Geologie der Alpen. O. Adrian Pfiffner
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Nach der Kollision von Baltica und Nordamerika blieb der rheische Ozean (Rhea in Abb. 1-2) noch erhalten. Im Süden von Rhea lag der Kontinent Gondwana, der unter anderem die Landmassen von Südamerika und Afrika umfasste. Gegen Nordosten leitete Rhea in den Ozean der Prototethys über, welche die Kontinentalmassen von Sibiria und China trennte. Durch Abtrag des kaledonischen Gebirges und der Appalachen wurden die sogenannten Old-Red-Sedimente abgelagert. Es handelt sich dabei um deltaische Ablagerungen innerhalb und außerhalb des kaledonischen Gebirges. Auch am Nordrand von Gondwana (im heutigen Atlas) wurden sandig-klastische Serien abgelagert. Innerhalb von Rhea und Prototethys wurden im Devon reine Kalke und Tonschiefer abgelagert, die heute in den Ostalpen aufgeschlossen sind. Im Zentrum von Rhea ist eine Schwelle auszumachen. Hier herrschte nur lückenhafte Sedimentation, die auf geringe Wassertiefe hindeutet. Die Sedimente sind etwa im nordalpinen Vorland, in den Vogesen, im Schwarzwald und im Böhmischen Massiv erhalten geblieben. Diese Schwellenzone wird auch als Moldanubikum bezeichnet. Durch Schließung des rheischen Ozeans und Kollision der Kontinente Nordamerika-Baltica und Südamerika-Afrika kam es zur Bildung der variszischen Gebirge (Abb. 1-1). Die Kollisionsphasen fanden hauptsächlich an der Wende Devon/ Karbon vor 345 Millionen Jahren und dann im jüngeren Karbon vor 320 bis 300 Millionen Jahren statt. In Europa entstanden das Rheinische Schiefergebirge, die Ardennen, das kantabrische Gebirge auf der Iberischen Halbinsel, aber auch die Hochzonen in der Bretagne und im Massif Central. Auf der nordamerikanischen Seite entstanden die (Süd-)Appalachen. Die Appalachen haben also eine kompliziertere Entstehungsgeschichte und sind das Produkt von mehr als einer Kollision.
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1-3 Geologische Profilschnitte durch das kaledonische Gebirge in Skandinavien und in Schottland. In beiden Fällen ist das kristalline Grundgebirge in den Deckenbau mit einbezogen, aber die Transportrichtungen sind einander entgegengesetzt.
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Plattenkonvergenz zwischen Sibiria und Baltica führte zur Bildung des Urals (vgl. Abb. 1-2). Aus der Prototethys wurde ein nahezu geschlossenes Meeresbecken, die Paläotethys. Wie aus Abb. 1-2 ersichtlich, wanderte beispielsweise Baltica im Zeitraum vom späten Kambrium zum späten Karbon von der südlichen Hemisphäre über den Äquator nach Norden in die nördliche Hemisphäre. Ganz im Süden des verschweißten Kontinents kam es im späten Karbon zu einer Vereisung.
Die innere Struktur des variszischen Gebirges in Europa ist in Abb. 1-4 in einem Profilschnitt durch Deutschland illustriert (umgezeichnet nach Matte 1991). Ähnlich wie im Falle der kaledonischen Gebirge wurde bei der Kollision ein bivergenter Deckenstapel gebildet, in den das kristalline Grundgebirge ebenfalls mit einbezogen ist. |Seite 21| Am Kontinentalrand von Gondwana erfolgte der Transport nach Südosten, auf der Seite von Baltica nach Nordwesten. Die mächtigen paläozoischen Sedimente des Rheinischen Schiefergebirges wurden längs eines basalen Abscherhorizonts dachziegelartig übereinandergeschoben und verfaltet. Im Kern des Orogens liegt eine steil stehende Störung vor, die von Portugal bis nach Böhmen verfolgt werden kann und wahrscheinlich eine Seitenverschiebung darstellt. Obschon der Kern des Orogens nur lückenhaft aufgeschlossen und vielfach von jüngeren Sedimenten bedeckt ist, finden sich an verschiedenen Orten Reste des rheischen Ozeans in Form von Ophiolithen.
1-4 Geologischer Profilschnitt durch das variszische Gebirge in Mitteleuropa. Das kristalline Grundgebirge ist in den Deckenbau mit einbezogen, mit entgegengesetzer Überschiebungsrichtung im Norden und Süden.
