Medienlinguistik. Daniel Perrin

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Medienlinguistik - Daniel Perrin

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rel="nofollow" href="#ulink_3f91df54-889f-56d3-9a0c-a422e0713062">A|3), auf das ganze Lehrmittel (A|4) und darüber hinaus (A|5).

Zur Kennzeichnung der Kapitel in den Überschriften und Querverweisen: Die fünf Teile des Buchs sind mit Großbuchstaben gekennzeichnet, die Kapitel und Unterkapitel mit Ziffern, die Aufgaben mit Fragezeichen und Kleinbuchstaben. A|2|?c ist also die Aufgabe c in Kapitel 2 des Teils A.

Zum Beispiel der Fall RISIKEN

      „The situation is serious and we do have to take some risks.“ – Diese Worte gehen als Zitat des EU-Ratsvorsitzenden Josep Piqué um die Welt. Piqué hat so etwas Ähnliches gesagt, während einer Medienkonferenz, in einer langen Antwort auf eine lange Frage eines Journalisten. Übersetzer, Nachrichtenagenturen und Medienredaktionen haben dann aber die Äußerung in immer neue Zusammenhänge eingebettet.

      Dabei hat sich der Sinn der Äußerung verändert: In einer Meldung der Nachrichtenagentur Associated Press zum Beispiel scheint sich Piqué mit den „Risiken“ auf schnelles Handeln zu beziehen (_1), bei der DEUTSCHEN Presse-Agentur darauf, hilflos zu wirken (_2), und bei REUTERS darauf, einen bestimmten Machthaber vielleicht nicht treffen zu können (_3):

      Derweil betonten die EU-Außenminister ihre Entschlossenheit zu schnellem Handeln: „Die Situation ist ernst, wir müssen Risiken eingehen, und dazu sind wir bereit“, sagte der spanische Außenminister […] Joseph Piqué.

Piqués Äußerung, wiedergegeben von ASSOCIATED PRESS. Quelle: ap_020404_0703

      So will die EU zunächst vor allem zur Beruhigung beitragen – mit allen reden, die dabei helfen können, wie Solana sagt. Ohne Vorbedingungen, auch wenn das hilflos wirkt. „Wir müssen Risiken eingehen“, meint der Ratsvorsitzende Piqué.

Piqués Äußerung in einer Meldung der DEUTSCHEN PRESSE-AGENTUR. Quelle: dpa_020404_1157

      Piqué räumte ein, noch sei unklar, ob Israel es der Delegation ermöglichen werde, mit Arafat zu sprechen. „Wir müssen Risiken eingehen.“ Davon hänge ab, wie hochrangig die EU-Delegation sein werde.

Nochmals Piqués Äußerung, in einer Meldung von REUTERS. Quelle: rtr_020404_0126
Zur Herkunft der Sprachdaten in den Fallstudien: Die Textkette zur EU-Meldung (_1 bis _3) wurde untersucht für SWISS VIRTUAL CAMPUS (Perrin, Dörig, & Vervoort, 2005). Auch alle anderen Analysebeispiele in diesem Buch greifen zurück auf Sprachdaten aus Forschungsund Transferprojekten: Die Radio-Beispiele stammen aus dem Forschungsprojekt STRATEGIEN DER NACHRICHTENPRODUKTION für das Schweizer Bundesamt für Kommunikation BAKOM (Perrin, 2001b). Die Fernseh-Beispiele gehen zurück auf ein Beratungsprojekt, ausgewertet in der Vorstudie des NATIONALFONDS-Projekts IDÉE SUISSE (Teil D|1 in diesem Band). Die Print- Beispiele entstammen einem ethnografischen Projekt zum redaktionellen Qualitätsmanagement (D|2). Alle Sprachdaten wurden von den Beforschten zur Publikation in diesem Lehrmittel freigegeben. Die Datenkorpora sind beschrieben im Anhang (E|1) und abrufbar im Internetangebot zum Buch: >> www.medienlinguistik.net

Zum Beispiel der Begriff Rekontextualisieren

      Die Redaktionen haben die ursprüngliche Äußerung des Außenministers Josep Piqué so verarbeitet, dass der Wortlaut bleibt, der Sinn aber sich ändert. Sie haben die Äußerung rekontextualisiert (_1). Das bedeutet: Sie haben einen Text (_3) in einen neuen Kontext (_2) gestellt.

