Hitlers Theologie. Rainer Bucher

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Hitlers Theologie - Rainer Bucher

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heute fester da als je“14.

      Doch Hitler erkennt bereits zu diesem frühen Zeitpunkt auch: Für die gewünschte Konkretisierungs- und Formierungsfunktion der religiösen bzw. weltanschaulichen Dogmen kommt es weniger auf deren reale Unveränderlichkeit an; allzu rigides Festhalten an einmal Formuliertem kann, wie Hitler sieht, die Plausibilität des kognitiven Geltungsanspruchs vielmehr geradezu aushöhlen. Notwendig ist stets aber die Aufrechterhaltung einer Kontinuitätswahrnehmung bei den Adressaten der Verkündigung.

      Hitler empfiehlt, „auch hier“ doch „an der katholischen Kirche zu lernen“. „Denn wie will man Menschen mit blindem Glauben an die Richtigkeit einer Lehre erfüllen, wenn man durch dauernde Veränderungen am äußeren Bau derselben stets Unsicherheit und Zweifel verbreitet?“ Aber Hitler weiß eben auch um die Notwendigkeit von Flexibilität, er vergisst nicht, im Blick auf sein eigenes Politikprojekt einen hermeneutischen Puffer einzubauen. „Das Wesentliche“, so Hitler an früherer Stelle, „darf nie in der äußeren Fassung, sondern stets nur im inneren Sinn gesucht werden. Und dieser ist unveränderlich.“15 Daher gilt für Hitler, für den „es nur eine Doktrin (gibt): Volk und Vaterland“, dass „von diesem Gesichtspunkte aus“ dann „alles zu prüfen (ist) und nach seiner Zweckmäßigkeit zu verwenden oder abzulehnen. So kann keine Theorie zur tödlichen Doktrin erstarren, da alles ja nur dem Leben zu dienen hat“16.

      Später wird Hitler dann den Kirchen das Festhalten an (natur)wissenschaftlich unhaltbaren Dogmen vorwerfen und selbst durchaus beweglich mit den eigenen nationalsozialistischen „Dogmen“ umgehen – bei stets gewahrter Kontinuität einiger zentraler Basisannahmen, etwa der These von der rassischen Determiniertheit des Individuums.17

       c) Organisatorisch-funktionale Problemlösungen

      Doch die Kirchen sind für Hitler nicht allein wegen ihres Totalitätsanspruchs und ihrer dogmatischen Konkretisierungs- und Normierungsleistungen des an sich doch diffusen religiösen Fühlens Lernobjekte für sein eigenes Projekt. Hitler interessierte sich auch stets und gerade für organisatorischfunktionale Problemlösungen. Ihn faszinierte speziell an der katholischen Kirche etwa ihr Umgang mit dem für nichtdemokratisch organisierte soziale Systeme stets prekären Problem der Elitenrekrutierung, einschließlich ihres konkreten Mechanismus der Führungsauslese und -nachfolge.18

      „Zwei Verfassungen“, so Hitler in einem seiner Tischgespräche im Führerhauptquartier am 31.3.1942, hätten „sich im Laufe der Geschichte bewährt: a) das Papsttum, und zwar trotz vieler Krisen“ und, so vergisst Hitler nicht hinzuzufügen, „trotz einer ausgesprochen verrückten geistigen Grundlage lediglich aufgrund der grandiosen Organisation der Kirche“, sowie im Übrigen „b) die Verfassung von Venedig, die den kleinen republikanischen Stadtstaat durch ihre Führungsorganisation zur Beherrschung des gesamten östlichen Mittelmeeres befähigt“19 habe.

      Einen der Gründe des Erfolgs des Papsttums erblickt Hitler dabei darin, dass die katholische Kirche sehr geschickt die an sich unvermeidlichen autoritätskritischen Begleiterscheinungen jedes Entscheidungsvorgangs über Führungspositionen dadurch vermeide, dass sie diese Entscheidungsvorgänge, vor allem die Papstwahl, strikt geheim hält. Dadurch gelänge es ihr, dass die an sich unausweichlichen Konflikte innerhalb der Führungsspitze nicht oder nur sehr eingeschränkt öffentlich werden.

      „Grundsatz auch für die Führerwahl“ müsse es daher sein, so Hitler weiter, „daß während der Wahlhandlung jede Diskussion unter den Wählern unterbunden würde“. Die „Durchführung der Führerwahl habe nicht vor den Augen des Volkes, sondern hinter verschlossenen Türen zu geschehen. Auch bei der Papstwahl wisse das Volk ja nicht, was hinter den Kulissen vorgehe. Bei den Kardinälen sei es einmal so weit gekommen, daß sie sich geprügelt hätten. Man habe sie daraufhin für die Zeit der Wahlhandlung einfach eingemauert.“ Wenn eine Staatsform, die dies berücksichtige, „auch nicht ewig halten möge, 200 bis 300 Jahre werde sie bestimmt Bestand haben. Denn sie sei auf Erwägungen der Vernunft gegründet, während die tausendjährige Organisation der katholischen Kirche auf Unsinn als Grundlage aufgebaut sei“20.

