die Tür auf und ein großer Mann trat herein, dessen dichter roter Schnurrbart Eiszapfen trug, wie draußen unser Bretterdach. Er setzte sich gleich nieder auf eine Bank, zog eine bauchige Tabakspfeife aus dem Lodenmantel, faßte sie mit den Vorderzähnen und während er Feuer schlug, sagte er: „Tust dich balbieren, Waldbauer?“

      „Ja, ich tu’ mich ein wenig balbieren“, antwortete mein Vater, und kratzte mit dem Schermesser und schnitt ein Gesicht.

      „Na, ist recht“, sagte der fremde Mann.

      Und später, als er schon von Wolken umhüllt war und die Eiszapfen bereits niedertröpfelten von seinem Barte, tat er folgende Rede: „Ich weiß nicht, Waldbauer, wirst mich kennen oder nicht? Ich bin vor fünf Jahren einmal an deinem Hause vorbeigegangen und hab’ beim Brunnen einen Trunk Wasser genommen. Ich bin von der Stanz, bin der Drachenbinderin ihr Knecht. Ich bin da um deinen größeren Buben.“

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