Geologie der Alpen. O. Adrian Pfiffner
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Die eingangs erwähnte Dreiteilung der Gesteinsserien des prä-triadischen Grundgebirges kann vom nordalpinen Vorland (Schwarzwald-Vogesen, Böhmisches Massiv) bis in die eigentlichen Alpen verfolgt werden. Abb. 2-1 zeigt, wie das Grundgebirge in den Alpen in |Seite 37| isolierten Schollen oder Blöcken an der Erdoberfläche anzutreffen ist. Beispiele solcher Schollen sind die Externmassive im Helvetikum, die Kristallindecken im Penninikum, die ostalpinen Decken und das Südalpin, alles Einheiten, die anlässlich der alpinen Gebirgsbildung über größere Distanzen relativ zueinander bewegt wurden. Die isolierten und lückenhaften Aufschlüsse machen es denn auch schwierig, die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Vorkommen im Detail zu verstehen. Im Folgenden werden einzelne dieser Grundgebirgsblöcke näher diskutiert. Die ausgewählten Beispiele sind einmalig, was das Spektrum der Gesteine und deren Entstehung angeht, und sind durch neuere Untersuchungen besonders gut dokumentiert.
2.1 Das prä-triadische Grundgebirge von Schwarzwald-Vogesen
Beiderseits des Rhein-Grabens nördlich von Basel ist auf den Grabenschultern das prä-triadische Grundgebirge in zwei geologischen Fenstern entblößt. Im nördlichen Teil dieser Fenster sind mäßig metamorph überprägte Gesteine des variszischen Gebirges an der Oberfläche aufgeschlossen. Im mittleren Teil sind es polymetamorphe Gneise des sogenannten Zentralen Gneis-Komplexes. Südlich davon quert ein schmaler Gürtel aus paläozoischen Sedimenten den Schwarzwald. Die südlich angrenzenden polymetamorphen Gneise bilden den „Südlichen Gneis-Komplex“. Abb. 2-2 basiert auf Eisbacher et al. (1989), ergänzt nach Huber & Huber (1984), und zeigt die Verbandsverhältnisse im südlichen Schwarzwald.
Der „Zentrale Gneis-Komplex“ besteht aus gebänderten polymetamorphen Paragneisen, Orthogneisen, Metabasika und Meta-Ultrabasika, die allesamt nach Norden einfallen.
Die Zusammensetzung der Paragneise lässt darauf schließen, dass der Protolith aus Grauwacken und Tonschiefern bestand, die aus einem Liefergebiet aus proterozoischen Gesteinen stammen. Geochemische Daten deuten darauf hin, dass die Gesteine des „Zentralen Gneis-Komplexes“ mindestens eine metamorphe Überprägung im frühen Paläozoikum erlitten, mit einem Temperaturhöhepunkt im mittleren Ordovizium, vor 480 bis 460 Millionen Jahren (vgl. Eisbacher et al. 1989). An vielen Stellen im Schwarzwald können auch Aufschmelzungen beobachtet werden, aber die Datierung dieser anatektischen Vorgänge ist unsicher. Nach Huber & Huber (1984) kann eine erste Anatexis im frühen Kambrium (vor 550 bis 520 Millionen Jahren) und eine zweite, die „Hauptanatexis“, im frühesten Ordovizium (vor 490 bis 480 Millionen Jahren) vermutet werden. Nach Eisbacher et al. (1989) deuten petrologische Daten in Ultramafika, eklogitischen Amphiboliten und granulitischen Paragneisen auf eine eklogitisch-granulitische Hochdruck-Metamorphose, die vor einer regionalen Metamorphose unter mittleren Drücken stattfand. Eine noch jüngere, druckbetonte metamorphe Überprägung fand anschließend während der variszischen Orogenese statt. All diese Vorgänge belegen, dass der „Zentrale Gneiskomplex“ im Paläozoikum mehrere Orogenesen erlebte. Die hohen Grade der metamorphen Umwandlungen lassen nur wenige und ungenaue Aussagen zur älteren Entwicklungsgeschichte dieser Gesteine zu. Die Grenze zum „Südlichen Komplex“ bildet eine nordfallende Überschiebung, die Todtnau-Überschiebung, längs welcher der „Zentrale Gneis-Komplex“ in südöstlicher Richtung auf paläozoische Sedimente aufgeschoben ist (Eisbacher et al. 1989). Die Todtnau-Überschiebung ist von parallel verlaufenden retrograden Scherzonen im „Zentralen Gneis-Komplex“ begleitet. Die Aufschiebung des Letzteren fand gemäß K/Ar-Abkühlaltern im frühen Karbon (vor 340 bis 330 Millionen Jahren) statt (op. cit.).
