Internationale Beziehungen. Christian Tuschhoff

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Internationale Beziehungen - Christian Tuschhoff utb basics

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die Interaktionsergebnisse vorherzusehen (antizipieren) und schon in ihre Präferenzen einfließen lassen, die im ersten Schritt der Untersuchung erfasst wurden. Im dritten Schritt wird analysiert, welchen Institutionen sich die beteiligten Akteure verbunden fühlen bzw. unterworfen sind. Die Institutionen können sich erheblich unterscheiden, je nachdem in welchem Politikfeld die Akteure handeln. In einigen Politikfeldern, z. B. Handelspolitik (image Kap. 5), gibt es engmaschige Regelwerke, denen sich viele Akteure unterworfen haben. Die Welthandelsorganisation (WTO) stellt zusätzlich ein Schiedsgerichtsverfahren bereit für den Fall, dass Regeln gebrochen werden. Dann können Akteure dieses Verfahren nutzen, um die geltenden Normen gegen Regelverletzer durchzusetzen. In anderen Politikfeldern, z. B. Terrorismus oder Bürgerkriegen (image Kap. 3.4), gibt es zwar auch Normen, z. B. das humanitäre Völkerrecht, aber diese sind weit weniger verbindlich oder präzise als im Bereich der Handelspolitik.1 Außerdem gibt es kaum wirksame, etablierte Verfahren, mit denen sie gegen Regelverletzer durchgesetzt werden könnten.

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       Quelle: Keohane (1984: 53).

      Strukturen und Institutionen

      Wenn man die Interessen von Akteuren, ihre Interaktionen und die Institutionen identifiziert und mit Blick auf die eigene Forschungsfrage untersucht, sollte man weiter beachten, dass es verschiedene Analyseebenen gibt, auf denen man Akteure, Interaktionen und Institutionen finden kann (Waltz 1954; 1979).

       Information kompakt

       Analyseebenen im Teilgebiet Internationale Beziehungen

      imageSystem: erfasst die Eigenschaften des internationalen Systems und die Interessen und Handlungen von Staaten als den Hauptakteuren.

      imageStaat und Innenpolitik: erfasst die Eigenschaften der Staaten (z. B. Demokratie oder Diktatur; parlamentarisches oder präsidentielles Regierungssystem) und die relevanten Akteure in Staat und Gesellschaft sowie alle relevanten innerstaatlichen Institutionen. Solche Akteure sind z. B. politische Parteien oder Interessengruppen.

      imageIndividuum: erfasst die Eigenschaften, Interessen und Handlungen relevanter Individuen. Eine Eigenschaft wäre z. B., ob eine Person eher risikobereit oder risikoscheu ist oder ob die Person viele komplexe Informationen verarbeiten kann oder über eine eher eingeschränkte Informationsverarbeitungskapazität verfügt.

      Mögliche Erklärungen für nicht intuitiv verstehbare Sachverhalte kann man auf allen drei Ebenen finden.2 Es lohnt sich deshalb die oben genannten drei Schritte der Untersuchung auf allen drei Analyseebenen durchzuführen.

       Zusammenfassung

      Die Teildisziplin Internationale Beziehungen beschäftigt sich mit grenzüberschreitenden Interaktionen von Akteuren. Die wissenschaftliche Beschäftigung mit diesen Interaktionen ist wesentlich, weil unsere eigenen Handlungen Wirkung auf andere Akteure ausüben und weil wir selbst von den Handlungen anderer Akteure betroffen sind. Als Ergebnisse von Interaktionen können Harmonie, Kooperation oder Konflikt entstehen. Die Ursachen dieser Ergebnisse findet man auf drei verschiedenen Analyseebenen: dem internationalen System, dem Staat bzw. der Innenpolitik und/oder dem Individuum.

       Lernkontrollfragen

      1.Was versteht man unter einer Theorie?

      2.Wie unterscheiden sich Harmonie, Kooperation und Konflikt?

      3.Wie kann man internationale Beziehungen von Innenpolitik abgrenzen, wenn ihre Ursachen teils in der Innenpolitik liegen?

      4.Was ist der Unterschied zwischen »internationalen Beziehungen« und »Internationalen Beziehungen«?

       Weiterführende Literatur

      Carlsnaes, Walter/Risse, Thomas/Simmons, Beth A., Hrsg., (2013), Handbook of International Relations, E-Book, London, UK: Sage Publications.

      Katzenstein, Peter J./Keohane, Robert O./Krasner, Stephen D. (1998), ›International Organization and the Study of World Politics‹, International Organization, 52(4): 645–686.

      List, Martin (2006), Internationale Politik studieren. Eine Einführung, Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

      Reus-Smit, Christian/Snidal, Duncan, Hrsg., (2010), The Oxford Handbook of International Relations, Oxford, UK: Oxford University Press.

      Schimmelfennig, Frank (2013), Internationale Politik, 3. Aufl., E-Book, Paderborn; München; Wien; Zürich: Schöningh.

      2 | Großtheorien Internationaler Beziehungen

       Inhalt

      In diesem Kapitel werden die verschiedenen Großtheorien Internationaler Beziehungen dargestellt. Dabei liegt der Schwerpunkt einerseits auf ihren zentralen Annahmen und andererseits auf den wichtigsten Aussagen zu Konflikt und Kooperation.

       2.1 Neorealismus

       2.2 Institutionalismus

       2.3 Liberalismus

       2.4 Konstruktivismus

      In Indien wurde jahrhundertelang geglaubt, ein großer Elefant trage die Erde auf seinem Rücken. Eines Tages kamen junge Brahmanen zum Oberbrahmanen und fragten: »Worauf steht denn eigentlich der Elefant?». Der Oberbrahmane stutzte und bat seine jungen Schüler am nächsten Tag wiederzukommen, dann werde er ihnen die richtige Antwort geben. Am folgenden Tag versammelten sich die jungen Brahmanen und warteten voller Ungeduld auf den Oberbrahmanen. Der trat gemessenen Schrittes auf, hob beide Arme in die Höhe und verkündete: »Der Elefant, der die Erde trägt, steht auf einer Riesenschildkröte.« Beeindruckt von so viel Weisheit und Kenntnis schlichen die jungen Brahmanen von dannen. Die Frage, worauf steht die Riesenschildkröte, kam ihnen nicht in den Sinn. Der Oberbrahmane hatte ihre Welt wieder in Ordnung gebracht.3

      Großtheorien

      Unser Wissen — auch in der Politikwissenschaft — beruht auf Annahmen, die, wie in dem

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