Homöopathie. Warum und wie sie wirkt. Sven Sommer G.

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Homöopathie. Warum und wie sie wirkt - Sven Sommer G.

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der Homöopathie – denn sie sei nur Placebo-Medizin …

      Im Jahre 2005 kam der bisher letzte vermeintliche Vernichtungsschlag gegen die Homöopathie. Das renommierte Journal The Lancet veröffentlichte eine in der Zwischenzeit viel zitierte Studie, die der Homöopathie endlich den Garaus machen sollte. Wie ein Lauffeuer ging es daraufhin weltweit durch die Medien: Die journalistische Autorität auf dem Gebiet der Medizin kann zeigen, dass die Homöopathie nicht wirkt. Wer sich jedoch die Mühe machte, die Hintergründe dieser Studie zu beleuchten, der fing an, Fragen zu stellen: Warum verwendete das Journal eine Studie, die selbst von ihren Auftraggebern als problematisch bezeichnet wurde? Warum konnte man in derselben Ausgabe des Lancet in einem Nebensatz lesen, die WHO plane, einen Report zu veröffentlichen, der die Homöopathie auf gleiche Stufe mit der Schulmedizin stellen will? Und warum bediente sich ein bis dato seriöses Journal des Wortschatzes der Boulevardpresse? War das vielleicht nicht so sehr ein Vernichtungs-, sondern eher ein Verzweiflungsschlag gewesen? Hier die Details:

      … oder WHO: Die Homöopathie ist genauso effektiv wie die Schulmedizin?

      Im August 2005 veröffentlichte Lancet eine Studie, die zum 250. Geburtstag Hahnemanns den Totengesang für die Homöopathie einläuten sollte. In einer Metaanalyse des Instituts für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Bern sei untersucht worden, ob Beweise aus klinischen Studien dafür vorlägen, dass die Wirksamkeit der Homöopathie über einen reinen Placeboeffekt hinausgehe. Die Analyse von A. Shang und Kollegen kam zu folgendem vernichtenden Ergebnis: Eine Untersuchung von insgesamt 110 Studien stütze ihre Ausgangshypothese, die klinischen Effekte der Homöopathie seien im Vergleich zu den Wirkungen der konventionellen Medizin nur unspezifische Placebo- oder Kontexteffekte. Das Team von A. Shang, das also von vornherein davon ausgegangen war, die Homöopathie könne nicht wirksam sein, fand sich in ihrer Annahme voll bestätigt.

      

      Im Editorial zu der Studie gingen die Redakteure des Lancet sogar so weit, vom »Ende der Homöopathie« zu sprechen. Es müsse jetzt endlich Schluss damit sein, noch weiter Gelder in die Erforschung der Homöopathie zu stecken, hieß es da. Ärzte wurden aufgefordert, ihren Patienten geradeheraus und ehrlich zu sagen, dass die Behandlung mit homöopathischen Mitteln nichts anderes als Placebo-Medizin sei. Viele andere Medien griffen den Artikel aus dem Lancet auf und versuchten in der Formulierung, es den Redakteuren des englischen Wissenschaftsblattes gleichzutun. Die Beiträge ähnelten dabei weniger der Arbeit von Wissenschaftsjournalisten, sondern eher der von Theaterkritikern, die in blumenreichen Worten die Neuinszenierung eines alten Stückes verreißen, ja die gar von einem Illusionisten (Zauberer!) schrieben, der einen Preis für den Beweis der Homöopathie ausgesetzt hat.1

      Endlich wurde einmal aufgeräumt mit dem, was nicht sein kann und auch nicht sein darf. Die homöopathischen Mittel mit ihren hohen Potenzen oder Verdünnungen, in denen chemisch und rechnerisch nichts mehr vorhanden ist, sind der schulmedizinischen Wissenschaft ja schon von Anbeginn ein Dorn im Auge gewesen. Denn da, wo chemisch gesehen nichts drin ist, da kann ja auch nichts wirken. Daran hat sich in den letzten 200 Jahren nichts geändert (wenn man einmal die Erkenntnisse der modernen Physik außer Acht lässt). Umso ärgerlicher war es, dass die Homöopathie in den letzten Jahren weltweit eine der begehrtesten Alternativtherapien geworden ist. Aber nicht nur das, immer mehr Studien wollten zudem die Wirksamkeit der Homöopathie belegen. Und so stolpert man dann in derselben Ausgabe des Lancet über den Hinweis zu dem Entwurf eines WHO-Reports, der für die Homöopathie mehr als positiv ausfällt: »Die Mehrzahl der wissenschaftlichen Studien in den letzten 40 Jahren haben gezeigt, dass die Homöopathie dem Placebo überlegen und der konventionellen Medizin in der Behandlung von Menschen und Tieren gleichwertig ist.«

      Ja, und nicht nur wirksam, sondern schlimmer noch – sogar günstiger als die konventionelle Behandlung soll sie sein, die Homöopathie. Für den Kritiker sind das natürlich Besorgnis erregende, wenn nicht gar unhaltbare Zustände. Da konnte man also nur von Glück reden, dass der Lancet diese neue Studie herausbrachte. Sie wurde in der Zwischenzeit immer wieder aufgeführt, um die Unwirksamkeit der Homöopathie zu untermauern. Aus diesem Grund ist es wichtig, die Hintergründe der Studie genauer zu untersuchen. Interessanterweise haben weder die Redakteure des Lancet noch die meisten Journalisten der anderen Medien darüber berichtet. Stattdessen wurde mit der Studie eine Medienlawine losgetreten, welche die wieder aufkommende Homöopathie im Keim ersticken sollte.

