Wüsten. Wolf Dieter Blümel

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Wüsten - Wolf Dieter Blümel

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die den Niederschlag in Wüsten verursachen. Regenfälle in breiten Fronten sind äußerst selten und fallen nur an den Wüstengrenzen zur ektropischen Westwindzone. Für einen größeren Raum bedeutet dies, er wird nicht gleichmäßig beregnet (Abb. 19). Über eine oder mehrere Regenzeiten hinweg können erhebliche Unterschiede auftreten, was sich im lokalen Erscheinen von Ephemeren oder der regional unterschiedlichen Wuchsfreudigkeit von Gräser und Zwergsträuchern äußert (s. Kap. 7.1). Die kleinräumige, punktuelle Konzentration des Niederschlags (spottiness) ist ein oft beobachtetes Phänomen in Wüsten (Foto 8). Es sind eben die vereinzelten konvektiven (Cumulus-)Wolken mit Durchmessern kleiner als 5 – 10 km, die für die kleinräumig-variierenden Niederschläge verantwortlich sind. Evenari (1985) beschreibt ein Niederschlagsereignis in der Negev-Wüste, bei dem 14 mm Regen in sieben Minuten fielen und auf eine Fläche von 30 – 40 km2 begrenzt war. Mehrfache eigene Beobachtungen bestätigen die Kleinräumigkeit einzelner kräftiger Schauer.

      Abb. 19

      Schema eines kleinräumigen Verteilungsmusters von Regenschauern oder Gewittern. Dargestellt werden soll die mögliche Beregnung einer gedachten Fläche während mehrerer Regenzeiten: Manche Bereiche des Beobachtungsraums werden des Öfteren, manche während mehrerer Jahre gar nicht beregnet. Ein derart fleckenhaftes Muster (spottiness) ist typisch für die Gesamtheit arider Gebiete (Foto 8).

      Die durchschnittliche Häufigkeit der Niederschläge ist in den einzelnen Wüsten sehr verschieden. In der zentralen Sahara sind in vier Monaten sogar einmal 11 Regenfälle beobachtet worden. In weniger strengen Wüstenmilieus zählt man – bei entsprechender Variabilität – 15 bis 20 Tage mit Niederschlag. Für die Winterregen-Wüste Israels werden so in einem Zeitraum von 17 Jahren als Maximalwert 30 und als Minimalwert 10 Regentage angegeben (Station Avdat).

      In der chilenischen Kernwüste fallen Niederschläge nur in Jahrzehnten einmal, während in den andinen Randgebieten kaum ein Jahr ohne Regen vergeht; jedoch ist die Küstenwüste bei Arica wiederum extrem regenarm. In der südlichen Ägyptischen Wüste (S Minje) soll es jahrelang nicht regnen. Ebenso wird für die westliche Sahara (In Salah) berichtet, dass es zwischen 1903 und 1913 nur einmal geregnet hat. In allen Vollwüsten ist die Zahl der Regentage mit mehr als 0,1 mm sehr niedrig und variabel. Evenari (1985) führt zwei Beispiele für ganz extreme Wüsten an:

       Antofagasta (Chile): 17 von 20 Jahren ohne Regen

       Cochones (Chile): 45 Jahre in Folge ohne Regen (1919 – 1964)

      Pflanzen haben nur einen Nutzen vom Niederschlag, wenn mindestens 10 mm fallen. Andernfalls verdunstet das Wasser, bevor es von den Wurzeln aufgenommen werden kann (Schultz 2000). Für eine ökologische Bewertung ist aber nicht allein die Höhe des Niederschlags entscheidend, sondern dessen Effektivität. Das Wachstum richtet sich ganz danach, in welchen zeitlichen Abständen Niederschläge fallen. Einmalige starke Ereignisse haben eher zerstörerische Effekte, als dass sie Lebensbedingungen unterstützen. Für die Biodiversität, Aufrechterhaltung und Reproduktion ist biologische Effektivität knappen Niederschlags nur gegeben, wenn er in der thermisch günstigen Jahreszeit fällt und über die Vegetationsperiode (Photosynthesezeit) verteilt angeboten wird, wenn also Wasser nachgeliefert wird, um der Pflanze eine gute Entwicklungsmöglichkeit zu bieten.

      Ein biologisch effektiver Niederschlag in extremen Wüsten ist dann gegeben, wenn die episodische Durchfeuchtung ein solches Maß erreicht hat, dass die Keimung des Samens bzw. das Austreiben von Knollen und Zwiebeln in Gang kommt und eine ausreichende Entwicklung der Pflanze ermöglicht wird. Diese biologische Effektivität wird aber von weiteren Rahmenbedingungen mitbestimmt. Evenari (1985) verweist auf anhaltend heiße Winde, die binnen kurzer Zeit den durchfeuchteten Boden mehrere Zentimeter tief wieder austrockneten. Andererseits unterstützen kühle Witterungsbedingungen den Fortgang von Keimung und Austrieb.

