ROCK IM WALD - Ein Norbert-Roman. Andrea Reichart

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zog die Handbremse an und den Schlüssel aus dem Zündschloss. Augenblicklich umgab ihn absolute Stille. Sie würde so lange anhalten, bis die unsichtbaren Beobachter, die in Baumkronen, hinter Büschen und Stämmen nun den Atem anhielten, sich an seine Anwesenheit gewöhnt hatten.

      Das leise Plätschern der Quelle, die sich in einen kleinen aber erstaunlich tiefen Teich hinter der Hütte ergoss, ließ das Wasser in Wolfs Mund zusammenlaufen. Es ging nichts über quellengekühltes Bier.

      Wolf schloss die Tür zum Blockhaus auf und entriegelte sofort die beiden Fenster, die zur Vorderseite hinausgingen. Mückennetzgefiltertes Waldlicht flutete die winzige Küchenecke und den Wohnraum.

      Nachdem er die Leiter zur Empore hochgeklettert war, wo sich sein Bett befand, und dort ebenfalls das Fenster geöffnet hatte, das den Blick nach hinten freigab, stieg er wieder hinunter und ging erst einmal in das kleine fensterlose Bad.

      Strom konnte er mit einem Generator erzeugen, aber den warf Wolf nur an, wenn es gar nicht anders ging. Gekocht und geheizt wurde mit Holz und die Wasserversorgung über grüne Plastiktonnen, die den Regen auffingen, war ausgesprochen ausgetüftelt. Ein Rohrsystem leitete die Abwässer in eine Sickergrube, die bereits sein Vater vergrößert hatte. Jedes Mal, wenn Wolf die Klospülung betätigte, war er ihm dafür dankbar.

      Essen würde er heute wohl nichts mehr, Laura hatte ihn mit ihrem üppigen Mittagsmahl tatsächlich sattbekommen. Vielleicht noch ein Butterbrot heute Abend, das wars dann auch. Es sprach aber nichts dagegen, sich mit einem kalten Bier nach draußen in den Schatten zu setzen und ein wenig die Seele baumeln zu lassen. Er konnte weiß Gott Ruhe gebrauchen.

      Auch wenn er eigentlich wusste, dass es eine blöde Idee war, online zu gehen, so juckte es ihn dennoch in den Fingern, mal eben nachzusehen, welche Neuigkeiten es in seinem anderen, virtuellen Revier gab. Nur ganz kurz.

      Noch während er mit zwei tropfnassen kalten Flaschen in der einen Hand zur Hütte zurücklief, wählte sich Wolf mit der anderen über sein iPhone in Facebook ein. Er hatte sich in den letzten Tagen dort bewusst rargemacht und längst nicht mehr auf jeden Post reagiert. Die Abwicklung der Scheidung und der Ausstieg aus der Kanzlei hatten ihm alles abverlangt.

      Wie immer in solchen Augenblicken, wenn er mental erschöpft war, fiel die tiefe Trauer um seinen Hund wieder über ihn her. Nach so vielen Jahren musste das doch eigentlich irgendwann aufhören, oder? Altersschwäche hin oder her – eine Seele zu verlieren, mit der man über so viele Jahre intensiv verbunden gewesen war, konnte Schmerzen bereiten, die er seinen ärgsten Feinden nicht gönnte – und davon hatte er mehr als genug. Er hätte nie geglaubt, wie lange die Trauer um Blue ihn im Griff haben würde.

      Die erste Flasche Bier leerte Wolf nahezu in einem Zug, dann öffnete er die Zweite.

      Die Verbindung übers Handy ins Internet war langsam und instabil. Sie funktionierte überhaupt nur, weil der kleine Ort, der östlich von seinem Wald lag, über einen eigenen Handymast verfügte – schön weit weg von den letzten Behausungen und ziemlich nah an seiner Grenze – ein Segen für ihn.

      Oder doch nicht?

      Wolf spürte, wie sich etwas in ihm verkrampfte, während er darauf wartete, bis das Netzwerk alle Nachrichten in seinem Account aktualisierte. Über fünfhundert. Verflucht, hörte das denn nie auf? Er hatte gerade die Flasche an den Mund geführt, da sprang auch schon ein Chat-Fenster auf.

       Endlich, Rock! Ich dachte, du würdest überhaupt nicht mehr online gehen, Mensch! Wir brauchen deine Hilfe bei einer Petition!

