Qualitative Medienforschung. Группа авторов

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Qualitative Medienforschung - Группа авторов

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der qualitativen Forschung ganz im Sinne quantitativer, aber auch qualitativer Inhaltsanalyse bemüht ist, einen manifesten oder latenten Sinn in medialen Produkten oder Texten ausfindig zu machen (→ Mayring/Hurst, S. 494 ff. und Wegener, S. 200 ff.). In der Folge poststrukturalistischer Debatten und als Konsequenz interaktionistischer Konzepte hat sich in Teilen der Medienwissenschaft und in den Cultural Studies ein anderer Textbegriff durchgesetzt, der davon ausgeht, dass Texte keine freizulegende Bedeutung haben, sondern dass sie erst im Rahmen sozialer und kultureller Diskurse Sinn machen. Daher bedarf die Medienanalyse auch der Erweiterung in eine Diskursanalyse (→ Diaz-Bone, S. 131 ff.).

      Ein Problem ist dabei nach wie vor, dass es die Analyse von medialen und populärkulturellen Texten nicht nur mit diskursiven, sondern auch mit präsentativen Symbolen zu tun hat (→ Bullerjahn, S. 534 ff., Eichner, S. 524 ff., Korte, S. 432 ff.). Es gilt also nicht nur Sprache und Schrift zu analysieren (→ Ayaß, S. 421 ff.), sondern vor allem die Bilder in ihrem Zusammenspiel mit Tönen, Sound, Sprache, Schrift und Musik. Im Ansatz der »struktur-funktionalen Film- und Fernsehanalyse« wird dies miteinander verbunden (→ Mikos, S. 516 ff.). Im Mittelpunkt der Analyse steht nicht die Frage, welche Bedeutung der Inhalt von Filmen oder Fernsehsendungen hat, sondern in welcher Weise sich Inhalt, Narration und formale Gestaltung von medialen Produkten mit dem Wissen der Zuschauer und den sozialen und kulturellen Diskursen verbinden, um so audiovisuelle Produkte auch wirklich als Material symbolischer Kommunikation im Rahmen des Alltags und der Lebenswelt der als Zuschauer handelnden Subjekte sinnhaft verstehen zu können (vgl. Mikos 2015).

      Patentrezepte und einfache Lösungen gibt es sicher nicht: Die qualitative Medien- und Kommunikationsforschung muss anhand ihrer Gegenstände ihr innovatives und kreatives Potenzial entfalten, um neue methodische Wege einzuschlagen. Dann kann sie ihre Ergebnisse verfeinern, weil sie noch näher am Alltag ist, ihre Untersuchungsobjekte noch ernster nimmt und mit ihnen in einen intensiven kommunikativen Prozess tritt. Qualitative Medienforschung richtet den genauen Blick auf die alltäglichen Bemühungen der Menschen, ihrem Leben einen Sinn zu geben – auch mit Medien. Darin liegt ihre große Stärke. Sie zeigt, wie das Leben wirklich ist. Und dieses Leben gehorcht keinen einfachen Wirkungsmechanismen. Es ist erheblich komplexer und widerständiger als mitunter angenommen wird. Die qualitative Medienforschung ist bemüht, diese Komplexität und Widerständigkeit zu beschreiben und zu erklären. Sie überzeugt durch Plausibilität, Reflexivität und Validität → Reichertz, S. 27 ff., → Flick, S. 36 ff.). Das macht ihre Ergebnisse nicht nur für den Diskurs der Medien- und Kommunikationswissenschaft attraktiv, sondern auch für Medienmacher und -Produzenten, denn in den Äußerungen von Zuschauern scheint alltägliche Medienkompetenz im Umgang mit Medienprodukten deutlicher hervor als in Angaben zu Marktanteilen.

      Die zunehmende Bedeutung der qualitativen Medienforschung hängt auch mit den gesellschaftlichen Veränderungen zu Beginn des 21. Jahrhunderts zusammen. Der für die Gesellschaft konstatierten Pluralisierung von Lebenswelten und Lebensstilen, die als Ausdruck der Individualisierung gesehen wird, entspricht die Aufsplitterung des Publikums in vielfältige Zielgruppen. Die Fernseh- und Kinoprogramme, die verschiedenen Zeitungs- und Zeitschriftentitel haben kein beliebiges Publikum mehr im Visier, sondern spezifische Zielgruppen. Mit der Digitalisierung haben diese Praktiken einen neuen Schub bekommen. Algorithmen passen die Inhalte an die Nutzungsmuster von Konsumenten an, und mit Big-Data-Analysen kann man deren Verhalten bis in kleinste Verästelungen aufspüren. Diese quantifizierenden Methoden können aber eins nicht, den subjektiven Sinn verstehen, den die Konsumenten ihrer Mediennutzung geben. Dazu bedarf es dann der qualitativen Forschung, denn deren besondere Stärke liegt darin, die Vielfältigkeit der Medien im Lebensalltag des einzelnen Rezipienten zu berücksichtigen, ihre je spezifische Bedeutung im Kontext von individuellem Umgang und Aneignung erfassen zu können und gleichzeitig auch Aspekte von Globalisierung sowie deren Sinndeutung im Medienalltag des Individuums nachzuzeichnen (→ Stehling S. 283 ff.).

