Fröhliches Morden überall. Margit Kruse

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Fröhliches Morden überall - Margit Kruse

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eintraf. Müde gähnend kam sie auf sie zu. Von Grundmüller erhielt sie die Anweisung, sich bei den Leuten umzuhören. Bei denen, die hier vor Ort herumstanden, und bei den Nachbarn in den umliegenden Häusern. Sie machte sich sofort an die Arbeit, verteilte brav Visitenkarten und notierte Aussagen, die vielleicht wichtig sein könnten.

      Tanja Altmeier war kaum in den Wagen gestiegen und ein paar Meter die kleine Straße in Richtung Ferienhaus gefahren, als ihr schnellen Schrittes ein Mann entgegenkam. Sie bremste ab, kam ins Schlingern, hielt an und stieg aus.

      »Was machen Sie hier?« Der Mann kam ihr verdächtig vor, er wirkte benebelt. Sie zeigte ihren Ausweis und stellte sich kurz vor. War das der Täter? Vielleicht empfand er Reue und es zog ihn zurück zum Tatort?

      »Ich wohne dort oben in dem Haus am Wald. Wir machen hier Urlaub. Ich bin ein Kollege, Hauptkommissar Thomas Scheffel aus Gelsenkirchen. Ich suche meine Mutter. Sie kam von der Messe, die um 18 Uhr anfing, nicht nach Hause. Jetzt ist es fast 22 Uhr. Ich muss gestehen, dass ich eingeschlafen bin, meine Lebensgefährtin und ihre Mutter ebenfalls. Der Punsch war schuld. Als wir aufwachten, dachten wir, sie sei in ihrem Zimmer. Weil sich nichts rührte und wir nichts hörten, habe ich vorhin nachgeschaut. Sie ist noch gar nicht heimgekommen. Vielleicht ist sie nach dem Gottesdienst ins Hotel Albers. Da will ich gerade hin und nachsehen. Was ist denn da hinten los?« Erst jetzt bemerkte Thomas den Menschenauflauf ein paar Hundert Meter weiter und das Blaulicht eines Polizeiwagens, das die Umgebung gespenstisch erleuchtete. »Ist etwas passiert?« Obwohl er sich privat in Bödefeld aufhielt, zeigte er der Kommissarin seinen Dienstausweis.

      Tanja Altmeier betätigte diesmal, mangels fehlendem Scheinwerfer, die Taschenlampenfunktion ihres Smartphones und betrachtete den Ausweis ganz genau. Tatsächlich ein Kollege, dachte sie nicht gerade erfreut. Scheffel lautete sein Nachname. War das nicht auch der Name der Toten? Und er vermisste seine Mutter und wohnte im Ferienhaus. »Eine Frau wurde tot aufgefunden«, antwortete sie zögerlich. Sie empfand Mitleid mit dem Mann, der plötzlich zu zittern begann. Er ahnte es schon, das sah Altmeier ihm an. Schlimm, wenn die eigene Mutter in der Silvesternacht tot aufgefunden wurde.

      »Wissen Sie, um wen es sich handelt? Tot, sagen Sie?«

      »Sie wurde ermordet. Ich glaube, es handelt sich um Ihre Mutter. Die Dame trug einen Ausweis bei sich, der auf den Namen Eleonore Scheffel ausgestellt ist.«

      »Das muss sich um eine Verwechslung handeln. Niemand hier kannte meine Mutter. Wer sollte sie umbringen? Oder wurde sie überfallen? Aber sie schleppt nie viel Geld mit sich herum.«

      »Nein, es wurde nichts gestohlen, es war alles noch in ihrer Tasche.«

      Thomas riss die Augen weit auf. Er rannte, so schnell es der teilweise vereiste Weg erlaubte, in Richtung Leichenfundort. Er betete, dass es sich tatsächlich um einen furchtbaren Irrtum handelte.

      Tanja Altmeier stieg ins Auto, drehte um und verlangsamte, als sie neben Thomas Scheffel ankam. Durch das Fenster sagte sie: »Kommen Sie, Herr Scheffel, steigen Sie zu mir ins Auto, der Weg ist glatt.« Tanja konnte es nicht fassen. Was für ein kurioser Fall, und das in der Silvesternacht!

      Augenblicklich stieg Thomas zu ihr in den BMW und ließ sich zum Tatort fahren. Dort angekommen, lief er mit weichen Knien auf die am Boden liegende Person zu, die gerade von der Spurensicherung in einen Transportsack gepackt wurde.

      Grundmüller und Radomski versuchten ihn aufzuhalten.

      »Lassen Sie ihn. Es handelt sich wohl um den Sohn der toten Frau. Übrigens ein Kollege aus Gelsenkirchen«, teilte Altmeier ihrem Chef mit. Beide dachten: Der wird sich einmischen. Unter Garantie!