      Wolf kannte die Absenderin nicht, aber wie hätte er auch mehr als 5.000 Abonnenten seiner Seite und weiß Gott wie viele aus all den Gruppen, in denen er war, auseinanderhalten sollen? Vermutlich wollte sie ihn bitten, mal eben dafür zu sorgen, dass der Walfang weltweit unterbunden wurde. Oder, dass die Menschheit aufhörte, Fleisch zu essen. Oder, dass er das Verspeisen von Hunden in irgendeinem asiatischen Land unterbinden half. Oder, oder, oder …

      Wolf klickte die Nachricht weg und ging sofort wieder offline. Schweiß hatte sich auf seiner Stirn gebildet. Verdammt! Was war nur mit ihm los?

      Kapitel 8

      Inzwischen waren bereits drei Stunden vergangen. Es war schon nach zwei und Sabrinas ominöser Bruder war noch immer nicht mit Diva am Schützenplatz aufgetaucht. Zwischenzeitlich hatte sich die Festhalle mal geleert, nun strömten wieder Gäste hinein.

      Catrin warf einen unruhigen Blick auf ihre Uhr. Wo blieb der Typ bloß? Wenn sie noch lange hier sitzen musste, zwischen Felix und einem seiner Obersten, dann würde sie durchdrehen.

      „Ruf ihn noch mal an“, bat sie Felix zum wiederholten Mal, aber sie hatte ihn so abgefüllt, dass er nun beinahe schon schielte, als er sie verständnislos ansah. Wie er noch den Schützenball am Abend schaffen wollte, war ihr ein Rätsel.

      Sabrina allerdings schien dagegen geradezu nüchtern. Sie schwankte zwar ein wenig, als sie einen großen Becher tiefschwarzen Kaffee vor Felix abstellte, aber außer Catrin bemerkte das vermutlich niemand.

      „Trink den!“, befahl Sabrina grinsend und Felix gehorchte, ohne mit der Wimper zu zucken.

      „Wenn dein Bruder nicht bald hier auftaucht, dann gehe ich nach Hause und ziehe mich um!“ Catrin musste gegen die wieder einsetzende Musik anschreien.

      Kaum hatte sie ihre Drohung ausgesprochen, kramte Sabrina bereits in ihrem Handtäschchen. Sie wählte die Nummer ihres Bruders und wartete. Dann runzelte sie die Stirn.

      „Wer ist da?!“, rief sie.

      Catrin, die aufgestanden war, um sich ein wenig die Beine zu vertreten, blieb stehen und sah Sabrina an. Irgendwie klang sie alarmiert.

      „Ist was passiert?“, fragte sie und spürte plötzlich einen Kloß im Hals.

      „Was?!“, schrie Sabrina ins Telefon, ohne Catrin zu beachten. „Wo?!“

      Catrins Hand schoss vor, ihre Finger krallten sich in Sabrinas Arm. „Gib mal her!“, rief sie.

      Sabrina reichte ihr, willenlos wie jemand, der die Kontrolle über seine Körperfunktionen verloren hatte, das Handy.

      „Hier spricht Catrin Stechler, die …“, sie kam gar nicht dazu, weiterzureden, die Stimme am anderen Ende der Leitung hatte ihren Redefluss gar nicht unterbrochen. Sie war wirklich kaum zu verstehen in dem Lärm, der nun wieder in der Halle herrschte.

       „… in der Nähe der Sorpe, dort wo sie in die Lenne fließt. Der Fahrer war sofort tot. Wenn Sie eine Angehörige sind, müssen wir Sie bitten, herzukommen.“

      „Was ist mit dem Hund?“, fragte Catrin laut und setzte sich. Sie hatte das Gefühl, als hätte ihr jemand die Beine weggezogen.

       „Welcher Hund?“

      „Der … Simon hatte einen Hund im Wagen, eine trächtige Hündin namens Diva. Was ist mit ihr?“

      Offensichtlich hielt der Mann am anderen Ende der Leitung den Hörer zur Seite, sie hörte, wie er jemandem etwas zurief: „Hat einer von euch was von einem Hund gesehen?“

      Eine Stimme, die sehr dünn und weit entfernt klang, antwortete. „Da war ein Hund an Bord? Ah, das erklärt den Hundekorb. Nee, kein Hund weit und breit. Ist offensichtlich

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