Geologie der Alpen. O. Adrian Pfiffner
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Die ultramafischen Gesteine umfassen Peridotite und Pyroxenite und stehen, wie in Abb. 2-11 ersichtlich, vor allem als kleinere Körper und Linsen längs der Insubrischen Störung an. Von den Peridotiten sind die Spinell-Peridotite und Lherzolithe in den Körpern von Baldissero und Balmuccia als Mantelderivate zu deuten (Intrusion von Schmelzen des oberen Mantels in die unterste Kruste). Der eigentliche Erdmantel ist noch etwas tiefer gelegen und wird als Ivrea-Körper bezeichnet. Die dichten Mantelgesteine sind für eine ausgesprochen positive Schwereanomalie verantwortlich, die sich längs des Ostrands der Westalpen erstreckt (siehe unten).
Zur Nomenklatur der Ultramafika:
Peridotit: | > 40 % Olivin, daneben Pyroxene |
Lherzolith: | Pyroxene sind Orthopyroxen und Klinopyroxen |
Harzburgit: | Pyroxene sind nur Orthopyroxen |
Dunit: | > 90 % Olivin |
Gabbro: | Olivin + Pyroxen + Ca-Plagioklas |
Norit: | Olivin-Gabbro |
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2-11 Geologische Karte der Ivrea- und Strona-Ceneri-Zone der Südalpen. Überarbeiteter Ausschnitt der Geologischen Karte der Schweiz 1:500 000.
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Der „Mafische Hauptzug“ enthält unter anderem zwei lagige Komplexe mit Duniten, Harzburgiten, Noriten und Gabbros. Zwischengelagert finden sich ultramafische Linsen (z. B. Spinell-Peridotit von Balmuccia). Die beiden lagigen Komplexe stellen wahrscheinlich denselben tektonisch repetierten Horizont dar. Ihre Entstehung durch magmatische Differenziation in der Unterkruste könnte in Zusammenhang mit der permischen Degranitisierung stehen.
Die Paragneise enthalten Kinzigite, d. h. amphibolitfaziell überprägte Biotit-Sillimanit-Paragneise. Die Paragneise dürften als ehemalige Metapelite zu deuten sein, die durch Degranitisierung chemisch verändert wurden. Die ordovizische Degranitisierung würde auch die kleineren Granitkörper sowie die Aplit- und Pegmatitgänge in der Serie erklären. Schließlich sind auch Amphibolite und amphibolitische Gneise als Einlagerungen in den Paragneisen zu verzeichnen.
Die Strona-Ceneri-Zone (bzw. die „Serie dei Laghi“) umfasst Gesteine der mittleren Kruste, und zwar hauptsächlich polymetamorphe Metasedimente. Im Nordwesten sind es vor allem psammitische und granitische Gneise, die als metamorphe Sandsteine gedeutet werden, während im Südosten Schiefer vorherrschen (pelitische Glimmerschiefer). Die Metasedimente sind von ordovizischen Graniten (Alter 466 Millionen Jahre) intrudiert worden, die heute als Orthogneise vorliegen. Daneben kommen Amphibolite in Lagen und Linsen zwischen den Gneisen und Schiefern vor.
Die Strona-Ceneri-Zone enthält auch post-variszische Intrusiva. Bekannt sind die Granite von Baveno (Alter 276 Millionen Jahre, d. h. frühes Perm) und Mt. Orfano (283 Millionen Jahre, frühestes Perm), die als Baustein abgebaut werden (heller rosaroter Granit).
Bei Manno (nördlich Lugano) gibt es ein kleines Vorkommen spätpaläzoischer Sedimente; diese enthalten einzelne Kohleflöze, die altersmäßig ins späte Karbon zu stellen sind (Westphalian A und B). Jüngere permische Vulkanite sind südlich Lugano aufgeschlossen: der Luganeser Quarzporphyr (Rhyolithe), der als Pflastersteine abgebaut wird, und Porphyrite (bzw. Andesite) von (?früh-)permischem Alter.
Die Gesteine der Krustenabfolge in der Ivrea- und Strona-Ceneri-Zone zeigen eine Entwicklung, die von proterozoischer Sedimentation über ordovizischen Magmatismus zur variszischen Gebirgsbildung und schließlich zu post-variszischem Magmatismus und Sedimentation reichen. Die folgende Diskussion basiert auf einer Synthese von Schmid (1993) und ist in Abb. 2-13 illustriert.