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2-1 Tektonische Karte der Alpen. Für alle tektonischen Einheiten sind das prä-triadische kristalline Grundgebirge sowie paläozoische Sedimente gesondert ausgeschieden. A-R: Aiguilles Rouges-Massiv, M-B: Mont Blanc-Massiv.
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Der Gürtel von paläozoischen Sedimenten südlich der Todtnau-Überschiebung wird als „Badenweiler-Lenzkirch-Zone“ bezeichnet. Die Sedimente enthalten unten marine Kalke, Tonsteine, Siltsteine und sporadisch kalkige Olistostrome des späten Devons. Den Hauptteil der Sedimente machen aber Turbiditablagerungen mit Feldspat- und vulkanischen Komponenten aus. Sie sind altersmäßig in das frühe Karbon zu stellen und als synorogene Sedimente zu deuten. Als jüngstes wurden im Visean (vor zirka 330 Millionen Jahren) Konglomerate als „channel deposits“ unter paralischen, nicht marinen Bedingungen sowie mannigfaltige vulkanische Brekzien abgelagert. Generell gesehen, liegen die älteren Sedimente eher im nördlichen Teil des Gürtels und die jüngsten Konglomerate eher im Süden und ohne Tiefgang. Im Querprofil ergibt sich somit eine nach SSE überkippte Serie.
Wie in Abb. 2-2 ersichtlich, bildet eine Abschiebung die Grenze zwischen der „Badenweiler-Lenzkirch-Zone“ und dem „Südlichen Gneis-Komplex“. Diese Abschiebung bringt die Gneise im Süden (Hotzenwald-Gruppe) in direkten Kontakt zu den unmetamorphen paläozoischen Sedimenten. Die wichtigsten Gesteine im „Südlichen Gneis-Komplex“ sind polymetamorphe und monometamorphe Schiefer, vergneiste Metavulkanite, Ultramafika, selten Gabbros sowie Linsen von mylonitischen Leukograniten (Eisbacher et al. 1989). Viele dieser Gesteine sind lediglich als größere Schollen innerhalb der jüngeren Granite erhalten. In den mylonitischen Leukograniten zeigen Schersinnindikatoren auf Überschiebung in Richtung Südosten. Daneben sind aber mehrere dextrale Seitenverschiebungen (teilweise mit Abschiebungskomponenten) zu verzeichnen.
Im späten Karbon drangen eine Reihe von Graniten in die alten Gneise und die paläozoischen Sedimente ein. Die Alter dieser Granite variieren von 330 bis 310 Millionen Jahren, mit einer Häufung um 330 Millionen Jahre. Sie durchschlagen die variszischen Strukturen wie etwa die „Badenweiler-Lenzkirch-Zone“ oder die Todtnau-Überschiebung, sind also als post-variszisch zu bezeichnen. Einzelne ältere Granite sind im frühen Karbon eingedrungen („Randgranit“ 358 Millionen Jahre, Mambach„granit“ 352 Millionen Jahre; Huber & Huber 1984) und sind von der variszischen Gebirgsbildung deformiert.
Eine Serie von klastischen Sedimenten und Vulkaniten des späten Karbons und Perms überlagern die oben besprochenen Einheiten diskordant. Der