Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. Heinz Pürer
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• Rückkopplung in Form von »Social Ratings«: Inhalte können bewertet (oder auch kommentiert) werden. Dadurch zeigen die Teilnehmer an, welche Beiträge sie als wertvoll erachten. Durch positive Rückkopplungen erwirbt sich der Produzent digitale Reputation, zugleich wirkt die Gratifikation des positiven Feedbacks verhaltensregulierend.
• Die Bedeutung von Integration in die Gemeinschaft: Weil jeder einzelne Teilnehmer in den Aufbau einer Community viel Energie und kostenlose Arbeit steckt, sind Einzelkämpfer und Abweichler [97]unerwünscht und werden von der Gemeinschaft selten toleriert; als unerwünschte Verhaltensweise gilt z. B. One-to-One-Kommunikation, stattdessen sollen One-to-Many- (Weblogs) oder Many-to-Many-Kommunikationsmodi (Wikipedia) vorherrschen.
Zum Management von Informationen und Beziehungen existieren im Social Web verschiedene ›Werkzeuge‹ (vgl. Hartmann 2008, S. 105ff; Schmidt 2011, S. 29ff):
• Content-Syndication: Bereits produzierte Inhalte können in ein anderes Webangebot übernommen und damit mehrfachverwertet werden (z. B. die Einbindung von Kartendiensten in einen Reiseblog).
• Mashup: Durch die Rekombination und Mischung bereits produzierter Inhalte (Fotos, Videos, Landkarten etc.) entstehen multimediale Kollagen und damit neue Inhalte. Sucht man z. B. über Google nach einem Produkt oder einer Dienstleistung, bekommt man als Suchergebnis häufig eine Karte mit Markierungen von Standorten eingeblendet, an denen diese Produkte oder Dienstleistungen erhältlich sind – meist inklusive (durch andere Internetnutzer abgegebene) Kundenbewertungen.
• Newsfeed: Feed Reader bzw. Aggregatoren informieren über Aktualisierungen von Webseiten, ohne dass man diese aufrufen muss. Die Textnachrichten können in unterschiedlichen technischen Umsetzungen (RSS, RDF, Atom) automatisch bezogen (abonniert) werden.
• Tagging/Social Bookmarking: Nutzer können einen Datenbestand durch Zusatzinformationen etikettieren (englisch: to tag) oder ver-/beschlagworten. Die Aggregation der individuell vergebenen Schlagworte lässt eigene Ordnungsmuster entstehen (Folksonomies).
• Blogging: bezeichnet das Führen eines Blogs durch einen oder mehrere Autoren. Blogs sind relativ regelmäßig aktualisierte Webseiten, auf denen in umgekehrt chronologischer Reihenfolge (Text-, Bild- oder Audio-)Beiträge veröffentlicht werden, die i. d. R. von anderen Nutzern kommentierbar sind. Es gibt mittlerweile eine große Bandbreite an Blogs: Tagebüchern ähnliche private Blogs, kommerziell betriebene Unternehmensblogs (corporate blogs), Bürgerjournalismus-Blogs oder Watchblogs, die häufig mit Hilfe ihrer Leserschaft kritische Firmen- oder Medienbeobachtung betreiben, sowie professionelle journalistische Blogs wie die ›Huffington Post‹, die in Konkurrenz zu traditionellen Massenmedien treten.
• Podcasting (Audio-/Videoblogging): bezeichnet die Produktion von Audio- oder Videodateien, die kostenlos zum Download bereitgestellt werden.
• Wikis: Das sind Software-Implementierungen zur kollaborativen Erstellung von Webinhalten.
Das aus Perspektive der Kommunikationswissenschaft Neue an Services im Web 2.0 ist v. a., dass es öffentlich-interaktive Kommunikation (Weblogs, Wikis) ermöglicht, die aufgrund ihrer Reichweite massenmedialen Charakter annimmt (vgl. Neuberger 2007, S. 45; Schweiger/Quiring 2007; Haas/Brosius 2011). Dafür müssen Internetnutzer heutzutage nicht einmal mehr programmieren oder die technischen Prozesse hinter einzelnen Anwendungen verstehen können – die Zugangsbarrieren sind extrem gesunken und der Rollenwechsel vom Empfänger zum Sender massenmedialer Kommunikation ist wesentlich einfacher zu vollziehen (vgl. Hartmann 2008, S. 98). Die Vielfalt der soeben beschriebenen Werkzeuge zeugt davon. Inhalte, die mit der Hilfe von Nutzern erstellt werden, werden unter den Begriff User-generated Content subsummiert.
