Sehnsucht nach Glück - im Gestern, im Morgen, im Jetzt!. Ilona M. Fudali

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Sehnsucht nach Glück - im Gestern, im Morgen, im Jetzt! - Ilona M. Fudali

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verzweifelt?“

      Der alte Mann war im Begriff die Zeitung zusammenzufalten und zeigte sich jetzt interessiert. Jule schwieg. Sie senkte den Kopf und schaute etwas verlegen zu Boden. Als Jule länger nicht antwortete, wollte der alte Mann sie nicht zum Reden zwingen und ging wieder auf Distanz, um Jule nicht zu bedrängen. Schließlich kannten sich beide nicht. Er breitete wieder die Zeitung aus und las weiter. Jule schwieg. Sie war einfach von Direktheit des Mannes überrascht. Sie fühlte sich etwas überrumpelt, weil ihr gar nicht bewusst gewesen war, dass die Schlagzeilen sie persönlich trafen und dass sie ein Problem hatte. Sie hat das so nicht gesehen. Sie bemerkte, dass sie sich gerade in ihrem Tonfall etwas gehen ließ. Sie kannte den Mann doch überhaupt nicht. Aber sie merkte auch, dass es ihr auch gut tat, den Gefühlen freien Lauf zu lassen. Das hat sie sehr lange nicht einfach so spontan gemacht. Sie hatte zwar oft ein unglaubliches Verlangen am liebsten alles an die Leute rauszulassen, was in ihr schrie und weinte, aber das konnte sie nicht seit dem Tod ihrer Oma. Sie schwieg seitdem nur noch und plötzlich war wieder dieser Schmerz da und die Leere nahm ihr den Atem. Sie konnte sich nicht mehr halten und schluchzte jetzt los. Tränen liefen ihr über die Wangen, was der alte Mann auch bemerkte. Er überlegte nicht lange, nahm nur ein Taschentuch aus seiner Brusttasche und reichte es Jule.

      „Danke“, sagte Jule schniefend, „Ich weiß auch nicht was mit mir los ist. Ich bin einfach nur leer und traurig. Ich kann nicht verstehen, wie man Hoffnung haben kann und woher man Energie zum Leben findet. Es fällt mir alles so schwer und in letzter Zeit überfordert mich einfach alles. Entschuldigen sie.“

      Der Mann legte die Zeitung zur Seite.

      „Ich weiß. Sie fühlen sich schwach und sie glauben keine Kraft mehr zu finden. Das kenne ich viel zu gut. Wenn alles schwarz aussieht, man keinen Halt findet, keinen Plan hat und eine Wand vor dem Kopf sieht, die nicht zu durchbrechen ist, dann fühlt man sich so. Aber glauben sie mir, das ist nicht das Ende. Leere und Traurigkeit entstehen, wenn man von etwas vergangenem Abschied nehmen muss, aber in der Tiefe alles immer noch dagegen kämpft, es loszulassen. Lassen sie ihre Gefühle los und wenn sie weinen wollen, ist das ein guter erster Schritt.“

      Der Mann machte eine kurze Pause und fügte dann noch hinzu: „Als meine Frau vor einigen Jahren verstorben ist, fühlte ich dasselbe. Ich fühlte einen großen Schmerz. Ich dachte, ich werde sterben oder wenigstens daran zerbrechen. Ich war wütend auf alles, doch ich fraß lieber alles in mich hinein. Doch sie sehen, ich lebe noch.“ Der Mann lächelte Jule aufmunternd zu.

      „Aber verraten sie es mir: Wie haben sie es geschafft des Lebens froh zu werden?“, fragte Jule jetzt mit großen Augen und voller Neugierde.

      „Sie wollen mein Geheimrezept erfahren?“

      „Ja“, antwortete Jule aufmerksam.

      „Gut, ich werde es ihnen zeigen. Haben sie jetzt etwas Zeit?“

      Jule hatte in der Tat Zeit und auch nichts vor. Sie nickte nur.

      „Dann kommen sie mit, ich lade sie auf einen kleinen Spaziergang durch unsere Stadt ein. Ich zeige ihnen den Beginn meines Weges zum Glück.“

