Homöopathie. Warum und wie sie wirkt. Sven Sommer G.

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der gesetzlichen Krankenversicherung auszuschließen. Seine Begründung: Die Wirksamkeit der komplementären Medizin sei durch diese eine Studie von A. Shang ja nun doch nicht wirklich belegt und damit könne die Alternativmedizin auch nicht wirtschaftlich sein. Der Schweizer Bundesrat kam also zu genau der entgegengesetzten Erkenntnis wie der Schlussbericht seines Expertenteams. Das wirft die Frage auf, ob diese Entscheidung, wie auch die recht dramatische redaktionelle Beurteilung der problematischen Metaanalyse im Lancet, nicht politisch motiviert war.

      Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Zum einen haben klassische Naturwissenschaftler ein epistemologisches, also wissenschaftlichphilosophisches oder erkenntnistheoretisches Problem mit der Homöopathie. Und selbst wenn sich in immer mehr wissenschaftlichen Studien bestätigen sollte, dass die Homöopathie doch wirkt, dürfte es schwerfallen, nach 200 Jahren heftigsten Kampfes gegen diese Scharlatanerie plötzlich einzulenken und zuzugeben, man habe die ganze Zeit über falsch gelegen. Da ist es sicherlich erst einmal besser, Augen und Ohren gegenüber dem Fortschritt zu verschließen und mit einer dubiosen Analyse von nur acht Studien und großem Fanfarengetöse in einem renommierten Fachblatt das Ende der Homöopathie heraufzubeschwören.

      Wenn die WHO dann auch noch plante, einen Report zu veröffentlichen, der Homöopathie und konventionelle Medizin gleichwertig nebeneinanderstellen will, und die Ergebnisse einer jahrelang laufenden Schweizer Studie diese Erkenntnisse zudem noch bekräftigen, dann ist das geradezu gefährlich. Nicht so sehr für die Ärzte, deren Mehrzahl nach wie vor heilen will. Sollte sich die Homöopathie als wissenschaftlich effektiv erweisen, könnte dies den für sie noch zusätzlichen Bonus haben, mehr für die aufwändigere Konsultation berechnen zu können. Sich Zeit für seine Patienten zu nehmen, würde endlich wieder einmal honoriert werden. Für die Krankenkassen sei es ebenfalls unproblematisch: Als wirtschaftlich orientierte Unternehmen wollen sie natürlich Behandlungskosten sparen, und da die Kosten-Nutzen-Analyse eindeutig zugunsten der Komplementärmedizin ausfällt, würden nicht nur von den privaten Versicherungen, sondern zunehmend auch von den öffentlichen Kassen, wie beispielsweise der Deutschen BKK, die Kosten für die homöopathische Behandlung übernommen werden.

      Nein, am härtesten trifft es, das wird ja aus der Schweizer Studie offensichtlich, die Pharmaindustrie. Denn gerade bei den Kosten für Medikamente wird bei der Anwendung von Homöopathika jede Menge Geld gespart. Nun ist die Schweiz ja Ursprungs- und Heimatland etlicher großer Pharmakonzerne, die sicherlich mit Unbehagen beobachten dürften, wie billige Außenseitertherapien beginnen, ihre Marktanteile wegzufressen. Da könnte es dann schon sein, dass hier Druck auf die Politik ausgeübt wird, und es ist auch im Rahmen des Vorstellbaren, dass die Politik sich dadurch beeinflussen lässt. Auf jeden Fall wollte man ganz offensichtlich weitere Forschung zur Homöopathie unterbinden, das Vertrauen der Patienten erschüttern und den Zugang zu dieser effektiven und nebenwirkungsarmen Therapieform erschweren. Gegen die Entscheidung des Schweizer Bundesrates lief umgehend ein Volksbegehren und am 17. Mai 2009 hat sich eine überwältigende Mehrheit der Schweizer Bevölkerung in einem Volksentscheid für die Verankerung der Komplementärmedizin (und damit auch der Homöopathie) in die Verfassung ausgesprochen.

      Wissenschaftler und Ärzte wiesen die Lancet-Studie sofort zurück

      Der schweizerische Verein homöopathischer Ärzte (SVHÄ) hatte bereits vor Publikation der Studie gravierende und formale Mängel an derselben offengelegt. Das Forschungsdesign werde der Homöopathie nicht gerecht. In einer Stellungnahme der British Faculty of Homeopathy, die die englischen Homöopathen vertritt, äußerte Dr. P. Fisher, klinischer Direktor des Royal Homeopathic Hospital in London, den Verdacht, die Analyse sei voreingenommen und versuche, die Homöopathie unglaubwürdig zu machen. »Die hochtrabende Zusammenfassung, Homöopathie sei nur Placebo-Medizin, basiert nicht auf 110 klinischen Studien, sondern nur auf acht.«4

