Waldheimat. Peter Rosegger

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Waldheimat - Peter  Rosegger

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      Ein andermal drohte die birkene Liesel wieder. Mein Vater hatte ein schneeweißes Zicklein; mein Vetter Jok hatte einen schneeweißen Kopf. Das Zicklein kaute gern an Halmen oder Erlenzweigen; mein Vetter gern an einem kurzen Pfeifchen. Das Zicklein hatten wir, ich und meine noch jüngeren Geschwister, unsäglich lieb; den Vetter Jok auch. So kamen wir auf den Gedanken: wir sollten das Zicklein und den Vetter zusammentun.

      Da war’s im Heumonat, daß ich eines sonnenfreudigen Tages alle meine Geschwister hinauslockte auf den Krautacker, und daselbst die Frage an sie tat: „Wer von euch hat einen Hut, der kein Loch hat?“

      Sie untersuchten ihre Hüte und Hauben, aber durch alle schien die Sonne. Nur Jackerls Hut war ohne Arg; den nahm ich also in die Hand und sagte: „Der Vetter heißt Jok, und morgen ist der Jokopitag, und jetzt, was geben wir ihm zum Bindband (Angebinde)? Das weiße Zicklein.“

      „Das weiße Zicklein gehört dem Vater!“ rief das kleine Schwesterchen Plonele, empört über ein so eigenmächtiges Vorhaben.

      „Desweg ist es ja, daß ich euch den Hut hinhalte“, sagte ich. „Fallt’s euch nicht ein, was wir tun müssen? Du, Jackerl, hast gestern dem Knierutschersepp dein Kinigl (Kaninchen) verkauft; du, Plonele, hast von deinem Göden drei Groschen zum Taufpfennig gekriegt; dir, Mirzerle, hat vor zwei Tagen der Vater ein Haltergeld geschenkt. Schaut, ich leg’ meine ersparten fünf Kreuzer hinein, und wir müssen zusammentun, daß wir dem Vater das Zicklein abkaufen mögen; und das schenken wir morgen dem Vetter Jok. Na, jetzt halt’ ich schon her!“

      Sie guckten eine Weile so drein, dann huben sie in ihren Taschen zu suchen an. Da sagte das Plonele: „Mein Geld hat die Mutter!“ und das Mirzerle rief erschrocken: „Das meine weiß ich nicht!“ und das Jackerl starrte auf den Boden und murmelte: „Mein Sack hat ein Loch.“

      Auf diese Weise war mein Unternehmen gescheitert.

      Nichtsdestoweniger haben wir das schneeweiße Zicklein geherzt. Es stieg mit den Vorderfüßchen an unsere Knie empor und guckte uns mit seinen großen, eckigen Augen schelmisch an, als wollte es uns recht spotten, daß wir allmitsammen nicht soviel an Vermögen hatten, um es kaufen zu können. Es kicherte und blökte uns ordentlich aus, und dabei sahen wir die schneeweißen Zähnlein. Es war kaum drei Monate alt und hatte schon einen Bart; und ich und das Jackerl waren über sieben Jahre hinaus und mußten uns aus grauen Baumflechten einen Bart ankleben, wenn wir einen haben wollten. Und selbst den fraß das Zicklein vom Gesichte herab.

      Trotzdem hatten wir jedes das Vierfüßchen viel lieber, als uns untereinander. Und ich sann auf weitere Mittel, mit dem Tiere den Vetter zu beglücken.

      Als mittags darauf der Vater vom Felde heimfuhr, umschwärmten wir ihn alle und zupften an seinen Kleidern.

      „Vater“, sagte ich, „ist es wahr, daß die Morgenstunde Gold im Munde hat?“

      Das war ja sein eigen Sprichwort, und so antwortete er rasch: „Freilich ist es wahr.“

      „Vater!“ riefen wir nun alle vier zugleich, „wie früh müssen wir all’ Tag’ aufstehen, daß Ihr uns das weiße Zicklein gebt?“

      Auf diese geschäftliche Wendung schien der Vater nicht gefaßt gewesen zu sein. Da er aber von unserem Vorhaben, dem Vetter Jok das Zicklein zuzueignen, hörte, so bedingte er, ein halb Stündlein früher aufzustehen jeden Tag, und trat uns das liebe Tier ab.

      Das Zicklein gehörte uns. Wir beschlossen einstimmig, schon am nächsten Morgen noch vor des Vetters Aufstehzeit – und das war viel gesagt – aus dem Neste zu kriechen, das Zicklein mit einem roten Halsband zu versehen und es ans Bett des alten Jok zu führen, ehe dieser noch seinen langen, grauen Pelz, den er Winter und Sommer trug, an den Leib brachte.

      So unser heilig Vorhaben.

