Social-Media-Content. Gabriele Goderbauer-Marchner

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Social-Media-Content - Gabriele Goderbauer-Marchner

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auch neu kreiert werden. Im virtuellen Raum ist es nämlich einfacher als in der Face-to-Face-Kommunikation zu kontrollieren, welche Informationen über die eigene Person preisgegeben werden sollen. Die virtuellen Identitäten stimmen folglich nicht immer mit dem realen Selbst überein (vgl. Ebersbach et al., 2011, S. 200). Eine neue Identität zu schaffen und sich auf diese Weise neu zu erfinden, kann somit ebenso zur Nutzung von sozialen Medien motivieren.

      Abb. 5: Ausschnitt von mit »gefällt mir« markierten FACEBOOK-Seiten eines Nutzers

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      Wenn die genannten Motivationen zusammengefasst und kategorisiert werden, zeigt sich, dass die sozialen Medien mit ihren Möglichkeiten verschiedene Ebenen der Maslowschen Bedürfnispyramide (vgl. Maslow, 1943, S. 394) abdecken können. Ausgenommen sind lediglich die physiologischen Bedürfnisse (z. B. Nahrung) – wären die sozialen Medien kein virtueller Raum, würden sie vermutlich diese Ebene auch bedienen können:

      • Sicherheitsbedürfnis: Behandeln von Unsicherheiten bezüglich der eigenen Identität durch das Feedback von Followern und Freunden auf Blogeinträge, geteilte Links etc.

      • soziale Bedürfnisse: Pflegen von Freundschaften, Zusammenschließen zu virtuellen Gruppen, die sich zum Teil auch im physischen Raum treffen

      • Individualbedürfnisse: Erlangen von Ansehen durch bestimmte Aktivitäten oder Beiträge, etwa durch ein Statement zu aktuellen Krisengeschehen

      • Selbstverwirklichung: Ausleben von Kreativität durch den Blog als frei gestaltbaren Raum

      Die Erfindung des Buchdrucks und die damit einhergehende Möglichkeit, Schriftstücke in einer hohen Auflage zu produzieren und zu veröffentlichen, beeinflusste bzw. ermöglichte erst das Pressewesen. Ähnlich revolutionär wirken sich nun die digital vernetzten sozialen Medien auf den heutigen Journalismus aus. Das Stichwort lautet Partizipation: Die Tatsache, dass jeder Internetnutzer Content nicht nur empfangen, sondern auch selbst erstellen und senden kann, weckt im User den Wunsch nach Mitgestaltungsmöglichkeiten – beispielsweise als Bürgerjournalist oder Produktrezensent. Doch bereits 2009 äußerte sich FAZ Mitherausgeber Werner D’Inka der digitalen Revolution und dem Bürgerjournalismus gegenüber kritisch:

      »Stellen wir uns vor, nach der sogenannten digitalen Revolution gebe es keinen Journalismus mehr. Stattdessen redet jeder mit jedem über alles, und weil das alles angeblich so authentisch ist, kann auch jeder jede Form der Kompetenz für sich und seine Liebhabereien beanspruchen. (…) Mir kommt das so vor, als würden wir uns, statt zum Friseur zu gehen, alle gegenseitig die Haare schneiden. Das kann ja ganz sympathisch sein – aber würden wir uns auch von einem Bürgerchirurgen den Blinddarm entfernen lassen?« (D’Inka, 2009, S. 22).

      Der klassische Journalismus wird durch die Partizipationsmöglichkeiten der sozialen Medien zwar nicht ersetzt, die Umbrüche in den letzten Jahren stellen die Struktur des Journalismus dennoch vor Herausforderungen. Die zahlenmäßige Asymmetrie zwischen Sendern und Empfängern wird aufgehoben, da die ursprünglichen Empfänger nun immer vielfältigere Chancen erhalten, ihre eigene Öffentlichkeit zu schaffen und ihre eigenen Themen zu diskutieren. Die sozialen Medien und die damit einhergehende Partizipation der Leser sind jedoch nicht als Konkurrenz zum klassischen Journalismus zu sehen, sondern vielmehr als Ergänzung:

      »Professionell, redaktionell organisierter Journalismus sieht sich im Zeitalter der digitalen Moderne vielerorts mit einer Gefährdung seiner existentiellen Grundlage, seiner Prinzipien und Werte konfrontiert. Es bieten sich aber auch beträchtliche Chancen. Digitale Medien werden anders konsumiert als gedruckte Medien, sie fördern Partizipation und damit die Emulsion vormals strickt getrennter Welten: Mediennutzer und Medienprofis gestalten mit jeweils unterschiedlichen Hintergründen, Zielen und Praktiken die medialen Öffentlichkeiten unserer Zeit« (Kramp/Novy, 2013, S. 237).