      Letztlich sind Wasserknappheit und ein unregelmäßiges Angebot die limitierenden Faktoren für Flora oder Fauna und Auslöser für Dürrestress und damit auch der Regelfall für extreme Wüstengebiete. Für die Artenzusammensetzung ist diese Konstellation entscheidend. Nur Spezies mit besonderen Anpassungsstrategien an die Unzuverlässigkeit des Wasserangebots schaffen es, damit zurechtzukommen. Parameter wie Temperatur, Insolation, Nährstoffmanagel usw. sind in Wüsten meist kein Problem, von extremen Gebirgsstandorten und Dünengebieten abgesehen.

      Nebelwüsten, Luftfeuchte und Tau

      Kalte Auftriebswässer verhindern an den Westseiten der Kontinente eine konvektive Wolkenbildung. Zu den Nebel- oder Nebelwechsel-Wüsten zählen die Namib in Südwestafrika, die Atacama in Südamerika (Peru, Chile), Baja California (Nordamerika), die westliche Sahara und Küstenbereiche im wüstenhaften SW-Madagaskar. Nachts zieht der Bodennebel einige Zehner Kilometer landeinwärts und sorgt für eine oberflächliche Befeuchtung. Er bringt kaum nachhaltige, tieferreichende Feuchte, dennoch profitieren Pflanzen und Tiere von der Kondensation (zur ökologischen Bedeutung s. Kap. 12.2; 13.2). Tagsüber löst sich der Nebel rasch auf; die (Hoch-)Nebelbank bleibt meist über dem Meer liegen. Solange die Nebeldecke das Land überzieht, herrscht Kühle wegen der starken Streuung des Sonnenlichts. Aufgrund ihrer marinen Herkunft sind die Küstenwüsten-Nebel salzhaltig. Die Bildung von Salz- und Gipskrusten wurde und wird von Nebel- und Gischteinträgen bewirkt, ergänzt durch binnenländische Kalkstäube (Eitel 1994; Heine & Walter 1996).

      Nebel kondensiert und kann in der Summe mehrere Dezimeter Niederschlag im Jahr ergeben. Die Häufigkeit und Intensität von Nebeln wird gesteuert von der relativen Luftfeuchte. In den letzten Jahren haben sich Forschungsprojekte und pragmatische Experimente mit dem sog. fog-harvesting beschäftigt, indem Netze/Gewebe oder Strukturen mit großen Oberflächen aufgebaut wurden, um Nebel in der Atacama oder der Namib auszukämmen. Inwieweit Pflanzen tatsächlich diese Nässe verwerten können, ist noch immer umstritten bzw. differenziert zu beurteilen (Kap. 13.2). Unzweifelhaft profitieren flach wurzelnde Pflanzen, Käfer und andere Kleintiere vom nächtlichen Nebel.

      Die Luftfeuchte ist in allen Nebelwüsten mit 70 – 80 % sehr hoch – daher werden sie auch als „humide Wüsten“ (Evenari 1985), Feuchtluftwüsten (Weischet 1966) oder Nebelwechselwüsten (Besler 1972) apostrophiert – jedoch sind die Regenniederschläge äußerst niedrig, d. h. nahe Null.

      In den übrigen Wüsten liegen die Luftfeuchtewerte bei 40 – 50 %. Von Tag zu Tag oder während eines Tages können die Werte zwischen 2 und 100 % variieren. Die mittleren Monatswerte schwanken jedoch nicht sonderlich stark; damit auch nicht der Jahresgang:

       Persische Wüsten etwas über 10 %

       Death Valley 25 %

       Gobi 30 %

       Nordchilenische Wüste 30 – 40 %; südl. Teil 60 %; küstennah 60 – 80 %

      Je kontinentaler der betrachtete Raum, desto weniger tritt Tau auf. So sind die zentrale Sahara und Arabische Wüsten sowie Teile des Sinai weitgehend ohne Tau, wohingegen die meisten warmen/heißen Wüsten wie die innere Namib, die Halbwüsten Karoo und Kalahari, Baja California oder die Negev regelmäßig Tau erleben. Die chilenische Kernwüste dagegen zeigt keine Taubildungen. Küstenstationen in der Namib zählen 23 Tautage im Monat – ein extremer Wert. Vom Tau profitieren – ähnlich dem Nebel – die Kleintierfauna und poikilohydre Pflanzen wie Flechten und Algen. Beim Verwitterungsgeschehen kommt Tau (sowie Nebel) eine wichtige Rolle zu, indem Gesteinsoberflächen sowohl chemisch (Hydrolyse) wie physikalisch (Hydratation; Salzverwitterung) angegriffen werden.

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