ROCK IM WALD - Ein Norbert-Roman. Andrea Reichart

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ROCK IM WALD - Ein Norbert-Roman - Andrea Reichart

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das erschien ihr doch ein wenig riskant. Frustriert rappelte sie an dem Türgriff.

      „Darf ich?“ Die tiefe Stimme hinter ihr fuhr ihr so unter die Haut, dass ihre Hände begannen zu zittern, als sie sie von der eisernen Verriegelung zurückzog.

      Mit einem kräftigen Ruck öffnete der Fremde die Tür und hielt sie auf. Wortlos und nur mit einer leichten Kopfbewegung forderte er sie auf, hinauszugehen.

      „Komme ich denn nachher wieder rein?“, fragte Catrin unsicher.

      „Natürlich.“

      Lachte er sie aus oder an?

      „Notfalls können uns die beiden dort drüben wieder hereinlassen.“ Er nickte dem älteren Ehepaar zu, das sie aufmerksam beobachtete, und lächelte die beiden an. Die Frau erwiderte sein Lächeln sofort, über das ganze alte Gesicht strahlend, was Catrin nicht im Geringsten überraschte.

      Sie schmunzelte. Wahrscheinlich überlegte der konsterniert dreinblickende Ehemann gerade, wann er diese Wirkung auf seine Frau verloren hatte.

      „Na gut, dann will ich Ihnen mal vertrauen“, sagte Catrin und ging hinaus. „Danke.“

      „Gerne. Rauchen Sie?“

      Sie sah, wie sein Blick sie aufmerksam streifte, wie er sie blitzschnell von oben bis unten taxierte.

      „Nicht mehr.“ Dass sie während ihrer Schwangerschaft aufgehört und nie wieder mit dem Rauchen begonnen hatte, ging ihn nichts an.

      Flackerte etwas wie ein Schatten des Bedauerns über seine Züge? Galt er der Tatsache, dass er nun alleine rauchen musste? Oder, dass sie einen Ehering trug? Schweigend steckte er sich eine Zigarette an.

      „Wohin geht die Reise?“, fragte er plötzlich und Catrin erschrak, weil sie nicht damit gerechnet hatte, dass das Gespräch weitergehen könnte.

      „Ins Sauerland. Und selbst?“

      „Auch.“

      Sie legte normalerweise Wert darauf, zu betonen, dass der Ort, in dem sie lebte, streng genommen nicht im Sauerland lag, sondern eher kurz davor. Wenn die Leute Sauerland hörten, dachten die meisten nämlich sofort an Wälder, Wiesen und „Woll?“ Manchmal war ihr das peinlich. Manchmal nicht.

      Ihr Gesprächspartner blies gedankenverloren filigrane Rauchkringel in die Nacht. „Ich könnte nicht mehr in der Stadt leben.“

      Ach du je, noch so einer, dachte Catrin und seufzte.

      Felix und sie hatten jahrelang im Ruhrgebiet gelebt, er arbeitete dort bei einem großen Energiekonzern. Und dann legte einer ihrer Sauerlandurlaube plötzlich einen Hebel in seinem Kopf um. Fortan redete er nur noch davon, aufs Land zu ziehen. Er entwickelte einen regelrechten Hass auf die Großstadt und trug ihn bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit zur Schau. Bis er schließlich kündigte und sich einen neuen Job suchte, hinter ihrem Rücken.

      „Nichts kann man dir recht machen!“, sagte er wütend. „Jede Überraschung machst du einem kaputt.“ Er packte seine Jacke und wollte hinausgehen, an der Tür drehte er sich dann aber noch einmal zu ihr um. „Du kannst deine blöden Schnulzen überall schreiben“, sagte er. „Stell dich also nicht so an!“

      Mein Gott, war ich naiv, dachte Catrin bitter.

      Hatte sie Felix eigentlich jemals wirklich geliebt? Vermutlich. Nur wann war ihnen die Liebe abhandengekommen? Als sie das Kind verlor und er sie anherrschte, sie solle sich nicht so anstellen?

