Geologie der Alpen. O. Adrian Pfiffner

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Geologie der Alpen - O. Adrian Pfiffner

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mit dem Penninischen Ozean. Die Öffnung des Atlantiks ging |Seite 24| mit einer schiefen Öffnung des Ligurisch-Piemontesischen und Penninischen Ozeans einher. Für die heutigen Alpen sind die Gebiete Dauphinois-Helvetikum auf dem Südostrand von Europa sowie die Südalpen-Dolomiten im Norden von Adria und Ostalpin zwischen Vardar- und Penninischem Ozean von besonderer Bedeutung.

      1-6 Plattenrekonstruktion für das Berriasian (vor ca. 145 Millionen Jahren), vereinfacht nach Wortmann et al. (2001). Der Ligurisch (Li) -Piemontesische (Pi) Ozean trennt den Adriatischen vom Iberischen Mikrokontinent. Er ist von zahlreichen Transformstörungen durchsetzt und setzt sich als Penninischer (Pe) Ozean zwischen dem Briançon-Mikrokontinent und dem Ostalpin fort. Am Südrand des Europäischen Kontinents verläuft ein schmaler Meeresarm (VS: Wallis-Trog, Vo: Vokontischer Trog) der im Süden von einem Mikrokontinent, bestehend aus den Blöcken Korsika-Sardinien (Kors-Sard) und Briançon, begrenzt ist.

      Der größere Rahmen der Paläogeografie an der Wende Barremian-Aptian vor 125 Millionen Jahren ist in Abb. 1-7 dargestellt. Die Rekonstruktion basiert auf Wortmann et al. (2001). Der Ligurisch-Piemontesische Ozean ist von mehreren Transformstörungen geprägt, die auf eine fortschreitende schiefe Öffnung dieses Ozeans deuten. Ein Transformbruch trennt Adria von den Mikrokontinenten Bakony, Ostalpin und Tiza. Der Wallis-Trog öffnete sich weiter durch Ausdünnung des Kontinentalrands von Baltica bzw. Europa und entwickelte nur lokal, in „pull-apart Becken“, ozeanische Kruste. Demgegenüber bestand der Piemont-Ozean aus exhumierten Mantelgesteinen, die von einem untergeordneten basaltischen Magmatismus begleitet waren. Der adriatische Kontinentalrand und der Ostalpin-Mikrokontinent wurden mit der Öffnung des Piemont- und |Seite 25| des Penninischen Ozeans in Ost-West-Richtung gestreckt. Davon zeugen die Abschiebungen im künftigen Bereich des Ostalpins und Südalpins.

      1-7 Plattenrekonstruktion für das Barremian/ Aptian (vor ca. 125 Millionen Jahren), vereinfacht nach Wortmann et al. (2001). Der Ligurisch-Piemontesische Ozean ist breiter geworden und ist nun auf einer Linie mit dem Penninischen Ozean. Auch das Südalpin und Ostalpin sind nun nebeneinander.

      Die Alpen entstanden als Folge konvergenter Plattenbewegungen zwischen Baltica/Europa und Afrika-Arabia. Dabei wurden die dazwischenliegenden Meeresbecken, der Piemont-Ozean und der Wallis-Trog, durch Subduktion geschlossen. Dies erfolgte in zwei getrennten Etappen. Der Piemont-Penninische Ozean wurde in der Kreide durch westgerichtete Subduktion geschlossen, der Wallis-Trog im Känozoikum durch eine mehr NS-gerichtete Kollision zwischen dem Briançon-Mikrokontinent und dem adriatischen Kontinentalrand, später zwischen dem Briançon-Mikrokontinent und dem europäischen Kontinentalrand. Die Betrachtung der komplizierten Paläogeografie in Abb. 1-7 lässt erahnen, dass der Subduktions- und der Kollisionsprozess zu einer noch komplexeren Geometrie des entstehenden Gebirges führen musste.