      Noch in einem weiteren Aspekt ihrer Eliterekrutierung gilt Hitler „die katholische Kirche als vorbildliches Lehrbeispiel“. „In der Ehelosigkeit ihrer Priester“, so Hitler bereits in „Mein Kampf“, liege der Zwang begründet, den Nachwuchs für die Geistlichkeit statt aus den eigenen Reihen immer wieder aus der Masse des breiten Volkes holen zu müssen. Dies sei „die Ursache der unglaublich rüstigen Kraft, die in dieser uralten Institution wohnt. Denn dadurch, daß dieses Riesenheer geistlicher Würdenträger sich ununterbrochen aus den untersten Schichten der Völker heraus ergänzt, erhält sich die Kirche nicht nur die Instinkt-Verbundenheit mit der Gefühlswelt des Volkes, sondern sichert sich auch eine Summe von Energie und Tatkraft, die in solcher Form ewig nur in der breiten Masse des Volkes vorhanden sein wird. Daher stammt die staunenswerte Jugendlichkeit dieses Riesenorganismus, die geistige Schmiegsamkeit und stählerne Willenskraft“21.

      Hitlers partieller Respekt vor den Kirchen ist, so zeigt sich, die Konsequenz seiner Analyse ihrer internen Konstitutionsprinzipien, wie Hitler sie wahrnimmt. Als über lange Zeit einflussreiche Weltanschauungsinstitutionen sieht er in ihnen Beobachtungsobjekte mit gewissem Vorbildcharakter. Sie interessieren ihn, insofern manche ihrer Erfolgsregeln auch unter den Bedingungen einer modernen – Hitler versteht darunter eine naturwissenschaftlich und technologisch fortgeschrittene – Gesellschaft gelten könnten. Es geht Hitler dabei um die Art und Weise, wie die Kirchen ihre „Weltanschauung“ mobilisieren und organisieren, und dies unter modernen Konkurrenzbedingungen. Hitler interessieren die Kirchen als politische Weltanschauungsorganisationen innerhalb einer Konkurrenzsituation pluraler Anbieter auf dem Markt der Weltanschauungen.

       2. Hitlers Kritik

       a) „Langsames Ausklingen“ der Kirchen: Hitlers Szientismus

      Selbstverständlich hat Hitlers Analyse der Kirchen nichts mit Zustimmung zu ihren Verkündigungsinhalten zu tun. Wiewohl Hitler sich als „gottgläubig“ bezeichnet und ihm eine spezifische Form der Religiosität wohl auch persönlich eignet, so gelten ihm doch die meisten der konkreten Inhalte der christlichen Verkündigung als durch die naturwissenschaftliche Forschung widerlegt. Die Popularisierung der wissenschaftlichen Erkenntnisse werde denn auch, so Hitlers Überzeugung, die Glaubwürdigkeit der Kirchen endgültig untergraben. „Wer naturgemäß lebt, kommt …, ohne daß er es will, in Gegensatz zur Kirche. Die Kirche geht daran zugrunde. Die Wissenschaft wird Siegerin sein“22, so Hitler in einem Gespräch im Führerhauptquartier am 14.10.1941.

      Es sei deshalb auch nicht „richtig, sich jetzt in einen Kampf mit der Kirche zu stürzen. Am besten, man läßt das Christentum langsam verklingen; ein langsames Ausklingen hat auch etwas Versöhnendes in sich: Das Dogma des Christentums zerbricht vor der Wissenschaft. Die Kirche muß schon jetzt mehr und mehr Konzessionen machen. Tausend Dinge werden allmählich hinfällig. Es braucht nur noch der Nachweis geführt werden, daß das Anorganische und das Organische in der Natur ohne Grenze ineinanderüberfließen! Wenn erst einmal das Wissen um das Universum sich verbreitet, wenn der Großteil der Menschen sich klar darüber wird, daß die Sterne nicht Leuchtkörper sind, sondern Welten, vielleicht belebte Welten, wie die unsere, dann wird die Lehre des Christentums völlig ad absurdum geführt“23.

      Der „ganze(.) katholische(.) Kirchenglauben“ ist denn auch für Hitler „eine unglaublich schlaue Mischung von Heuchelei und Geschäft unter Ausnutzung der menschlichen Anklammerung an die überkommene Gewohnheit“. Selbst ein „gebildeter Geistlicher könne“, so Hitler, „doch unmöglich den Unsinn glauben, den die Kirche verzapfe“24. Das Christentum sei „das Tollste, das je ein Menschenhirn in seinem Wahn hervorgebracht

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