Der Tote in der Hochzeitstorte. Thomas Brezina
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Читать онлайн книгу Der Tote in der Hochzeitstorte - Thomas Brezina страница 15
Poppi stand vor dem Schrank, in dem auf einer Stange Babykleidung hing. Mit einem seligen Lächeln im Gesicht ging sie die winzigen Kleidungsstücke durch. Ihr Lieblingsteil war ein Overall, wie ihn die Pfleger im Tierpark Herberstein trugen. Sogar das Logo des Tiergartens hatte er auf der Brusttasche.
Still beobachtete Klaus von der Tür aus seine Frau. Er räusperte sich kurz, damit sie von seinem Eintreten nicht erschreckt wurde. Poppi drehte sich zu ihm und hielt den grünblauen Overall in die Höhe.
»Ist es nicht unglaublich lieb, dass die Leitung des Tiergartens diesen Overall für unser Baby nähen hat lassen?«
»Eine sehr freundliche Geste«, stimmte ihr Klaus zu. Die Reders waren die Tierärzte des Zoos und behandelten vom Erdmännchen bis zu den Löwen alle Tiere.
Poppi strich mit der Hand über ihren runden Bauch. »Der Overall wird dir sicher gut passen.«
Klaus trat neben sie und legte seine große Hand auf Poppis Hand, die den Bauch streichelte. »Willst du wirklich nicht wissen, ob wir ein Mädchen oder einen Jungen bekommen?«
»Nein.« Als die Frauenärztin bei der Untersuchung gefragt hatte, ob Poppi und Klaus das Geschlecht des Kindes erfahren wollten, hatte Poppi energisch abgelehnt. »Es gibt doch kaum noch echte Überraschungen im Leben. Deshalb möchte ich bei meiner Geburt eine erleben. Und was immer es ist, egal ob Junge oder Mädchen, es ist das größte Geschenk, das wir bekommen können.«
Da konnte Klaus ihr nur zustimmen. Sie hatten die Hoffnung auf ein Kind schon aufgegeben gehabt, als Poppi schwanger wurde. Die Schwierigkeiten und Unsicherheiten der Anfangszeit waren überstanden und die Vorfreude der Eltern unendlich groß.
Klaus deutete auf die Kleidungsstücke im Babyschrank. »Sind da keine echten Jungensachen dabei? Oder Mädchenkleider?«
Seine Frau musste lachen. »Nein, keine Motorradjacke und kein Prinzessinnenkleid. Ich habe alle Strampler geschlechtsneutral ausgesucht.«
»Sobald deine und meine Familie das Geschlecht kennen, werden wir mit der passenden Babykleidung überschüttet werden.«
Davon war auch Poppi überzeugt. »Aber ich will keine Stereotypen für unser Kind. Wenn es ein Mädchen wird, bekommt es trotzdem den Overall aus dem Tiergarten und wird nicht nur wie ein rosa Bonbon im Kinderwagen liegen.«
Mit diesem Vorschlag konnte sich Klaus gut anfreunden. Als Poppi den Overall zurückhängte, begann er, vorsichtig zu erzählen, was er herausgefunden hatte.
»Die Wettervorhersage für die kommende Woche ist alles andere als freundlich, Poppi.«
»Was heißt das?«
»Starker Schneefall ist angesagt. Vor allem in den Bergen.«
Poppi drehte sich energisch zu ihm um. »Hör zu, ich weiß, dass du nicht wild darauf bist, zur Hochzeit von Lilo und Axel zu fahren …«
»Halt, das stimmt so nicht. Natürlich will ich dabei sein«, korrigierte er.