Um die Entstehung der metamorphen Sandsteine und pelitischen Glimmerschiefer in der Strona-Ceneri- und der Ivrea-Zone zu erklären, ist nach Schmid (1993) folgendes Szenario denkbar. Im späten Proterozoikum oder frühen Paläozoikum wurde an einer Subduktionszone, bei der eine ozeanische Platte unter eine kontinentale Platte tauchte, durch frontale Akkretion von Sedimenten ein Akkretionsprisma aufgebaut. Ein weiterer Teil der Sedimente gelangte in größere Tiefe und wurde durch basale Akkretion unten an die kontinentale Platte angefügt. Bei den Sedimenten handelte es sich um Sandsteine und Tonsteine. Die basale Akkretion führte auch dazu, dass einzelne Fragmente von ozeanischer Kruste in die Sedimentabfolge eingeschuppt wurden (Abb. 2-13). Die Sedimente im Bereich der basalen Akkretion wurden durch eine druckbetonte Metamorphose überprägt.
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2-12 Gesteinsabfolge im Krustenprofil Ivrea-Zone (untere Kruste) – Strona-Ceneri-Zone (obere Kruste).
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Im Ordovizium wurde in der oberen Platte ein hoher geothermischer Gradient erreicht, wie das eine erste Aufschmelzung von Gneisen, die auf 478 Millionen Jahre datiert ist (vgl. Schmid 1993 und Referenzen dort), und die gleichzeitige Intrusion von Graniten vor 466 Millionen Jahren in die nun metamorphen Sedimente andeuten. Möglicherweise fanden in der unteren Kruste zu dieser Zeit auch mafische Intrusionen statt (Gabbros vom Typ von Anzola).
Im späten Devon bis frühen Karbon verursachte dann die variszische Gebirgsbildung eine intensive Zerscherung der Krustengesteine. Die ordovizischen Granite wurden dabei in Orthogneise umgewandelt, die heute in der Strona-Ceneri-Zone als Bänder mit riesigen engen Falten, den sogenannten Schlingen, zu beobachten sind. Das Ende der variszischen Gebirgsbildung, angedeutet durch Abkühlung der Gesteine infolge Exhumation, dürfte nach Schmid (1993) in das Zeitintervall von 325 bis 310 Millionen Jahren vor heute fallen (frühes Karbon). Durch diese Exhumation wurde eine bis zu 30 Kilometer mächtige Gesteinssäule abgetragen und die tieferen Krustenteile, die Strona-Ceneri-Zone, an der Erdoberfläche entblößt. Interessanterweise weist die metamorphe Entwicklung der Ivrea- und der Strona-Ceneri-Zone markante Unterschiede auf. Während in den Gesteinen der Strona-Ceneri-Zone infolge der raschen Exhumierung die druckbetonten Paragenesen der variszischen Orogenese erhalten blieben, erfuhren die Gesteine der Ivrea-Zone durch die andauernd hohen Temperaturen eine Umwandlung, sodass die neuen Paragenesen mäßig hohe Drücke anzeigen. Offenbar waren während der variszischen Orogenese die beiden Krustenblöcke bereits entkoppelt. Eine Zone von Hochtemperatur-Myloniten, die heute längs der Pogallo-Störung zu erkennen sind, trennte die Strona-Ceneri-Zone von der Ivrea-Zone. Erstere bewegte sich aufwärts Richtung Erdoberfläche (Exhumation) und kühlte sich ab, letztere verblieb in größerer Tiefe und wurde aufgewärmt.
Eine weitere Phase von Magmatismus erfasste sowohl die Ivrea- als auch die Strona-Ceneri-Zone im späten Karbon und frühen Perm (Abb. 2-12). Die Intrusion von mafischen Schmelzen in die Unterkruste, heute als mafischer Hauptzug in der Ivrea-Zone zu finden, verursachte dort die Aufschmelzung von Metasedimenten (eine zweite Anatexis). Diese Schmelzen stiegen auf und intrudierten in die Oberkruste, die Strona-Ceneri-Zone, oder erreichten gar die Erdoberfläche. Beispiele dieser magmatischen Gesteine sind die bereits erwähnten frühpermischen Baveno- und Mont-Orfano-Granite sowie der permische Luganeser Quarzporphyr. Die magmatische Aktivität, die die gesamte Kruste erfasste, muss durch tief greifende tektonische Prozesse erklärt werden, die ebenfalls vom Erdmantel bis an die Oberfläche reichen. Transtensive Seitenverschiebungen („wrench tectonics“ von Schmid 1993 und Referenzen dort) wären eine gute Erklärung hierfür und reihen sich lückenlos in das Konzept der post-variszischen