Klimatologie. Stefan Brönnimann

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Klimatologie - Stefan Brönnimann

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Box 1.5

       Einheiten-Konventionen in der Meteorologie

      Die Atmosphäre ist ein Kontinuum. Volumeneinheiten oder Masseeinheiten sind nicht im Vornherein definiert. In der Meteorologie werden physikalische Größen deshalb oft auf die «Einheitsmasse» bezogen, d.h., durch die Masse dividiert (oder normiert). Das ändert nun aber die Einheiten. Eine Kraft wird dadurch zu einer Beschleunigung. Leider wird das nicht immer explizit geschrieben und beispielsweise von «Corioliskraft» statt «Coriolisbeschleunigung» gesprochen (diese Kraft wird in Kap. 5 eingeführt). Andere Größen werden auf Einheitsfläche oder -volumen bezogen. Auch das ändert die Einheiten – umso wichtiger ist eine Einheitenkontrolle! (In diesem Buch werden wir immer explizit schreiben, wenn eine Gleichung auf die Einheitsmasse bezogen wurde.)

      Für Flussdichten werden besonders in der Grenzschichtmeteorologie manchmal kinematische Einheiten verwendet. Bei diesen Einheiten werden die Impulsflussdichte und die Massenflussdichte durch die Dichte der Luft ρ (Einheit kg m–3) dividiert; Wärmeflussdichten (vgl. Tab. 1-3) werden zusätzlich durch die Wärmekapazität der Luft bei konstantem Druck cLp (J kg–1 K–1) dividiert (vgl. Kap. 4). In kinematischen Einheiten wird so aus einer Massenflussdichte (kg m–2 s–1) eine Geschwindigkeit (m s–1), aus einer Impulsflussdichte (kg m–1 s–2) wird das Produkt von zwei Geschwindigkeiten (m s–1 m s–1). Die Einheit der Wärmeflussdichte (W m–2, was dasselbe ist wie J m–2 s–1) wird in kinematischen Einheiten zu K m s–1. Diese Einheiten haben den Vorteil, dass sie sich direkt messen lassen: Die Massenflussdichte in kinematischen Einheiten ist ganz einfach der Wind, die Impulsflussdichte ist das Produkt zweier Winde, und die Wärmeflussdichte ist das Produkt von Temperatur und Wind.

      Die Systeme für Massen- und Energieflüsse sind durch den Wasserdampf, der sowohl Masse als auch latente Energie darstellt, verbunden. Der Massenfluss (Einheit: kg s–1) muss dazu mit der spezifischen Verdampfungsenthalpie für Wasser Lv (Einheit J kg–1; vgl. Box 4.2) multipliziert werden; es ergibt sich ein Energiefluss J s–1 (genau gleich ist mit Flussdichten und kinematischen Einheiten zu verfahren). In Kap. 4 gehen wir näher auf die Thermodynamik in der Atmosphäre ein, wo diese Zusammenhänge verwendet werden.

      Umwälzdauer, Verweilzeit und Lebensdauer charakterisieren Stoffumsätze im Klimasystem

      Wichtige Größen zur Beschreibung von Zeitskalen von Massenveränderungen in Systemen sind Umwälzdauer, Verweilzeit und Lebensdauer oder Gleichgewichtslebensdauer. Die Umwälzdauer eines Volumens setzt den gesamten Masseninhalt eines Volumens und alle Flüsse aus diesem Volumen (oder alle Flüsse in das Volumen, was unter Gleichgewichtsbedingungen dasselbe ist) zueinander ins Verhältnis. Die Verweilzeit ist gleich definiert, bezieht sich aber auf einzelne Stoffe. Während also die Umwälzdauer beispielsweise die gesamte Wassermasse eines Sees betrachtet, bezieht sich die Verweilzeit beispielsweise auf einen Schadstoff im Wasser eines Sees. Wenn die Flüsse über die Zeit konstant sind, entspricht die Verweilzeit derjenigen Zeit, welche ein Molekül eines bestimmten Stoffs durchschnittlich in dem betrachteten Volumen verbringt.

