Hitlers Theologie. Rainer Bucher

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Hitlers Theologie - Rainer Bucher

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Wissenschaftsgläubigkeit, ist dabei durchaus nicht ungebrochen und völlig unaufgeklärt über seine Grenzen. „Die Wissenschaft“ ist für ihn „nichts anderes wie eine Leiter, die man erklimmt: Mit jeder Stufe sieht man ein bißchen weiter, aber an das Ende der Dinge sieht auch die Wissenschaft nicht“26. Auch bezweifelt Hitler, dass wissenschaftlicher Fortschritt und individuelles Glück unmittelbar zusammenhängen. „Ob wissenschaftliche Erkenntnisse den Menschen glücklich machen? Ich weiß es nicht. Aber: mit ganz verschiedenen Bekenntnissen sind die Menschen glücklich! Gut, so muß man darin eben auch tolerant sein! Töricht ist es, den Menschen glauben zu machen, er sei ein Dirigent, wie das eine aufdringliche liberale Wissenschaft des vorigen Jahrhunderts getan hat.“27 Aber Wissenschaft, so Hitler, „bemüht sich, nach den Grenzen, die jeweils ihrer Einsicht gezogen sind, eine Sache richtig zu sehen. Sie stellt nicht bewußt falsch dar“. Das Christentum aber lüge: Es sei deshalb wegen seines Wahrheitsanspruchs „in einen Konflikt mit sich selbst hineingeraten“28.

      Hitler stellt sich an dieser Stelle übrigens auch die Frage, ob mit der Verdunstung des Christentums in der Kritik der modernen (Natur-)Wissenschaften, „nicht überhaupt der Gottesglaube beseitigt werden“ wird. Seine Antwort: „Das würde nicht gut sein! Der breiten Masse ist der Begriff der Gottheit nur eine Substantiierung. Diese Substantiierung ist wunderbar. Warum sollen wir den Sammelbegriff für das Unbegreifliche zerstören?“29 Das Christentum aber habe „nun freilich“, so Hitler, „den Gipfel aller Torheit erklommen. Deshalb wird eines Tages sein Gebäude gänzlich zerbrechen. Das Wissen hat heute schon die ganze Menschheit erfaßt. Je mehr sich das Christentum an das Dogma klammert, umso rascher wird es verglimmen.“30

      Nachdem für Hitler aber „alle Erschütterungen von Übel sind“, hält er „es für das Schönste, wenn wir die Einrichtung der Kirche allmählich durch eine geistige Aufklärung überwinden und schmerzlos machen, zu einer gewissen Milde bringen. Das allerletzte könnten Frauenklöster sein!“31 „Die Zeitenwende des Untergangs“ der Kirchen sieht Hitler jedenfalls gekommen. „Es dauert noch einige Jahrhunderte, dann geschieht durch Evolution, was nicht durch Revolution geschieht. Jeder Gelehrte, der etwas Neues entdeckt, haut ein Stück von deren Basis weg. Es tut einem oft leid, daß man in einer Zeit lebt, in welcher einem noch nicht bewußt ist, wie die neue Welt aussehen wird“32 – so Hitler am 11.11.1941.

      „Die Zeit, in der wir leben, ist die Erscheinung des Zusammenbruchs dieser Sache. Es kann hundert oder zweihundert Jahre noch dauern. Es tut mir leid, daß ich wie Moses das gelobte Land nur aus der Ferne sehen kann. Wir wachsen in eine sonnige, wirklich tolerante Weltanschauung hinein: Der Mensch soll in der Lage sein, die ihm von Gott gegebenen Fähigkeiten zu entwickeln. Wir müssen nur verhindern, daß eine neue, noch größere Lüge entsteht: Die jüdisch-bolschewistische Welt muß zerbrechen!“33

       b) Die unüberwindbare Kluft zwischen Wort und Tat universalistischer Konzepte

      Hitler grenzt sich jedoch gegenüber den christlichen Kirchen nicht nur dadurch ab, dass er deren Glaubensaussagen als unvereinbar mit den modernen Wissenschaften denunziert und damit den baldigen Einflussverlust des Christentums bei weiten Teilen der Bevölkerung voraussagt. Er wirft den Kirchen bezeichnenderweise auch vor, sich selbst mehr über das Wort als über das Handeln zu definieren und gerade dadurch unglaubwürdig geworden zu sein. In Hitlers Sprache: Es sei ein „Christentum des Wortes“ geworden und keines mehr „der Tat“.

      Eine Bewegung der Tat zu sein, gerade dies aber nimmt Hitler für den Nationalsozialismus in Anspruch. In seinen Anfängen reklamiert Hitler für den Nationalsozialismus gar, das eigentliche „Christentum der Tat“ zu sein. „Wer nicht will, daß unser Christentum, das heute leider Gottes nur noch ein Christentum des Scheins statt der Tat ist, verloren geht, der muß Front machen gegen den, der uns unser Christentum raubt. (…) Aus uns heraus muß die Gesundung wachsen. Wir sind zwar klein, aber einst stand auch ein Mann auf in Galiläa, und heute beherrscht seine Lehre die ganze Welt. Ich kann mir Christus nicht anders vorstellen als blond und mit blauen Augen, den Teufel aber nur in der jüdischen Fratze“34 – so Hitler auf einer NSDAP-Versammlung 1921 in Rosenheim.