      Die Chance zur Partizipation mithilfe der sozialen Medien zeigt verschiedene Auswirkungen auf die Aufgaben des Journalisten. In der Alltagspraxis machen sich diese Neuerungen beispielsweise dadurch bemerkbar, dass der von »unprofessionellen« Journalisten veröffentlichte Content von den Redaktionen beobachtet und auf deren Relevanz hin gefiltert oder Leserkommentare zu redaktionellen Beiträgen moderiert werden müssen. Der Journalist wird vom Gatekeeper zum Gatewatcher. Anstatt nur die eigenen Tore zu bewachen, werden auch die Ausgangstore von externen Quellen wie etwa Blogs, Wikis, Foren und anderen Communities beobachtet, um die Informationen als Rohmaterial für die eigenen redaktionellen Beiträge zu nutzen. Somit haben sich die Quellen, die Journalisten für ihre Recherche nutzen, durch die sozialen Medien etwas gewandelt. Selbst wenn Branchenexperten und Nachrichtenagenturen nach wie vor die beliebtesten Informationsquellen darstellen, wird immer häufiger ebenso in bekannten Blogs und Microblogs (TWITTER) zu Themen recherchiert. Auch die Journalisten selbst werden in den sozialen Medien aktiver – so besitzen laut einer weltweiten Studie (vgl. Global Digital Journalism Study, 2013, S. 2) über 50 Prozent einen TWITTER-Account, und ein Drittel betreibt einen eigenen Blog als Ergänzung zur traditionellen Berichterstattung (vgl. Schmidt, 2012, o. S., sowie Kramp/Novy, 2013, S. 236 ff.).

      Die sozialen Medien bieten mehr Publikumsnähe, und es gilt, sich gegenüber den Lesern zu öffnen, die früher Content nur passiv rezipierten und jetzt selbst aktiv Content produzieren. Denn mehr Publikumsnähe wird nicht nur ermöglicht, sondern auch gefordert. Belohnt wird die Ausrichtung auf das Publikum durch Retweets auf TWITTER oder Likes und Shares auf FACEBOOK, die die Reichweite der journalistischen Beiträge erhöhen. Außerdem wird die Meinung der Leser schneller und direkter erkennbar, z. B. durch persönliche Kommentare zu den redaktionellen Beiträgen oder durch Blogs von Laien-Journalisten. Auch wenn nicht jeder Nutzer den Anspruch hat, selbst Content zu veröffentlichen, tragen die sozialen Medien zur Vielfalt der gesellschaftlich verfügbaren Informationen bei. Insbesondere durch Nischenthemen und Gegenöffentlichkeiten entstehen so neue publizistische Angebote (vgl. Schmidt, 2012, o. S.).

      Oftmals werden die Social Media als Gegenspieler zum klassischen Journalismus angesehen, doch gilt es, wie bereits oben in einigen Beispielen aufgezeigt, auch die neuen Möglichkeiten zu sehen, die dem Journalismus bei der Erfüllung der ursprünglichen Aufgaben behilflich sind (vgl. Simons, 2011, S. 153):

      • direktere Interaktion mit den Usern,

      • neue Möglichkeiten zur Produktion und Distribution von Content,

      • Chancen, die Attraktivität des medialen Angebots zu steigern, z. B. durch Partizipationsmöglichkeiten für den User,

      • effizientere und produktivere journalistische Arbeit, etwa durch neue Recherchemöglichkeiten.

      Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sozialen Medien enorme Auswirkungen auf den Journalismus und den Journalisten haben – um nicht im Mediendschungel unterzugehen, ist es wichtig, die Chancen zu nutzen, die sich durch die Herausforderungen bieten. Deshalb sind strukturelle Änderungen in den g der sozialen Medien ist die Wiederherstellung sozialer Strukturen. Die Gesellschaft in den Industriestaaten ist durch die Tendenz zur Isolation stark fragmentiert, wie an der hohen Zahl an losen Freundschaften, sich schnell auflösenden familiären Bindungen, Patchwork-Familien und Alleinerziehenden gesehen werden kann. Die klassischen Medien sind dabei Ausdruck dieser isolierten Individuen: »Leser, Hörer und Zuschauer konnten ihre Blicke allein auf die Inhalte richten, also auf das, was Zeitungspapier, die Mattscheibe oder der Lautsprecher hergaben. Und während Medien 1.0 ihre Nutzer im Wesentlichen mit den Meinungen und Emotionen, die diese Inhalte bei ihnen auslösten, allein gelassen haben, rüsten Medien 2.0 ihre Nutzer mit starken Feedback- und Interaktionsmöglichkeiten aus« (Simons, 2011, S. 140). Die sozialen Medien bieten Fluchtpunkte und haben Integrationskräfte,

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