      Rekontextualiseren: sprachliche Tätigkeit, bei der ein Textteil aus einem früheren Textumfeld und Kommunikationszusammenhang herausgelöst und neu eingebettet wird, was den Kontext beim Verstehen ändert.

R. wird in der Medienlinguistik ausführlich diskutiert. ■ Ekström, 2001 beispielsweise stellt fest, dass viele Äußerungen von Politikern in Fernsehnachrichten so rekontextualisiert sind, dass die Kommunikationsabsicht der Quelle kaum mehr auszumachen ist.
Dieses Buch arbeitet durchgehend mit solchen Arbeitsdefinitionen (schwarz hinterlegt) und Diskursverweisen (klein gedruckt darunter). Die Definitionen erfassen medienlinguistisch zentrale Fachbegriffe möglichst einheitlich, dicht und anschlussfähig. Die Fachbegriffe sind zusammengestellt im Glossar am Ende des Buchs (E|4). Die Diskursverweise sind knapp gehalten, weitere sind im Internet-Glossar aktuell abrufbar.

      Kontext: dynamische Umwelt, auf die sich Äußerungen beziehen, wenn sie verarbeitet werden.

Der K. ist dynamisch: Er entsteht und verändert sich beim Herstellen und Verstehen sprachlicher Äußerungen. Je mehr man von einem Text oder Gespräch bereits verarbeitet hat, desto mehr Wissen daraus kann mit einfließen in die Wahrnehmung der weiteren sprachlichen Äußerungen und der Kommunikationssituation. ■ Diese Dynamik des K. betonen etwa Drew & Heritage, 1992, Fritz & Hundsnurscher, 1994, Roberts, 2003, Feilke, 2003, 219, González Rodríguez, 2006 oder Kecskes, 2008. ■ Catford, 1965 oder D. Franck, 1996 unterscheiden den K. und den (statischen) Kotext – den Text vor und nach einer bestimmten Textstelle. ■ Tracy, 2012 beschreibt die „newsphere“ als K. journalistischer Nachrichten.

      Text: fixierter sprachlicher Zeichenkomplex, der gemeint und verstehbar ist als sinntragende Einheit.

Ein T. ist gemeint und verstehbar als Einheit mit kommunikativem Sinn und eigenem Thema. Er hängt in sich stark zusammen und ist nach außen abgegrenzt. Je nach Theorie besteht er aus Zeichen aller Art, aus fixierten Zeichen, sprachlichen Zeichen, fixierten sprachlichen Zeichen oder schriftsprachlichen Zeichen. Hier gilt: Ein T. besteht aus fixierten und primär sprachlichen Zeichen. Piqués gesprochene Äußerung, eine Antwort auf die Frage eines Journalisten in einer Medienkonferenz, ist also nach dieser Definition kein T.; eine Aufzeichnung oder Niederschrift der ganzen Antwort dagegen ist ein T., und die Agenturmeldungen dazu sind ebenfalls Texte. Mehr dazu im Kapitel zur Textebene (C|3.4).

      Die nächsten Seiten bringen vier Aufgaben zur Rekontextualisierung: zuerst eine Aufgabe zum Fall RISIKEN mit der Äußerung von Piqué, dann drei Aufgaben zu Fällen, die das Buch später vertieft.

Fall RISIKEN: Hinter die Oberfläche

      Die Äußerung von Josep Piqué in der Agenturnachricht ist nicht die Äußerung von Piqué in der Medienkonferenz. Jede Wiedergabe rekontextualisiert die ursprüngliche Äußerung.

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