      Die qualitative Untersuchung von Medienprodukten sowie deren Verwendung im Alltag und der Lebenswelt der Menschen leistet einen wesentlichen Beitrag zum Verständnis sozialer Wirklichkeit. Ihre Stärke liegt in ihrem offenen Charakter und ihrer Zielsetzung als eine »entdeckende Wissenschaft« (Flick/von Kardorff/Steinke 2015), die nicht theoretische Vorannahmen zu bestätigen sucht, sondern sich gerade von der Nähe zur sozialen und kulturellen Praxis der Menschen zu neuen theoretischen Einsichten inspirieren lässt.

      Das Handbuch ist als fundierte Einführung gedacht, die nicht nur theoretische Grundlagen bietet und einen Einblick in die zentralen Anwendungsfelder qualitativer Medienforschung gibt, sondern darüber hinaus als detaillierte Anleitung zum qualitativen Forschen verstanden werden kann. Das kreative Potenzial qualitativer Methoden, sowohl in ihrer singulären Anwendung als auch im methodischen Verbund herauszustellen, dabei auch den Stellenwert neuer Medien im Forschungsund Auswertungsprozess aufzuzeigen und klassische Erhebungsmethoden ebenso wie innovative und außergewöhnliche Vorgehensweisen im qualitativen Forschungsprozess darzulegen, ist ein wesentliches Anliegen des Buches.

      Es soll Forschenden und Studierenden verschiedener Disziplinen, die Medienforschung betreiben, ein Hilfsmittel sein, um Studien zu planen und die ihrem Gegenstand angemessenen Methoden zu finden. Es ist als Bestandsaufnahme, Überblick und Positionsbestimmung der qualitativen Medienforschung gedacht.

      Das Handbuch gliedert sich in sieben Bereiche. Im ersten Teil werden die Grundlagen qualitativer Forschung dargestellt, von der wissenschaftstheoretischen Verortung über Gütekriterien und Kohärenz bis hin zum Begriff der Medien und Fragen der Forschungsethik und des Datenschutzes. Der zweite Bereich widmet sich den theoretischen Hintergründen der qualitativen Medienforschung, der noch einmal unterteilt ist: Im ersten Teil werden theoretische Ansätze vorgestellt, die für die qualitative Medienforschung wichtig sind; im zweiten Teil werden Aspekte der alltagsnahen Medienforschung dargestellt – von der Mediensozialisation bis hin zur Mediennutzung in konvergierenden Medienumgebungen. Der dritte Teil widmet sich der Konzeption, Planung und dem Design von qualitativen Medienforschungsprojekten und berücksichtigt dabei die klassischen Bereiche der Medienforschung ebenso wie einzelne spezifische Themenfelder. Im vierten Teil werden verschiedene Erhebungsmethoden beschrieben, die zahlreiche Möglichkeiten der Generierung von Aussagen darstellen. Der fünfte Teil stellt Verfahren zur Aufzeichnung und Dokumentation qualitativer Daten vor. Der sechste Teil setzt sich mit den verschiedenen Auswertungsmethoden auseinander. Im siebten Teil schließlich, dem Anhang, werden neben dem Autorenverzeichnis, einer allgemeinen Bibliographie, welche Bücher zur qualitativen Medien- und Sozialforschung enthält, auch Fachzeitschriften und Websites aufgelistet, die sich der qualitativen Forschung widmen. Ein umfangreiches Register erleichtert die Arbeit mit dem Handbuch. Verweise auf Beiträge innerhalb des Handbuchs sind mit Pfeilen gekennzeichnet.

      Seit der ersten Auflage dieses Handbuchs sind zwölf Jahre vergangen, in denen sich die Medienlandschaft teilweise rasant gewandelt hat. Daher wurden in die Neuauflage zahlreiche neue Beiträge aufgenommen, die einerseits theoretische Entwicklungen reflektieren und andererseits auf neue methodische Herausforderungen eingehen, die auf Grund der Digitalisierung entstanden sind.

      Die Zusammenstellung eines so umfangreichen Handbuchs braucht seine Zeit. Dank gilt allen Autorinnen und Autoren, besonders jenen, die ihre Beiträge frühzeitig lieferten und daher umso länger auf das Erscheinen warten mussten. Dank gilt auch allen Leserinnen und Lesern und den Kolleginnen und Kollegen, die uns nach der

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