      Aber am anderen Tage, als uns die Mutter weckte und wir die Lider aufschlugen, schien uns die Sonne mit solcher Gewalt in die Augen, daß wir dieselben sogleich wieder schließen mußten, bis die Mutter mit ihrem Kopftuch das Fenster verhüllte.

      Nun gab es keine Ausflucht mehr. Aber der Vetter war längst schon davon mitsamt dem Pelz. Er hatte die Schafe und die Ziegen auf die Talweide getrieben, wo er sie stets hütete und den ganzen Tag schmunzelnd an seinem Pfeifchen kaute. Und die Tiere schnappten so emsig an den betauten Gräsern und Sträuchern, und hüpften und scherzten so lustig auf der sonnigen Weide.

      Es war auch das Zicklein dabei. Und hat’s dem Jok denn niemand gesagt, daß heute sein Namenstag ist? –

      Zu jener Zeit, von der ich rede, sind die feuerspeienden Streichhölzer noch nicht erfunden gewesen; dazumal war das liebe Feuer ein rares Ding. Man konnte es nicht so bequem mit im Sacke tragen, wie heute, ohne sich das Beinkleid zu verbrennen. Es mußte mit harten Schlägen aus Steinen herausgetrieben werden; es mußte, kaum geboren, mit Zunder gefüttert werden, und bedurfte langer Zeit, bis es sich in demselben soweit kräftigte, daß es ein gröberes Köder anbiß und flügge wurde. Das Feuer mußte zum Dienste des Menschen jedesmal förmlich erzogen werden.

      Das war ein mühsam und heikel Stück Arbeit; beim Feuermachen konnte meine sonst so milde Mutter unwirsch werden.

      Die Glut, des Abends noch so sorgsam in der Herdgrube verwahrt, war des Morgens zumeist erloschen. Was sich die Mutter auch mühte, den Funken in der Asche wieder anzublasen – all vergebens, das Feuer war gestorben über Nacht. Nun ging die Schlägerei mit Stein und Stahl an; und wir Kinder waren oft schon recht hungrig, ehvor die Mutter das Feuer zuweg brachte, welches uns die Morgensuppe kochen sollte.

      So auch am Morgen von des Vetters Namenstag. Wir hatten draußen in der Küche wohl eine Weile das Pfauchen und Feuerschlagen gehört, dann aber rief die Mutter plötzlich aus: „’s ist gar umsonst! ’s ist, wie wenn der bös’ Feind in die Herdgruben hätt’ gespuckt. Und der Stein hat keinen Funken Feuer mehr in sich, und der Schwamm ist feucht, und die Leut’ warten auf die Suppen!“ Dann kam sie in die Stube und sagte: „Geh’, Peterl, ruck’, und lauf geschwind zu der Knierutscherin hinüber: ich tät’ sie gar schön von Herzen bitten, sie wollt’ mir ein Haferl Glut schicken von ihrem Herd. Und trag’ ihr dafür da den Brotlaib mit. Geh’, Peterl, ruck’, daß wir nachher eine Suppen kriegen!“

      Ich hatte mein weißes Linnenhöselein gleich an, und wie ich war – barfuß, barhaupt, nahm ich den runden, recht gewichtigen Brotlaib unter den Arm und lief gegen das Knierutscherhaus.

      „Du Sonnenschein“, sagte ich unterwegs, „schäm’ dich, du kannst nicht einmal eine Suppe kochen. Jetzt muß ich zu der Knierutscherin um Feuer gehen. Aber wart’ nur, wird bald lustig sein auf unserem Herd; die Flammen werden aufhüpfen über das Holz, die Mauer wird rot sein, die Töpfe werden brodeln, der Rauch wird unter dem Feuerhut hinaussprudeln und den Rauchfang hinauf und wird dich verdecken. Recht hat er, wenn er dich verdeckt, dann essen wir die Suppen und den Sterz im Schatten, und den Eierkuchen auch, der heut’ für den Vetter Jok gebacken wird, und du sollst von allem nichts sehen.“

      Als ich nach solchem Gespräche mit der Sonne über die Lehne ging, da stach mich ein wenig der Vorwitz. Mein Brotlaib war so kugelrund und fest, als wäre er aus Lärchenholz gedrechselt worden. Man läßt bei mir daheim das Brot gern altgebacken werden, es langt auf diese Weise doppelt aus, aber es muß zur Essenszeit zuweilen mit Eisenschlegeln zertrümmert werden.

      Aber weil denn mein Laib gar so kugelrund war, wie nicht leicht etwas Runderes mehr zu finden ist, so ließ ich ihn los über die Lehne, lief ihm behende vor und fing ihn wieder auf.

      War ein lustiges Spiel das, und ich hätte mögen

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