      Noch 1937 benutzt Hitler das Klischeebild eines für das „Winterhilfswerk“ sammelnden Kindes, um das wahre Christentum der (nationalsozialistischen) Tat gegen die unaufrichtigen Wortbekenntnisse der Kirchen auszuspielen. „Wenn ich so manches Mal ärmlich gekleidete Mädchen mit unendlicher Geduld sammeln sehe“, so Hitler, „selbst frierend, um für andere Frierende zu sorgen, dann habe ich das Gefühl, daß sie alle auch Apostel eines Christentums sind. Und zwar eines Christentums, das von sich mit mehr Recht als ein anderes sagen kann: Dies ist das Christentum eines aufrichtigen Bekenntnisses, weil hinter ihm nicht das Wort, sondern die Tat steht.“35

      Diese Argumentationslinie hält sich bis zu Hitlers Tod. Sie findet sich noch im „Politischen Testament“ vom 21.2.1945. Es formuliert noch einmal das Konzept des „Nationalsozialismus als Tat“ und entwickelt dieses Konzept bezeichnenderweise aus dem Anti-Universalismus des Nationalsozialismus. Denn gerade die Unfähigkeit zur Tat, das Scheitern am eigenen Anspruch, das Steckenbleiben im bloßen „Wort“ sei eine direkte Folge des falschen „westlichen“ Universalismus.

      Universalistische Konzepte können für Hitler nie die Grundlage tatkräftigen Handelns werden. Während diese nämlich „das Wohl des abstrakten Individuums (erstreben)“ und so „dem Trugbild einer universalistischen Lösung nach(jagen)“, kenne der Nationalsozialismus „nur das Deutschtum“ und interessiere ihn „nur das Wohl des deutschen Volkes“. „Zwei Fronten“ stünden sich so „als unversöhnliche Lager“ gegenüber: „Auf der einen Seite das Weltjudentum und seine Helfershelfer, auf der anderen Seite die Führer einer völkischen Realpolitik.“36 „Die Universalisten, Idealisten und Utopisten“ aber, so Hitler, „zielen ins Nichts. Sie versprechen ein unerreichbares Paradies und betrügen damit die Welt. Wie auch immer sie sich tarnen mögen, ob als Christen, Kommunisten oder Liberalisten, ehrliche Narren oder zynische Betrüger, sie arbeiten allesamt an der Unterjochung des Menschengeschlechtes. Ich aber habe immer nur das im Bereich des Möglichen und unserer Macht Liegende auf dieser Welt für mein Volk vor Augen gehabt.“37

      „Universalisten, Idealisten und Utopisten“, das ist die zentrale Feindkennung Hitlers in seinem „Politischen Testament“ aus dem Februar 1945. Hitler war dezidiert der Meinung, dass nur eine anti-universalistische Weltanschauung überhaupt politisch handlungsfähig mache. Sowohl der ethische Universalismus („Alle Menschen besitzen die gleiche Würde“) als auch der religionsgemeinschaftliche Universalismus („Das Christentum ist objektiv wahr und hat daher überall zu herrschen“) sind für Hitler politische Handlungshindernisse. Der ethische Universalismus „zielt ins Nichts“ des irdischen Paradieses für alle und ist damit schlicht etwas für „Narren“ und „Betrüger“, der religionsgemeinschaftliche Universalismus ist für Hitler aber einfach durch die Fakten widerlegt.

      Hitlers ideologische Gebundenheit an die rassistisch legitimierte Volksgemeinschaftsideologie ist dabei derart massiv, dass er universalistische Konzepte noch im Angesicht seiner eigenen totalen Niederlage gegen die westlichen Demokratien und die kommunistische Sowjetunion für handlungsunfähig erklärt. Wenn „Universalisten, Idealisten und Utopisten“ letztlich nichts anderes als Unerreichbares versprechen können, so Hitler, müssen sie auch notwendig im Spalt zwischen „Wort“ und realer Tat stecken bleiben. Denn ihr Handeln bleibe nicht nur gelegentlich, sondern prinzipiell hinter ihren eigenen Worten zurück. Zumal, wie Hitler sehr genau sieht, universalistische Konzepte dann doch nur partielle soziale Räume belegen können und so ihren universalistischen Anspruch in der Begrenztheit ihrer eigenen sozialen Existenz selbst zu dementieren scheinen. Hitler war sich der konkreten Partikularität religiöser und/oder weltanschaulicher Geltungsansprüche sehr bewusst. Durchgängig wirft Hitler dem Christentum vor, einen allgemeinen und universalistischen Anspruch zu erheben, also Aussagen über alle Menschen

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