      Der Deutsche Zentralverband homöopathischer Ärzte (DZVhÄ) schrieb in seiner Stellungnahme, etliche andere Metaanalysen und Übersichtsarbeiten seien zu genau dem gegenteiligen Ergebnis der Lancet-Studie gekommen.5 Ein ähnliches Ergebnis wie in der Schweizer PEK-Studie habe sich bereits in einer deutschen Studie gezeigt: Der Verlauf chronischer Erkrankungen unter homöopathischer Behandlung – Ergebnisse einer prospektiven multizentrischen Beobachtungsstudie.6 Die Untersuchung zeige, dass die homöopathische Behandlung hinsichtlich der Effektivität der konventionellen Methoden mindestens gleichwertig sei, teilweise sogar überlegen.7

      Auch etliche prominente amerikanische Wissenschaftler äußerten Kritik an der Studie im Lancet. Zwar sei die Metaanalyse des Berner Teams geeignet, Schlüsse über die Wirksamkeit der Schulmedizin zu ziehen, aber sie sei nur bedingt von Nutzen bei der Beurteilung der Homöopathie. Kriterien, wie sie für eine qualitativ hochwertige Homöopathie-Forschungsstudie notwendig wären und die das Wesen der homöopathischen Therapieweise berücksichtigten, wurden nicht beachtet. Man könnte es mit einer Studie vergleichen, die die Wirkung von Penicillin bei Patienten mit allgemeinen Symptomen einer Infektion testet. Selbst wenn die Qualität der Studie generell hochwertig wäre, sie würde nur bei einem sehr kleinen Teil der Patienten eine positive Wirkung zeigen, nämlich nur bei denen mit einer bakteriellen Infektion, die auf Penicillin anspricht. Eine Metaanalyse von solchen Studien zur Wirkung von Penicillin könnte hier dann auch nur unspezifische Placebo- oder Kontexteffekte nachweisen, da die Studien nicht die spezifische Natur des Wirkstoffs berücksichtigen, so Dr. Iris Bell von der Universität von Arizona.

      Roy Rustum, renommierter Materieforscher der Penn State University, fand härtere Worte. Die Erörterungen zur Chemie seien wissenschaftlich falsch. »Der redaktionelle Inhalt des Lancet, soweit er sich auf die Homöopathie bezieht, stützt sich auf eine recht veraltete Idee aus dem neunzehnten Jahrhundert, dass die Aufnahme fremder Moleküle die einzige Art und Weise sei, wie die Eigenschaften von Wasser beeinflusst oder verändert werden können.« Das sei eine auf Avogadro beschränkte Erörterung der Chemie von Schulniveau. Damit bezieht er sich auf das schon erwähnte Argument, in der homöopathischen Hochpotenz könne gar nichts mehr wirken, da rechnerisch bei Verdünnungen über der Avogadro-Zahl (C12 / D24) keine Moleküle der Ausgangssubstanz zu finden sind. Rustum weiter: »Für einen Materiewissenschaftler ist diese Behauptung absurd, denn das fundamentale Paradigma der Materieforschung ist, dass die Beziehung zwischen Struktur und Eigenschaft das grundlegend Bestimmende für einfach alles ist.« Es sei einfach eine Tatsache, dass die Struktur von Wasser und damit auch sein Informationsgehalt auf zahllose Art und Weise geändert werden kann.8

      Fazit

      Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Metaanalyse von Shang et al. in Ausführung und Design zumindest problematisch war. Sie stützte sich zudem auf insgesamt nur acht Studien. Anhand dieser Daten forderte dennoch die Redaktion des Lancet das Ende der Homöopathie sowie das Ende weiterer Forschung zur Homöopathie und eine Aufklärung des Patienten über diese »Scheintherapie«. Was der Lancet aber verschwieg: Die Analyse wurde schon vorab im Rahmen des Schweizer PEK veröffentlicht, das fünf Jahre lang alternative Therapieverfahren getestet hatte. In deren Schlussbericht schnitt die Homöopathie durchaus positiv ab: Wirksamkeit, Sicherheit, Inanspruchnahme, Patientenzufriedenheit und Wirtschaftlichkeit seien zumindest eingeschränkt belegt. Dagegen fiel die Studie von Shang et al. und das Editorial des Lancet für die Homöopathie maximal rufschädigend aus. In diesem weltweit bekannten Fachblatt mit so starken redaktionellen Worten kommentiert, konnte man sich großer Verbreitung sicher sein. Und in der Tat griff die Presse »das Ende der Homöopathie« meist unkritisch auf und gab es weiter. War genau dies etwa beabsichtigt gewesen? War »der Tod der Homöopathie« weniger durch Fakten als durch Rufmord geplant gewesen? Doch wer zu solch drastischen Mitteln greift, hat oftmals Angst oder möchte etwas aus dem Weg räumen, was ihm zu unangenehm geworden ist.

      So sei dann noch auf folgendes Paradoxon hingewiesen: Nur eine Woche nach der Veröffentlichung im Lancet stellten andere Forscher der Universität Bern, aus der ja auch die hier diskutierte Metaanalyse stammt, eine weitere, qualitativ hochwertige Studie vor, die zeigen konnte, dass bei hyperaktiven Kindern mit ADS (AufmerksamkeitsDefizit-Syndrom) die Homöopathie eindeutig hilft.9 Dies konnte nur bedeuten: Anders als für die Redakteure des Lancet ist für die Wissenschaftler

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