Die Kommunikationsmöglichkeiten im Web 2.0 ebnen die bisher in der Kommunikationswissenschaft mitgedachte Trennung von Individual- und massenmedial vermittelter Kommunikation zunehmend ein (vgl. Neuberger 2007, S. 43). Wie in diesem Abschnitt gezeigt wurde, kann Netzkommunikation sogar beides zugleich sein: In diesem Fall spricht man von interpersonal-öffentlicher Kommunikation – z. B. dann, wenn Nutzer von Onlinenachrichten die Berichterstattung kommentieren [98]und sich dabei für andere öffentlich sichtbar streiten (vgl. Brosius/Haas 2011; Springer 2012). »Interaktivität« unterscheidet folglich die Netzkommunikation von der klassischen Massenkommunikation: In der Netzkommunikation ist es möglich, neben die einseitig gerichtete Einer-an-Viele-Kommunikation (One-to-Many) andere Kommunikation treten zu lassen, nämlich eine One-to-One-, One-to-Few-, Many-to-Many- oder Many-to-One-Kommunikation. Da Interaktivität (ganz gleich in welcher Form) jedoch immer nur Kommunikationspotenzial ist, hängt die Realisation dieses Potenzials natürlich von den jeweiligen Nutzern ab. Auch wenn die Habitualisierung der Web2.0-Services und Plattformen voranschreitet, verbleiben Internetnutzer bislang doch fast ausschließlich im passiv-rezeptiven Nutzungsmodus (vgl. Busemann/Gscheidle 2012).
3.3.5 Virtuelle Vergemeinschaftung
Auf Onlineangeboten, die das Bereitstellen von User-generated Content ermöglichen, interagieren Nutzer teilweise wiederholt und dauerhaft, auch ohne einander ›offline‹ zu kennen. Solche virtuellen Gemeinschaften werden auch als Onlinecommunitys bezeichnet (vgl. Taddicken/Bund 2010, S. 167). Beziehungen zwischen den Community-Mitgliedern können von unterschiedlicher Intensität und die Bindung an die Community daher von unterschiedlicher Bedeutung sein. Nicht selten eröffnen virtuelle Gemeinschaften neue, öffentliche Kommunikationsforen, sodass man für sie auch die Bezeichnung »elektronische Cafés«, oder »elektronische Agora« findet (vgl. Höflich 1995, S. 523). Der Onlineableger der Süddeutschen Zeitung z. B. offeriert den Lesern die Netzwerk-Plattform ›suedcafe‹ zur virtuellen Vergemeinschaftung. Folgende Charakteristika und Merkmale elektronischer Gemeinschaften und ihrer Nutzer lassen sich aufzeigen (vgl. Höflich 1995, S. 523ff; Döring 2003; Beck 2006; Neuberger 2006; Springer 2011, 2012; Taddicken/Bund 2010; Busemann/Gscheidle 2012):
• Onlinecommunitys finden sich i. d. R. aufgrund eines gemeinsamen Ziels oder Interesses zusammen (vgl. Taddicken/Bund 2010, S. 169).
• Die Community-Forschung bestätigt immer wieder die sog. 90-9-1-Regel (Nielsen 2012): Für den Großteil der Beiträge ist nur ein Prozent der Nutzerschaft verantwortlich; weitere neun Prozent beteiligen sich von Zeit zu Zeit, während der überwiegende Teil von 90 Prozent passiv-rezeptiv bleibt und nur beobachtet.
• Mit Ausnahme von Social Network Services kennen sich die Mitglieder virtueller Gemeinschaften in aller Regel nicht persönlich und geben sich weitgehend auch nicht durch ihren realen Namen zu erkennen. Vielmehr nutzen sie Medienidentitäten, die kommunikative Rückbezüge möglich machen. »Inwieweit eine mediale Identität hin zur persönlichen Identität geöffnet wird, ist nicht nur beziehungsspezifisch […], sondern auch abhängig von den Möglichkeiten, wie Medienidentitäten in Foren computervermittelter Kommunikation präsentiert werden können« (Höflich 1995, S. 526).
• Statusunterschiede sowie Geschlecht, Alter, ethnische Abstammung, nationale Herkunft, physisches Aussehen etc. spielen in virtuellen Gemeinschaften wenn überhaupt nur eine untergeordnete Rolle. In diesen Communitys herrscht im Hinblick auf Äußerlichkeiten eher eine auf Egalität basierende Geselligkeit. In der Welt der Netzwerke wird der Einfluss nicht »an Reichtum und Macht [gemessen], sondern daran, wie gut man schreibt oder argumentiert« (Höflich 1995, S. 524).
• Die Partizipation an virtuellen Gemeinschaften erfordert folglich v. a. die »Fähigkeit, themenbezogen