      Catrin fand einen Weg, ihren Schmerz zu überwinden. Sie stürzte sich in die Arbeit, schrieb einen Roman nach dem anderen. Wer glaubte, das Leben halte Liebe pur für einen bereit, der musste sich auf eine Überraschung gefasst machen. Der musste dringend begreifen, dass es die nur in der Fiktion gab. Das richtige Leben war nicht farbenfroh und voller Leidenschaft, es war grau.

      Und grausam. Wer eine heile Welt suchte, der musste sie sich erträumen. Dem blieb nichts anderes übrig, als sich die Mühe zu machen, ein Buch aufzuschlagen.

      Felix lebte sich im Gegensatz zu ihr schnell in der Dorfgemeinschaft ein. Dort fand er alles, was sein Herz begehrte: seinen heißgeliebten Schützenverein und eine Aufgabe, nämlich die vergammelte feuchte Schützenhalle am See mit seinen Schützenbrüdern zu renovieren, in jeder freien Minute. Und unbeobachtet Sabrina zu bespringen, wann immer ihm danach war.

      Für sie, Catrin, war es nicht so einfach gewesen. Heimat war eben mehr als eine Ansammlung von Häusern, die idyllisch lagen.

      Nun war es zu spät. Wie sollte sie je wieder diesen Menschen vertrauen, unter denen sie und ihr Mann lebten? Die Felix’ schäbige Affäre mit Sabrina stillschweigend hinnahmen und vermutlich auch deckten?

      Catrin spürte, wie ihr nun doch wieder die Tränen in die Augen schossen.

      „Ist Ihnen nicht gut?“

      Sie fuhr erschrocken zusammen, als sie angesprochen wurde. Mein Gott, sie war so in Gedanken gewesen!

      „Geht schon.“ Sie wandte sich um, um wieder in die Lounge zu gehen.

      „Bis Dortmund fahren wir offenbar zusammen.“ Der Fremde öffnete ihr die Tür.

      „Ja, kann sein“, sagte Catrin leise und wollte hineingehen, als er sie unvermutet am Arm berührte.

      „Verstehen Sie mich nicht falsch, aber wenn Sie mögen, dann suchen wir uns gleich Plätze, die nebeneinanderliegen. Ich habe das Gefühl, ich sollte ein wenig auf Sie aufpassen.“

      Erstaunt blickte Catrin ihn an.

      Sie standen so nah beieinander, dass sie den Kopf ein wenig in den Nacken legen musste, was ein ungewohntes Gefühl war. Felix war nur wenige Zentimeter größer als sie, also ziemlich genau eins achtzig. Der Unbekannte, der sich ihr gerade als Reisebegleiter anbot, war sicher gut eins neunzig.

      „Ich weiß nicht …“, stammelte sie.

      „Wir Sauerländer müssen zusammenhalten, woll?“, sagte er und betonte das woll? so übertrieben, dass sie lachen musste.

      Er blickte auf seine Armbanduhr. „Wir sollten zum Gleis gehen, der Zug müsste gleich einfahren.“

      Catrin nickte langsam. Warum eigentlich nicht, dachte sie.

      Kapitel 4

      „Sieht aus, als wäre dir die Fahrt nach Hamburg richtig gut bekommen“, sagte Ben und sah seinen Bruder aufmerksam von der Seite an, als sie zum Parkplatz gingen.

      „Die Rückfahrt vielleicht, der Rest war genauso ätzend, wie erwartet.“

      „Na gut, aber jetzt bist du wieder ein freier Mann. Etwas ärmer vielleicht, aber zurück auf dem Junggesellenmarkt. Wir nehmen bereits Wetten an, für wie lange.“

      Ben musste sich bemühen, Schritt zu halten mit Wolf. Wie immer. Die zehn Zentimeter, die sein jüngerer Bruder größer war als er, lagen eindeutig in dessen Beinen.

      „Müssen wir uns so beeilen?“ Er war schon richtig außer Puste, aber Wolf ließ sich nicht beirren

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