Friedens- und Konfliktforschung. Ines-Jacqueline Werkner
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Mobilisierungsstrategien (mobilisation strategy): Diese gehen insoweit über die Zielsetzungen der politischen Akteure hinaus, als sie Wege und Taktiken ansprechen, diese zu erreichen (einschließlich von Strategien zur Mobilisierung der Bevölkerung).
Konfliktauslöser (triggers): Diese erklären weniger, warum ein bewaffneter Konflikt oder Krieg beginnt, sondern vielmehr, warum gerade zu diesem Zeitpunkt.
Katalysatoren (catalysts): Darunter werden Faktoren gefasst, die die Intensität und Dauer des bewaffneten Konflikts beeinflussen. Das können interne Aspekte (zum Beispiel ein militärisches Kräftegleichgewicht der beteiligten Parteien), externe Einflüsse (wie Interventionen von außen, beispielsweise durch die internationale Gemeinschaft) oder auch Naturphänomene (Territorium, Klima etc.) sein.
4.6 Fazit
Konflikte sind hochgradig komplexe und ambivalente Phänomene: Sie können „sowohl als ‚Klebstoff‘ wie auch als ‚Lösemittel‘ fungieren“ (Bonacker und Imbusch 2006, S.77) und eine konstruktive, aber auch destruktive Kraft entfalten. Dabei ist zwischen den verschiedenen Konfliktdimensionen zu unterscheiden: zwischen dem Konfliktbegriff und seinem Austrag wie auch zwischen den Konfliktformen und seinen Ursachen.
Zudem erweisen sich die in der Friedens- und Konfliktforschung existierenden Konflikttypologien nicht ohne Weiteres als kompatibel, setzen sie bei verschiedenen Größen an: Das HIIK beispielsweise orientiert sich wie an obiger Stelle ausgeführt an der Konfliktintensität. Die AKUF wiederum differenziert nach Konfliktgegenständen beziehungsweise nach der Zielsetzung der Konfliktparteien und unterscheidet vier Kriegstypen: Antiregime-Kriege, Autonomie- und Sezessionskriege, zwischenstaatliche Kriege und Dekolonisationskriege. Auch lassen sich Konflikte nach Konfliktakteuren klassifizieren. Hierbei hat sich die Vergesellschaftungsform beziehungsweise der politische Status der Akteure als zentrales Kriterium durchgesetzt. Eine weitere Typologie stellt, da sie bewaffnete Konflikte und Kriege nicht zwingend an einen staatlichen Akteur bindet, die des Politikwissenschaftlers Sven Chojnacki (2006, S.56) dar. Er spricht von vier Kerntypen kriegerischer Gewalt und unterteilt diese in:
„zwischenstaatliche Kriege (zwischen mindestens zwei souveränen Staaten),
extrastaatliche Kriege (zwischen Staaten und nichtstaatlichen Akteuren jenseits bestehender Staatsgrenzen),
innerstaatliche Kriege (zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren innerhalb bestehender Grenzen) sowie
substaatliche Kriege (zwischen nichtstaatlichen Gewaltakteuren innerhalb oder jenseits formaler Staatsgrenzen).“1
Diese Vielschichtigkeit macht es schwer, wenn nicht gar praktisch unmöglich, eine allgemeingültige Konflikttypologie zu entwickeln, die umfassend und widerspruchsfrei zugleich ist. Die folgenden Ausführungen beanspruchen auch nicht, eine solche zu liefern. Vielmehr sollen im Hinblick auf die Differenzierung von Konflikten nach ihren Ebenen und Akteuren, ihren Gegenständen und ihren Austragungsformen wesentliche Charakteristika und Herausforderungen aktueller Konstellationen herausgearbeitet und diskutiert werden.
Weiterführende Literatur:
Bonacker, Thorsten (Hrsg.). 2008. Sozialwissenschaftliche Konflikttheorien. Eine Einführung. 4. Aufl. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. Dieses Lehrbuch liefert einen ideengeschichtlichen und systematischen Überblick über soziologische, politikwissenschaftliche und psychologische Konflikttheorien. Das umfasst neben klassischen Positionen von Thomas Hobbes, Karl Marx, Max Weber und Georg Simmel Konflikttheorien der Internationalen Beziehungen, soziologischer Gesellschaftstheorien sowie sozialwissenschaftlicher Akteurstheorien.