      Die alpinen Gebirgsketten entstanden in der Kreide und im Känozoikum. Zu diesen Ketten zählen etwa die „jungen“ europäischen Hochgebirge (Betische Kordilleren, Pyrenäen, Alpen, Apennin, Karpaten, Dinariden). Auffallend sind die gewundenen Bogenformen der Gebirgsketten. Um einen Einblick in die plattentektonischen Vorgänge bei der Bildung dieser Gebirge zu geben, sind in Abb. 1-8 die heute andauernden Relativbewegungen zusammengefasst (nach Kahle et al. 1995). Afrika bewegt sich um vier Millimeter und mehr pro Jahr Richtung Norden. Die Bewegung ist im Westen etwas langsamer, d. h., Afrika macht eine leichte Rotation im Gegenuhrzeigersinn. Arabia bewegt sich viel schneller, mit 25 Millimetern pro Jahr, Richtung Norden. Der Sprung in der Geschwindigkeit findet an einer Seitenverschiebung statt, die, von der Spreizungszone im Roten Meer ausgehend, durch den Golf von Aqaba über das Tote Meer und den Genezarethsee nach Norden zieht. Der türkische Block bewegt sich mit 25 Millimetern pro Jahr in westlicher Richtung. Die Plattengrenze im Norden dieses Blocks ist in der Nordanatolischen Bruchzone zu suchen, einer seismisch aktiven dextralen Seitenverschiebung. Diese Westdrift ändert in der Ägäis ihre Richtung nach SSW. Ihre Geschwindigkeit nimmt zu, da sich die Ägäis in derselben Richtung dehnt. Allein schon zwischen Afrika, Arabien und dem türkischen Block zeigen sich die Plattenbewegungen als recht kompliziert. Noch schwieriger verständlich wird es weiter im Norden. In den Ostkarpaten ist heute eine nach Westen einfallende Subduktionszone aktiv. Die abtauchende eurasische Platte rollt sich gleichzeitig zurück (slab retreat bzw. roll back), d. h., die Plattengrenze |Seite 26| an dieser Subduktionszone bewegt sich nach Osten. Im Gefolge davon wird das Pannonische Becken auf der oberen Platte in Ost-West-Richtung gestreckt. Der Tiza-Block im Untergrund des Pannonischen Beckens wird durch die Zangenbewegung zwischen Europa und Afrika (bzw. Apulia) seitlich nach Osten herausgequetscht.

      Gleichzeitig bewegen sich aber auch der Apennin und die Dinariden aufeinander zu. Im Hinterland des aktiven Apennins stellt man in der Tyrrhenis Dehnung und Neubildung von ozeanischer Kruste fest (Facenna et al. 2002). Dieser Prozess begann vor etwa fünf Millionen Jahren. Etwas früher, im Miozän, erfolgte die Öffnung des ligurischen Beckens unter ähnlichen Umständen. Damals trennte sich der Mikrokontinent Korsika-Sardinien von Europa, und beim anschließenden Wegrotieren bildete sich im Ligurischen Meer neue ozeanische Kruste. Auch hier also erfolgten kleinsträumige Blockbewegungen zwischen den beiden kollidierenden Kontinentalplatten.

      In den Alpen selbst können heute aktive horizontale Verschiebungen gemessen werden (Tesauro et al. 2005, Brockmann in Pfiffner & Deichmann 2014). Das nördliche Alpenvorland bewegt sich nach SSE, und in den Alpen selbst sind Bewegungen Richtung SW wie auch Richtung ENE zu messen. Das komplizierte Bild zeigt aber, dass sich die Alpen mit ungefähr 0,5 Millimetern pro Jahr in NNW-SSE-Richtung verkürzen.

      Das heutige komplizierte Bewegungsbild gibt einen Eindruck, wie man sich die bei der Alpenbildung abgelaufenen Bewegungen vorzustellen hat. Die Größe der beteiligten Ozeanbecken und Kontinente bzw. Mikrokontinente war bescheiden im Vergleich zu den Dimensionen in den klassischen Subduktionsgebirgen der Anden oder der nordamerikanischen Kordilleren oder in den Kollisionsgebirgen Himalaja und Appalachen. Aber die Konvergenzbewegungen waren qualitativ vergleichbar und machten die Alpen zu einem derart heterogen zusammengesetzten Gebirge.

      1-8 Die heutige Konfiguration der tektonischen Platten im Alpinen System. Die offenen Pfeile mit Geschwindigkeitsangaben (mm/Jahr) zeigen die Richtung der Plattenbewegungen, die einfachen Pfeile die Überschiebungsrichtungen an. Mit Doppelpfeilen sind Dehnung und Öffnung von Meeresbecken angegeben.

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      Der Gebirgskörper der Alpen erstreckt sich in weitem Bogen von Nizza nach Wien. Im Innern des Bogens liegt das Po-Becken. Morphologisch hebt es sich ab durch die tiefe Lage und das geringe Relief, wie aus dem digitalen Höhenmodell von Abb. 1-9 klar ersichtlich. Außerhalb des Alpenbogens sind lange schmale Becken ohne Relief zu erkennen: der Rhone-Bresse-Graben ganz im Südwesten, der Rhein-Graben im Norden. Ganz im Osten verschwinden die Alpen unter dem Becken von Wien.

      Längs der Gebirgskette gliedern sich die Alpen in Westalpen, Zentralalpen und Ostalpen. Die Ostalpen verlaufen mehr oder weniger Ost-West und ihre westliche Grenze liegt etwa auf der Linie St. Margrethen–Chur–Sondrio. In den Zentralalpen ändert sich der Verlauf der Kette von Ost-West zu nahezu Nord-Süd. Die Westalpen verlaufen Nord-Süd, bilden aber einen engen Bogen um das Westende des Po-Beckens. Die Grenze zwischen Zentral- und Westalpen ist unscharf. Gewisse Autoren unterteilen deshalb die Alpen lediglich in Westalpen und Ostalpen. Wenn hier die Dreiteilung bevorzugt wird, so erfolgt dies aufgrund der Internstrukturen,

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