      Ein riesiges, altes Tor aus Holz, in welches menschliche Gestalten und undefinierbare Muster eingeritzt waren, eine massive Klinke aus Metall, die blank poliert und an einigen Stellen schon abgenutzt war, und die dunkelroten Ziegel der Wand, die dieses alte Kunstwerk in der Mitte, dieses Tor, einrahmten, beeindruckten Jule schon sehr. Da standen sie nun. An der Eingangstür zur Kirche, die sie, wie so vieles, bisher nicht bewusst wahrgenommen hat. Der alte Mann stand schweigend neben ihr und genoss lächelnd die großen Augen seiner jungen Begleiterin, bevor er die Klinke umfasste und an der Tür zog. Eine kühle Luft drang aus dem Inneren hervor und wehte einen leichten erfrischenden Hauch auf die Haut. Mit einer Handgeste lud der alte Mann die etwas unentschlossene Jule hinein. In der Kirche war niemand außer ihnen da, so dass ihre Schritte im Raum hallten. Jule hatte keine Ahnung, warum sie hier waren. Sie war nicht so oft in der Kirche. Sie fühlte sich erst einmal ziemlich unwohl und fehl am Platz, ohne sich das erklären zu können. Der alte Mann ging ein paar Schritte vor ihr. Auf einmal kniete er kurz nieder, machte ein Kreuzzeichen und schritt in eine der Bankreihen hinein. Er setzte sich entspannt in der Mitte der Bank hin, während Jule immer noch unentschlossen da stand. Der alte Mann blickte in ihre Richtung und winkte sie zu sich. Mit vorsichtigen Schritten kam sie auf ihn zu und nahm bedächtig neben ihm Platz. Da saßen sie schweigend und lauschten der Stille. Vor ihnen breitete sich der Altar aus. Bunt bemalte Fensterbilder, die durch die Sonne von draußen erstrahlten. Sie schienen Geschichten aus der Bibel zu erzählen. Der gekreuzigte Jesus war zu sehen, eine Taube, die ihre Flügel ausbreitete und einen kleinen grünen Zweig im Schnabel hielt, weinende Frauen, die ihr

      Gesicht in den Händen hielten und Wolken, die sich entzweiten und brennendes Feuer. Daneben waren noch sehr viele andere bemalte Glasscheiben. Alles wirkte von weitem wie ein Mosaikkunstwerk, das der düsteren und kalten Kirche das Leben einhauchte. Nach einiger Zeit des Schweigens und Beobachtens stellte sich in Jule eine Art Gelassenheit und Entspannung ein. Sie lehnte sich zurück und war überrascht wie geborgen sie sich auf einmal fühlte. Sie schloss die Augen und atmete tief ein. Ruhe. Nichts als Ruhe.

      „Ich komme oft hierher“, flüsterte auf einmal der alte Mann.

      „Ich sitze einfach so da und genieße die Stille. Von alleine ergibt sich ein Gespräch mit Gott, der mir einfach nur zuhört. Wenn ich hier so sitze, ist es als wenn ich ihm in meinem eigenen Herzen begegnen würde, nur dass ich es mir hier mit offenen Augen besser vorstellen kann.“

      „Wer ist Gott für sie?“, fragte Jule den alten Mann.

      „Gott. Hm. Gott kann man nicht in Worte fassen. Es ist eine Macht, die unser Leben lenkt, die außen, innen und überall ist. Sie vereint das Leben in sich, gebärt es und nährt es. Gott, meine Liebe, hält unser Schicksal in der Hand und verschont uns vor gar nichts. Aber Gott liebt uns und alles geschieht aus Liebe, auch wenn wir das nicht verstehen oder unsere Lebensumstände uns was anderes vermitteln wollen. Es gibt eben Sachen, die können wir uns nicht wirklich erklären.“

      Jule verstand nicht so ganz.

      „Sie sagen, alles soll aus Liebe geschehen? Aber das kann doch nicht sein.“

      „Oh doch, das ist die Wahrheit. Sie denken wahrscheinlich jetzt an den Tod, oder an schlimme Erfahrungen oder eben an die Sachen, die gerade in der Zeitung standen, nicht wahr? Aber das geschieht auch aus Liebe. Es ist nämlich in jedem dieser Geschehnisse eine Botschaft von ihm, Gott. Es sind Geschenke, die wir lernen müssen anzunehmen. Erst durch das Zulassen von Schmerz und Tränen, erst indem wir dieses Geschenk im Laufe der Zeit verstehen lernen, eröffnet sich uns das Geheimnis und die Schönheit dessen, was wir erhalten.“

      „Aber ich will solche Geschenke nicht“, sagte Jule.

      Der alte Mann lachte in sich hinein.

      „Wer will sie schon? Wir haben keine andere Wahl, wenn wir glücklich sein wollen. Denn Gott allein weiß den Weg zu unserem Glück, wir nicht.“

      „Ich will so gerne glücklich sein, wissen sie, aber es geht bei mir nicht.“

      Der alte Mann betrachtete jetzt Jule von der Seite, wie sie traurig ihren Blick sinken ließ und seufzte. Er dachte kurz nach, dann griff er mit seiner rechten Hand in die Hosentasche, nahm mit seiner linken Hand die Hand von Jule und legte ihr ein 50 Cent Stück auf die Handfläche. Jule schaute in die lächelnden Augen des alten Mannes und war überfragt.

      „Stehen sie auf“, sagte der alte Mann, „ich will ihnen etwas zeigen.“

      Sie gingen zurück zur Eingangstür

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