      Die chemische Lebensdauer beruht auf dem gleichen Konzept. Statt Flüssen werden hier chemische Umwandlungsvorgänge betrachtet. Oft wird dabei davon ausgegangen, dass sich das System in einem Gleichgewicht befindet (Gleichgewichtslebensdauer), da sich die Lebensdauer sonst schwer quantifizieren lässt.

      Die Umwälzdauer eines Volumens und die Verweilzeit eines Stoffs in einem Volumenelement oder Teilsystem können beide ausgedrückt werden als:

       Verweilzeit = Inhalt des Volumens/(Summe der Flüsse aus dem Volumen),

      symbolisch:

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      und die chemische Lebensdauer entsprechend als:

      Lebensdauer = Konzentration/(Summe der Abbauraten)

      Oft gibt es zwischen zwei Teilsystemen große Flüsse in beide Richtungen. In feuchter Luft über einer Wasserfläche wechseln beispielsweise fast ebenso viele Moleküle vom Wasser in die Luft wie umgekehrt; aber eben nur fast. Für Klimavorgänge sind oft weniger die absoluten Flüsse als die Differenzen (Nettoflüsse) relevant. In diesem Fall ist der Nettofluss die Verdunstung. Verweilzeit oder (Gleichgewichts-)Lebensdauer werden deshalb oft auf die Nettoflüsse bezogen.

      Die Verweilzeit von Wasserdampf in der Atmosphäre beträgt 9 Tage

      Im Folgenden berechnen wir die Verweilzeit von Wasser in der Atmosphäre. Die Atmosphäre enthält geschätzte 12700 Gt (Gigatonnen, vgl. Tab. 1-4) Wasser in Form von Wasserdampf (vgl. Kap. 1.3.4), also C = 12700 Gt. Der global aufsummierte Niederschlag (Fluss aus dem Volumen) beträgt ungefähr 2.87 mm pro Tag oder ca. 1462 Gt pro Tag. Gleichzeitig gibt es keinen anderen Fluss aus der Atmosphäre als Niederschlag, also Σ F = F = 1462 Gt d–1 (d ist das Einheitenzeichen für Tag). Somit kann die Verweilzeit von Wasser in der Atmosphäre berechnet werden:

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      Die Verweilzeit beträgt also 9 Tage.

      Manchmal ist die Konzentration nicht im Gleichgewicht, oder man will eine Zeitskala spezifisch für einen Vorgang beziffern. Dieser Prozess ist dann oft proportional zur Stoffmenge selbst, beispielsweise beim radioaktiven Zerfall:

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      Hier ist N die Stoffmenge. Die Proportionalitätskonstante k ist die Zerfallsrate (in s–1). Dies ist eine lineare Differentialgleichung; die Lösung resultiert in einer exponentiell abfallenden Kurve mit N0 als Anfangsbedingung und der Zeitdauer dt:

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      Halbwertszeit ist diejenige Zeit, die es braucht um eine Konzentration zu halbieren

      Eine Zeitdauer von 1/k wird auch Lebensdauer genannt. Sie ist anders definiert als oben und wird als Abgrenzung von der Gleichgewichtslebendsauer englisch als e-folding lifetime bezeichnet: diejenige Zeit, innerhalb welcher sich die Bilanz auf (1/e) reduziert hat. Man könnte deutsch von einer e-fach Lebensdauer sprechen. Bei der Radioaktivität wird oft die Halbwertszeit angegeben: die Zeit, in welcher sich die Bilanz halbiert hat.

      Umwandlungsprozesse können auch komplizierter sein. Chemische Reaktionsraten können beispielsweise von mehreren Reaktionspartnern und von der Temperatur abhängig sein. Oft erfolgt der chemische Abbau eines Stoffs

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