»Im Sommer haben sie die Hochzeit abgesagt, weil ich das Bett hüten musste. Verstehst du? Nur meinetwegen haben sie das getan. Lilo ist es unendlich wichtig, jetzt endlich zu heiraten und wir werden dabei sein. Ich bin ihre Trauzeugin.«
Liebevoll nahm sie Klaus an den Händen. »Poppi, ich denke nur an dich …«
Sie küsste ihn. »Danke, mein Schatz. Aber die Ärztin hat auch nichts dagegen. Sie meint sogar, was sie aus ihrer langen Erfahrung so sagen kann, wird das Baby eher später als früher kommen. Also ist es frühestens in drei, eher erst in vier Wochen so weit. Vielleicht sogar erst kurz vor Weihnachten. Ein Christkind eben. Oder ein kleiner Weihnachtsmann.«
»Bist du wirklich absolut sicher, Poppi? Dieses Hotel ist irgendwo im Nirgendwo in den Bergen. Ich will nur nicht, dass du auf einmal die Wehen bekommst und wir kein Krankenhaus in der Nähe haben.«
Poppi löste sich aus seinem Griff und ging in Richtung Küche, um Tee zu machen. »Unser Auto hat einen Allradantrieb, du hast Schneeketten im Kofferraum. Was soll schon geschehen?«
»Wir könnten eingeschneit werden.«
»Um diese Jahreszeit? Unmöglich.«
Viel Hoffnung machte sich Klaus nicht, sie umzustimmen, aber er wollte nichts unversucht lassen. »Du bist also fest entschlossen, am Freitag nach Tirol zu fahren?«
Poppi schaufelte energisch Teeblätter in ein großes Sieb und Klaus füllte den elektrischen Wasserkocher.
»Wir fahren in der Früh los und kommen zu Mittag an.« Poppi lehnte sich gegen die Kante der Anrichte. »Vielleicht hat das Hotel Sauna und Hallenbad. Dann kannst du dich einmal erholen, während ich mit dem Rest der Bande plaudere. Abendessen ist dann gemeinsam, am Samstag ist die Hochzeit und sonntags am späten Vormittag treten wir die Rückreise an.«
»Wenn nichts dazwischenkommt.«
»Klaus, bitte hör auf, schwarz zu sehen. Wir fahren zu einer Hochzeit und nicht ins Dschungelcamp.«
Das Wasser kochte und Klaus goss es in die Kanne.
»Ich will nur alles richtig machen«, verteidigte er sich.
Poppi reichte ihm das Teesieb. »Dann fang mit dem Tee an und gib das zuerst in die Kanne, bevor du Wasser einfüllst.«
Sie küsste ihn auf die Wange.
WIEDER EINE E-MAIL
Von: Dominik Kascha
An: Lilo Schroll, Axel Klingmeier, Poppi Reder
Betreff: Ankunft
Hallo ihr drei,
der Countdown läuft. Wer von uns hätte damals, als wir Teenager waren, gedacht, dass Lilo und Axel heiraten werden.
Es gibt so viele Dinge im Leben, die man sich nicht vorstellen kann. Irgendwann aber kommt ein Zeitpunkt, da müssen sie erkannt und angenommen werden. In solchen Zeiten fällt das Annehmen im ersten Augenblick manchmal schwer, aber wenn man sich endlich zur nötigen Erkenntnis durchgerungen hat, entstehen Erleichterung und eine neue Lebensfreude, die man sich vorher nicht vorstellen hätte können.
Heute Abend fliege ich bereits nach Europa, weil ich einen Zwischenstopp in London einlegen muss. Am Dienstag und Mittwoch habe ich zwei Drehtage für einen Kinofilm in den Pineapple Studios. Donnerstag geht es nach Wien und Freitag in der Früh nach Innsbruck. Ein Fahrer ist bestellt, um mich in das Alpenschlössel zu bringen. Zu Mittag treffe ich ein.
Meine Vorfreude auf unser Wiedersehen könnte nicht größer sein. Es gibt so viel zu erzählen. Unsere Gespräche auf Skype oder Zoom reichen dafür nie aus. Es ist so viel besser, einander gegenüber zu sitzen und von Angesicht zu Angesicht zu reden.
Lilo und Axel, ich werde es mir nicht nehmen lassen, bei eurer Hochzeit zu singen. Von einer Freundin aus New York, die Hits für Beyoncé geschrieben hat, stammt der Song, den ich für euch vortragen will. Er soll mein Geschenk sein.
@Lilo: Ich nehme an, ihr habt Musik auf eurer