Drei Zimmer, Küche, Sarg. Heinz von Wilk

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Drei Zimmer, Küche, Sarg - Heinz von Wilk

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Sache zu tun. Wenn ich fertig bin, verschwinde ich sofort wieder.«

      Chili hob einen Zeigefinger: »Das mit dem Loch im Haxen verzeiht der dir nie.«

      »Man kann verzeihen, ohne zu vergeben, sag ihm das, wenn das Thema von dem perforierten Haxen aufkommt. Was ist jetzt? Hilfst du mir, oder ja? Und außerdem, das Loch im Bein hat ihm zwar der Danny verpasst, aber der Heinzi hat uns so was von provoziert und er ist direkt auf den Danny losgestürmt.«

      »Schnee von gestern.«

      »Sag ich ja. Also, würdest du bitte …?«

      Der Chili zog sein Handy aus einer der Schubladen, scrollte sich durch die Nummernliste und drückte dann seufzend auf einen Knopf: »Bitte. Du willst es so. Dein nachfolgendes Leben verkürzt sich möglicherweise nach diesem Anruf um etliche Jahrzehnte.«

      Der Auer wollte auch noch was sagen, aber der Chili hatte das Smartphone schon am Ohr und hob warnend einen Finger: »Ja? Hallo? Heinz? Dein Freund Chili aus Rosenheim spricht. Bei was störe ich dich grade?«

      Dann stellte er das Telefon auf »laut« und legte es auf die Schreibtischplatte zwischen ihnen. Beide beugten sich vor, um die Stimme aus dem iPhone besser zu verstehen: »I bin grad beim zweiten Frühstück. Is’ ja erst kurz vor aans in da Nocht. Wos wuisst, Chilimann?« Kurze Pause, schlürfende Geräusche, dann wieder Heinzis Stimme: »A so eine Auster is’ ein richtiges Gschiss zum Essen. Warum soi des eine Delikatess’ sei? Do iss i liaba a Eitrige mit am Schoafn und zwa Bugel. Und a 16er-Blech dazua. Wo wüüst?«

      Kurz für alle Nicht-Austrianer: Eine »Eitrige« ist nicht das, was du jetzt möglicherweise erschauernd denkst, sondern eine Bratwurst mit Käsestücken drin. Ein 16er-Blech ist eine Dose Ottakringer Bier und ein Bugel ist eine Semmel. Dazu muss ich sagen: Der Heinzi kommt ursprünglich aus Wien. Dort haben sie ihm aber ein paarmal den Körper perforiert sowie ein Auge ausgestochen, also hat es ihn nach Salzburg verschlagen. Was im Prinzip aber genauso ungesund sein kann, weil in Salzburg die Messer genauso tief fliegen wie in der Landeshauptstadt.

      »Wie hast du denn mit meinen Leberkäs-Porno-DVDs verdient, mein Lieber?«

      »Wennsd du ›mein Lieber‹ zu mir sagst, dann kriag i glei so einen Phantomschmerz im Haxn. Wos wüüst? I muass weidaessen.«

      »Pass auf, der Max Auer ist auch hier, er hört mit … und …«

      »Woos?« Jetzt ging der Heinzi in eine höhere Tonlage über. Und lauter wurde er auch: »Der grätzige Ex-Kieberer? Der is’ doch schuid, dass mir dein fetter Zwerg a Kugel verpasst hod. Der glaubt, er is’ a Kapazunder (besonders gescheiter Mensch), der Droddel der. Dass den no kaana aus ’m Stand gnommen (umgebracht) hat, des wundert mi’ jetzt aber scho’.«

      Der Auer schob seinen Kopf noch näher zum Telefon: »Servus, Heinzi. Pass auf. Ich such jemanden in Salzburg. Einen Zocker aus Rosenheim. Du musst uns da helfen.«

      »Goa nix muas i. Geh scheißen, du Schpinatschädl. Mit dia red i nix. Gib mia den Chilligen.«

      Max verdrehte die Augen und schob das iPhone näher zu Chili: »Heinzi, i bin’s wieder. Wenn du uns hilfst, dann überlasse ich dir die Pressvorlage für die DVD von meiner neuesten Produktion. Hammerhandlung, pass auf: Eine gemischte asiatische Touristengruppe, so um die zehn Leute, wird im Schloss Neuschwanstein über Nacht eingesperrt. Die verstecken sich in Panik im Folterkeller. Und es gibt genau da ab Mitternacht eine saftige Orgie mit Geistern, toten Adligen, Zombies und Vampiren. In der Früh, bevor es hell wird, kommen dann die Exorzisten mit Kettensägen dazu und machen Sauce Bolognese aus allen Beteiligten. Wie klingt das? Alles in Farbe, Dolby Surround und mit Spezialeffekten, dagegen ist der Untergang der Titanic ein Vogelschiss auf einer Luftmatratze. Und: Ich kann deinen Namen als Produzent und Ideen-Geber noch reinkopieren lassen. Im Vorspann und danach. Was sagst jetzt?«

      Man hörte, wie der Heinzi eine weitere Auster schlürfte, trank, dann ertönte ein klopfendes Geräusch: tock-tock-tock-tock-tock.