Im frühen Jura, vor 200 Millionen Jahren, war die verschweißte Kontinentmasse, die man nun als Pangäa bezeichnet, noch weiter nach Norden gewandert und erfuhr eine gewisse Drehung im Gegenuhrzeigersinn (vgl. Abb. 1-2). Der Ozean zwischen Afrika und Asien wird nun als Tethys bezeichnet. Langsam setzten aber Bewegungen ein, die zu einem Aufbrechen von Pangäa führten. Ein Rift etwa trennt den indischen Subkontinent von Afrika, und ein weiteres Rift öffnete sich zwischen Afrika und dem variszischen Gebirge. Diese Riftbildung und die damit assoziierte Ingression des Tethysozeans gegen Westen sind für das Verständnis der Geologie der Alpen von größter Wichtigkeit und wird deshalb weiter unten genauer diskutiert.
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1-5 Das Zerbrechen von Pangäa, dargestellt anhand von drei Momentaufnahmen. Umgezeichnet nach Blakey (2008) und Scotese & Sager (1988). Grl: Grönland, It: Italien, Gr: Griechenland, Tu: Türkei, SAm: Südamerika, Wr: Wrangellia.
1.2 Das Zerbrechen von Pangäa und die Öffnung der alpinen Tethys
Die plattentektonischen Vorgänge beim Zerbrechen des Großkontinents Pangäa beeinflussten die späteren Alpen in vielerlei Hinsicht. Die kleinen Ozeanbecken und Mikrokontinente, die dabei entstanden, verursachten ein kompliziertes Nebeneinander verschiedener Sedimentationsräume: Tiefseebecken, Schelfmeere und Schwellenzonen. Die faziell sehr unterschiedlichen Sedimente sind heute in den Alpen in einem scheinbar heillosen Durcheinander neben- und übereinander zu sehen. Bei der Schließung dieser Sedimentbecken anlässlich der Bildung der Alpen beeinflussten die paläogeografischen Formen der Becken die Architektur der Alpen.
Das Zerbrechen von Pangäa ist in Abb. 1-5 in drei Momentaufnahmen erläutert. Alle diese Plattenrekonstruktionen sind mit Unsicherheiten behaftet, weshalb die paläogeografischen Karten bei verschiedenen Autoren auch sehr unterschiedlich aussehen. Abb. 1-5 wurde vereinfacht nachgezeichnet nach Vorlagen von Blakey (2008). In der späten Trias (Keuper), vor 230 Millionen Jahren, zerbrach Pangäa längs eines Rifts, das sich, ausgehend von der Tethys, zwischen Gondwana und Laurasien öffnete. Das Rift breitete sich von einem Arm der Tethys zwischen den Kontinentalmassen von Arabia und Griechenland-Italien aus. Die Paläotethys wurde anschließend durch Subduktion geschlossen, sodass die türkische Landmasse im mittleren Jura (Dogger) vor 170 Millionen Jahren mit Laurasien (Baltica) verschweißt war. Das Rift verlagerte sich im östlichen Teil nach Norden und trennte nun die Landmassen Griechenland-Italien von Laurasien ab. Dieses schmale Ozeanbecken wird |Seite 23| in der alpinen Geologie als Ligurischer oder Piemontesischer Ozean bezeichnet. In westlicher Richtung verbreiterte sich das Rift und trennte Afrika-Südamerika von Nordamerika. Dieses Rift war der Vorläufer des Atlantiks und erstreckte sich bis nach Mexiko. In der frühen Kreide, vor 120 Millionen Jahren, drifteten Nordamerika und Afrika weiter auseinander, der zentrale Atlantik war geboren. Im Norden trennte sich Iberia von Nordamerika ab. Die Bewegung von Iberia war bedingt durch eine Spreizungszone im Westen (mittelozeanischer Rücken des sich öffnenden Atlantiks) und je eine Transformstörung im Norden und Süden von Iberia. Weitere Riftsysteme breiteten sich im Norden auf beiden Seiten von Grönland aus. Sie waren Wegbereiter für die Öffnung des Nordatlantiks.
In Abb. 1-6 ist eine Plattenrekonstruktion für die Wende Jura-Kreide (vor etwa 145 Millionen Jahren) nach Wortmann et al. (2001) vereinfacht wiedergegeben. Über die genaue Geometrie der einzelnen Becken gehen die Ansichten teilweise auseinander. Aber die in Abb. 1-6 gezeigte Lösung vereinigt die wesentlichen Merkmale. Hier ist erkennbar, dass Iberia einen abgetrennten Wurmfortsatz hat, aus Korsika-Sardinien-Briançon bestehend, der sich in nordöstlicher Richtung erstreckt. Dieser Wurmfortsatz entspricht dem sogenannten Briançon-Mikrokontinent, einer Schwellenzone, die von den Westalpen bis in die Schweizer Alpen verfolgt werden kann. Das Meeresbecken auf der nordwestlichen Seite des Briançon-Mikrokontinent entspricht dem Wallis-Trog, dasjenige auf der südöstlichen Seite dem penninischen Ozean. Ein Transformbruch trennt Iberia von Europa und funktioniert als lokale Plattengrenze bei der