Galtung, Johan. 2007. Frieden mit friedlichen Mitteln. Friede und Konflikt, Entwicklung und Kultur. Münster: agenda Verlag. Die Konflikttheorie von Galtung (im Teil II seines Bandes) fokussiert auf die zerstörerisch-schöpferische Doppelnatur des Konflikts. Nach einer Klärung von Grundbegriffen entwickelt Galtung Typologien möglicher Konflikttransformationen und gewaltloser Konfliktinterventionen.
Geis, Anna (Hrsg.). 2006. Den Krieg überdenken. Kriegsbegriffe und Kriegstheorien in der Kontroverse. Baden-Baden: Nomos. Die Beiträge dieses Bandes befassen sich mit den empirischen und theoretischen Herausforderungen des globalen Kriegsgeschehens und behandeln für die gegenwärtige Friedens- und Konfliktforschung zentrale Kriegsbegriffe und -theorien.
5 Konfliktebenen und Konfliktakteure – asymmetrische Konstellationen
Asymmetrische Konstellationen stellen keine neuen Erscheinungen im Konfliktgeschehen dar, sind aber in den letzten Jahrzehnten verstärkt in den Blick der Friedens- und Konfliktforschung geraten. Stellvertretend dafür stehen die Debatten um die sogenannten „neuen Kriege“. Worauf ist aber dieser Fokus auf asymmetrische Konflikte, die historisch wie global eher den Regelfall denn die Ausnahme bilden (vgl. Münkler 2006a, S.215; Schmidt 2012, S.28), zurückzuführen? Was zeichnet asymmetrische Konflikte überhaupt aus? Und worin besteht das Neue an den heutigen asymmetrischen Konflikten?
5.1 Symmetrie und Asymmetrie im Konfliktgeschehen
Zunächst bedürfen die beiden Begriffe – Symmetrie und Asymmetrie – einer Klärung. Unter Symmetrie wird allgemein „Ebenmaß sowie Ausgewogenheit oder die wechselseitige Entsprechung von Teilen in Bezug auf Größe, Form oder Anordnung“ verstanden (Schmidt 2012, S.26). Dagegen lässt sich Asymmetrie als die Abwesenheit dieser wechselseitigen Entsprechung beziehungsweise „den Mangel an Symmetrie“ fassen und als „Ungleichmäßigkeit“ definieren (Schmidt 2012, S.26). Diese kann verschiedene Dimensionen annehmen. So könne ein asymmetrischer Konflikt „als eine Unterschiedlichkeit der Akteure, deren Strategien, Mittel und Methoden als auch ihrer Ressourcen verstanden werden“ (Schmidt 2012, S.29; vgl. auch Feichtinger 2004, S.69). Das Wörterbuch zur Sicherheitspolitik beschreibt asymmetrische Operationen als
„Operationen zwischen Kräften von Gegnern/Kontrahenten, die weitgehend in der Organisationsform, ihren eingesetzten Mitteln und Fähigkeiten und in der technologischen Entwicklung der eingesetzten Mittel nicht übereinstimmen“ (Meier et al. 2003, S.30).
Auf die Bedeutung der Organisationsform der Akteure verweist auch Christopher Daase. Gemäß seiner Argumentation führen verschiedene Vergesellschaftungsformen der Akteure zu unterschiedlichen Konfliktstrukturen und Kriegsformen, die wiederum unterschiedliche Wirkungen auf die Normkonformität zeitigen (vgl. Daase 1999, S.91ff.). So seien Symmetrie und Asymmetrie von Akteuren nicht nur eine Frage militärischer Macht, sondern vorrangig eine der politischen Organisation. Danach führe „eine bestimmte Vergesellschaftung zu einer bestimmten Art der Interessendefinition und einer bestimmten Präferenz hinsichtlich des Konfliktaustragungsmodus“ (Daase 1999, S.93). Ein Staat sei – schon aufgrund seiner Ordnungsstruktur – auf bestimmte nationale Interessen und die Kontrolle von Territorium und Bevölkerung ausgerichtet. Diese versetze ihn zugleich in die Lage, ein stehendes Heer zu unterhalten, welches er – will er dem politischen System nicht nachhaltig schaden – regelgeleitet einzusetzen habe. Dagegen sei ein nichtstaatlicher Akteur, der einen weitaus geringeren Organisationsgrad aufweise und weder über die Kontrolle von Territorium und Bevölkerung noch über ein stehendes Heer verfüge, nicht diesen ordnungspolitischen Zwängen unterworfen. Er müsse sich an keine Regeln und keine konventionelle