      Chili deckte das Handy ab und flüsterte: »Hörst du das? Jetzt klopft er mit seinem Glasauge auf dem Tisch herum. Das heißt, er denkt nach und ist interessiert.«

      Dann sagte er in normaler Lautstärke: »Heinzi, was ist jetzt? Ich hab nicht die ganze Nacht Zeit.«

      »Jojo, i denk bloss a bissel nach. Der gschissene Ex-Kieberer soll kommen. I helf’ eahm mit meine Leut’. Er soi die Chef-DVD mitbringen oda wia des haast. I mach sie exklusiv, globusweit, is’ des klar? Hast schon ein Cover für das Werk?«

      Chili machte die Becker-Faust und zischte ein fast unhörbares »Jaaa«, dann antwortete er: »Der Auer bringt alles auf USB-Sticks mit. Den Film und die Druckvorlagen für das Cover. Dreisprachig: deutsch, englisch, chinesisch. Was sagst du jetzt?«

      Der Heinzi seufzte: »Na ja, bei echter Kunst kann i ned naa sag’n, noch dazu, wenn’s so elegant geamacht is’, des weißt ja eh. Wann kummt der Kieberer?«

      Max sagte: »Morgen Abend. In deinen Laden beim Bahnhof, dem XXL? Um neun?«

      »Jo, wennsd maanst.«

      »Noch was, Heinzi, ich komme alleine nach Salzburg. Und ich will lebendig, an einem Stück und ohne Löcher wieder hier in Rosenheim ankommen. Freies Geleit, zusammen mit dem Typen, wenn wir ihn finden.«

      »Den Gschrappen host scho’ so guad wia in da Daschn. Und aus dem Stand nimmt di hier ohne meinen Segen kaana. Wia haasd der Hawara?«

      »Josef Schiermeier, Bayer, um die 30, notorischer Zocker.«

      »Is’ guad. Bis muagn. Gschamster Diener, Habediehre und Servas.«

      Der Chili legte das Telefon beiseite und schaute den Max an: »Und, zufrieden? Weißt du, was mich das kostet? Das war eine extrem aufwendige Produktion.«

      »Doch nicht wirklich auf Schloss Neuschwanstein, oder?«

      »Spinnst? Aber wir haben einen begnadeten Kulissenbauer. Die Chinesen sind asiatische Küchenhelfer aus München, die Kostüme aus einem Theater in Traunstein geliehen, und die Kettensägen waren ebenfalls Leih-Ware, von OBI. Willst mal in den Film reinschauen? Alleine für das Finale haben wir 80 Liter Ketchup gebraucht. Aber das war Gott sei Dank beim LIDL im Angebot.«

      Der Auer Max winkte ab: »Passt schon. Ich bin nicht so der fachkundige Kunst-Mäzen wie der Heinzi. Was meinst du, kann ich ihm trauen? Von wegen freiem Geleit und so?«

      Der Chili kratzte sich am Ohr: »Er wird ein bissel sehr exzentrisch, höre ich. Und jähzornig und unbeherrscht war er ja schon immer. Also, Wetten auf deine Unversehrtheit würde ich ab deinem Eintreffen in Salzburg nicht mehr annehmen.«

      »Wie?«

      »Das war ein Spaß. Der Heinzi ist ein gesalbter Irrer von höchsten Gnaden, aber er hält sein Wort. Das gilt allerdings immer nur für die aktuelle Absprache. Wenn du später noch mal nach Salzburg musst, stehen Neuverhandlungen an. Haben wir sonst noch was?«

      Der Auer stand mit einem Ächzen auf: »Nein. Jetzt werde ich so langsam müde. Servus, mein Alter.«

      »Warte, nimm deine Lebensversicherung mit!« Chili kramte in einer seiner Schreibtischschubladen: »Wo ist er denn? Ich hab ihn doch gestern noch … ah, da isser ja. Bitte sehr. Der neue Blockbuster für den Heinzi.«

      »Danke. Und warum ist das jetzt meine Lebensversicherung?«

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