      Thomas ging in die Knie, beugte sich über die Frau und betrachtete sie. Dann fing er wie ein kleines Kind zu weinen an. »Wieso? Wieso ausgerechnet meine Mutter? Sie war doch hier nur Urlaubsgast, hat niemandem was getan.«

      Widerwillig ließ Thomas Scheffel sich zum Auto von Tanja Altmeier bringen. Erschöpft fiel er auf die Rückbank und schlug die Hände vors Gesicht. Er konnte sich kaum beruhigen. Jammerte und weinte.

      Die uniformierte Polizistin hatte die Umstehenden inzwischen alle befragt. Zusammen mit Tanja Altmeier nahm sie sich nun die Nachbarhäuser vor, die sich unmittelbar am Tatort befanden.

      Sie landeten als Erstes in der Parterrewohnung einer jungen Frau, keine 50 Meter vom Tatort entfernt. Altmeier stellte sich und die Kollegin vor und erklärte der Frau, worum es ging. Die Polizistin in Uniform hatte sich bereits unaufgefordert aufs Sofa gesetzt und verfolgte kaugummikauend das TV-Programm.

      Tanja Altmeier schaute sich um. In einer Stunde begann das neue Jahr, doch hier in der Wohnung sah es nicht nach Party aus. Ein kümmerlicher Tannenbaum stand in der Ecke, in einem Laufstall hockte ein kleiner verrotzter Junge, hangelte sich an den Stäben hoch und schaute Tanja neugierig an. Sie streckte dem Kind die Hand entgegen. Es lächelte sie fröhlich an. Tanja liebte Kinder. Für eigene brauchte sie allerdings einen geeigneten Mann, und der war nicht verfügbar. Gerade erst hatte sie die gefühlt hundertste Pleite hinter sich.

      »Ich musste ihn wieder aus dem Bett holen, er wollte einfach kein Auge zumachen«, entschuldigte die Frau den späten Aufenthalt ihres Jungen im Wohnzimmer.

      »Sie sind mir keine Rechenschaft schuldig.«

      Ungefragt gab die junge Mutter der Kommissarin Auskunft. »Ich lebe alleine. Als ich vor einem halben Jahr diese Wohnung bekam, war ich glücklich. Raus aus der Stadt, eine bezahlbare Wohnung, viel Natur, dachte ich. Doch auf dem Dorf hat man es als Alleinerziehende mit Kind nicht leicht.«

      »Das glaube ich Ihnen gern.«

      »Während der Kleine im Kindergarten ist, arbeite ich stundenweise im Café unten im Ort. Da waren in den letzten Tagen immer wieder zwei ältere Damen, die Urlaub hier gemacht haben. Sie haben sich lautstark ausgetauscht. Eine der beiden ging vorhin an meinem Fenster vorbei, rote Mütze und blauer Steppmantel. Ich dachte mir, dass sie in der Kirche war. Ein Mann folgte ihr mit großen Schritten. Ich habe mir nichts dabei gedacht. Ebenfalls ein Kirchgänger, war ich mir sicher. Danach habe ich mich vor den Fernseher gesetzt. Hellhörig wurde ich erst, als ich kurz darauf das Martinshorn hörte. Ich habe wieder rausgeschaut und die Frau am Boden liegen sehen. Schnell kamen dann auch einige Leute und haben geschaut, was passiert ist. Ich konnte nicht rausgehen, wegen Andi.«

      »Wie sah der Mann aus? Wie groß? Dick oder dünn?« Altmeier machte sich Notizen.

      »Vielleicht war er ja gar nicht der Mörder. Ich möchte niemanden beschuldigen. Der Mann, der ihr hinterherging, war groß, ungefähr 1,80 Meter, breite Schultern hatte er, ansonsten war er schlank. Er trug eine dicke Jacke, hatte dunkles, halblanges Haar. Es sah jedenfalls im Dunkeln so aus. Aber wie gesagt, ich habe mir nichts dabei gedacht.«

      Die junge Mutter hatte ein schlechtes Gewissen. Ihr war bewusst, dass sie der Polizei längst von diesem Mann hätte berichten müssen. Mischte man sich zu viel ein, war es nicht gut, hielt man sich raus, war es auch nicht gut. Wie man es machte, war es falsch, dachte sie.

      Die Uniformierte kaute noch immer und glotzte »Dinner for one«. Hin und wieder lachte sie kurz auf.

      »Kam Ihnen der Mann bekannt vor?«

      »Es war stockdunkel. Okay, der Schnee ließ alles heller erscheinen. Einen eigenartigen Gang hatte er. Aber ich habe ihn nicht erkannt.«

      »Was meinen Sie mit eigenartigem Gang?«

      »Ein wenig schleppend ging er.«

      »Eben

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