      Die Hintergründe zur Lancet-Studie: Das Schweizer Programm Evaluation Komplementärmedizin (PEK)

      Die besagte Metaanalyse im englischen Lancet war schon vorab in der Schweiz bekannt geworden, und zwar im Programm Evaluation Komplementärmedizin (PEK) der Schweizer Bundesanstalt für Gesundheit, für die sie ursprünglich in Auftrag gegeben worden war. Die Schweizer hatten sich für das fünfjährige Projekt Ende der 90er Jahre entschieden. Ab 1999 wurden von der dortigen Grundversicherung die Kosten von folgenden komplementären Therapieformen getragen: Anthroposophische Medizin, Neuraltherapie, Phytotherapie, TCM (Traditionelle Chinesische Medizin) und Homöopathie. Ende 2004 wertete man die Daten dann aus. Anhand von Wirksamkeit, möglichen Gefahren und Risiken (Sicherheit), Inanspruchnahme und Zufriedenheit der Patienten sowie Kosten und Wirtschaftlichkeit wurden die einzelnen Therapierichtungen im Vergleich zur konventionellen Medizin beurteilt. Der Schlussbericht des PEK wurde am 24. April 2005 veröffentlicht und in ihm ging man explizit auf die Metaanalyse, die später dann im Lancet wieder auftauchen sollte, ein.

      Im Folgenden wird fast ausschließlich auf die Ergebnisse des Schweizer Schlussberichts für die Richtung Homöopathie Bezug genommen. Um die Wirksamkeit der Heilmethode bewerten zu können, wurden zuerst einmal systematische Reviews aus der Literatur herangezogen. Die meisten davon zeigten, dass die Homöopathie effektiv ist. Der HTA (Health Technology Assessment Report) von Prof. Dr. med. Peter Matthiessen und dessen Mitarbeitern kam zu dem Ergebnis: »In der Auswertung von 22 systematischen Reviews zur Homöopathie fanden 20 Arbeiten zumindest einen Trend zugunsten der Homöopathie.« Fünf Studien zeigten sogar einen deutlichen Beleg für deren Wirksamkeit. Auf dieser Basis stuften die Berichtsautoren die »Alltagswirksamkeit« der Homöopathie bei drei Möglichkeiten (wahrscheinlich, fraglich, unwahrscheinlich) als »wahrscheinlich« ein und folgerten, es gebe ausreichend Belege für eine klinische Wirksamkeit!

      Von den 110 Studien zur Homöopathie wurden nur acht verwendet

      In einem nächsten Schritt wurden nun von der Universität Bern integrierte statistische Auswertungen vorgenommen, bei denen die Ergebnisse mehrerer Studien in einer einzigen Zahl zusammengefasst wurden, darunter auch die hier infrage gestellte Metaanalyse von Shang et al. zur Homöopathie. Da die Methodik solcher Analysen äußerst komplex ist, soll an dieser Stelle versucht werden, die Vorgehensweise möglichst verständlich darzustellen.

      Für die Analyse wurden 110 placebokontrollierte homöopathische Studien 110 Studien der konventionellen Medizin gegenübergestellt, die sich in ihrer methodischen Qualität ähnelten. Bei den meisten zeigte sich unter Verum, also unter der aktuellen Versuchsgruppe, eine bessere Wirkung als unter Placebo. Dann erfolgte eine Untersuchung der Ergebnisse auf Heterogenität. Dabei wird geprüft, ob die Ergebnisse der einzelnen Studien – unter der Annahme, dass alle Studien den gleichen Effekt messen – stärker voneinander abweichen, als dies aufgrund zufälliger Schwankungen zu erwarten wäre. Ein Heterogenitätsindex von 50 bis 75 Prozent zeigt dabei an, dass die einzelnen Studien Unterschiedliches messen oder Störfaktoren die Ergebnisse verfälscht haben. Da bei den homöopathischen Studien der Index um die 65 Prozent lag, zogen die Forscher aus Bern nur eine Anzahl der größeren Studien für die Analyse in Betracht. Denn hier spielt der Zufall eine geringere Rolle als in kleineren Studien, bei denen die Ergebnisse stärker um den »wahren« Wert schwanken können, d. h. in einzelnen kleinen Studien kann die Wirksamkeit überschätzt, in anderen unterschätzt werden.

      Man spricht in solchen Fällen von einem »small study bias«, was bedeutet, kleinere Studien können ein eher verzerrtes Bild von der Wirksamkeit abgeben. Somit wurden von insgesamt 110, zumeist positiven Homöopathiestudien

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