Wörterbuch der Soziologie. Группа авторов

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Bedeutung quantitativer Auswahlverfahren

      Quantitative Auswahlverfahren besitzen in der empirischen Sozialforschung eine hohe Bedeutung: Erstens verursacht die Erhebung von empirischen Informationen Kosten. Mit steigendem Stichprobenumfang nehmen diese Kosten zu. Gelingt es, für die Bearbeitung eines Problems eine optimale Stichprobengröße zu bestimmen, so können entsprechend Kosten gespart werden. Zweitens erlauben es die quantitativen Auswahlverfahren, Vertrauensintervalle zu bestimmen. Die Erhebung von Stichproben liefert – im Unterschied zu Totalerhebungen – stets nur unsichere Ergebnisse. Ist für die Auswahl der Elemente der Stichprobe ein Zufallsverfahren eingesetzt worden, so lässt sich ermitteln, in welchem Intervall der in der Stichprobe ermittelte Wert mit welcher Wahrscheinlichkeit auch in der Grundgesamtheit angetroffen werden kann. Die Frage, ob z. B. eine Partei die Fünfprozenthürde erreichen wird, wenn sie in einer Umfrage einen bestimmten Wert erreicht hat, lässt sich über die Bestimmung des Vertrauensintervalls beantworten.

      In der sozialwissenschaftlichen Umfragepraxis hat sich eine ganz Reihe an Auswahlverfahren etabliert. Dabei handelt es sich um die Zufallsverfahren, bewussten Auswahlverfahren und willkürlichen Verfahren zur Auswahl der Untersuchungseinheiten.

      Zufallsauswahlen

      Allen Zufallsauswahlen ist gemeinsam, dass die Wahrscheinlichkeit angegeben werden kann, mit der ein Element der Grundgesamtheit in die Stichprobe gelangt. Diese Wahrscheinlichkeit muss größer als null sein.

      Bei einstufigen oder einfachen Zufallsverfahren erfolgt die Auswahl ähnlich wie mithilfe einer Urne oder einer Lostrommel. Hier wird aus der Gesamtheit aller Elemente zufällig die gewünschte Anzahl gezogen. Dafür ist in der Praxis ein Auswahlrahmen (engl. frame) erforderlich, in dem diese Elemente vollständig verzeichnet sind und der von der Forschung für diesen Zweck genutzt werden darf. Für zahlreiche Untersuchungsanliegen existiert ein solcher Auswahlrahmen jedoch nicht, weshalb nach[42] anderen Strategien gesucht werden muss. In der Bundesrepublik haben sich mehrstufige, geschichtete und geklumpte Zufallsverfahren durchgesetzt, um Stichproben in der Allgemeinbevölkerung zu ziehen. Dazu werden in einem ersten Schritt Gemeinden gezogen. Hier existieren dann Melderegister, aus denen beim Vorliegen bestimmter Voraussetzungen eine Zufallsauswahl an zu befragenden Personen gezogen werden kann. Hier handelt es sich also um ein zweistufiges Verfahren. Der ADM hat für diesen Zweck ein dreistufiges Design entwickelt (vgl. ADM 1999).

      Auch für telefonische Befragungen wurden Vorgehensweisen für die Ziehung von Zufallsstichproben ausgearbeitet, da hier ebenfalls nicht auf einen geeigneten frame zurückgegriffen werden kann. Bekanntlich sind zahlreiche Telefonanschlüsse nicht mehr in Verzeichnissen gelistet. Deshalb werden zunächst aus den zur Verfügung stehenden Verzeichnissen alle gelisteten Rufnummern heruntergeladen. Danach werden systematisch in bestimmten Abschnitten Nummernfolgen ergänzt und daraus dann zufällig die für die Stichproben zu verwendenden Nummern gezogen. Zu Einzelheiten bei dieser Vorgehensweise vgl. Gabler/Häder (1997, 2002) und Häder et al. (2012).

      Bewusste und willkürliche Auswahlen

      Eine andere Klasse an Auswahlverfahren sind die bewussten Auswahlen, bei denen nicht zufällig, sondern bewusst ermittelt wird, wer in die Stichprobe gelangt. Gegenüber den Zufallsauswahlen kann hier eine Wahrscheinlichkeit, mit der ein Element in die Stichprobe gelangt, nicht angegeben werden. Insbesondere Quotenverfahren werden genutzt, um eine solche Auswahl vorzunehmen. Dazu werden den Interviewern bestimmte Merkmale der zu befragenden Personen vorgegeben. Diese werden als Quoten bezeichnet. Die Zusammenstellung der Quoten erfolgt nach Merkmalen wie der Ortsgröße, dem Geschlecht, dem Alter und der Tätigkeit der zu befragenden Person. Im Weiteren steht es den Interviewern frei, welche Personen sie für die Befragung aussuchen. Im Ergebnis erhält man eine Stichprobe, die in den genannten Kriterien die Struktur der Grundgesamtheit abbildet. Andere Verfahren, die zu einer bewussten Auswahl führen, suchen bspw. nach typischen Beispielen für eine konkrete Ausprägung von Merkmalen oder nach kontrastierenden Beispielen, um die bisherigen Erkenntnisse gezielt mittels weiterer Informationen zu ergänzen.

      Schließlich kommen auch willkürliche Auswahlen zum Einsatz. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass sie die Stichprobenelemente unkontrolliert rekrutieren, dass also die Auswahl nicht – wie bisher beschrieben – bestimmten Regeln folgt. Diese preisgünstige Strategie hat sich als gangbare Möglichkeit erwiesen, wenn es darum geht, bestimmte Modelle zu testen. Auch in der psychologischen Forschung sowie im Rahmen von Pretests hat ein solches Vorgehen Bedeutung.

      Auswahlverfahren in der qualitativen Forschung

      Auch in der qualitativen Forschung ist zu überlegen, welche Fälle man für eine Untersuchung auswählt. Wenngleich das Thema in der Methodenliteratur lange wenig Aufmerksamkeit erfuhr, so bezweckt die qualitative Forschung ebenfalls, Aussagen über die untersuchten Fälle hinaus zu treffen (und nicht etwa, einen Sachverhalt anhand beliebiger Fälle zu illustrieren). Verallgemeinerungen erfolgen hier allerdings nicht, wie in der quantitativen Forschung üblich, auf dem Weg der statistischen Repräsentativität einer möglichst großen Stichprobe für die Grundgesamtheit einer Population, sondern mit Hilfe anderer Verfahren (z. B. einer Typenbildung) und oft mit einem Schwerpunkt auf Theorieentwicklung. Für die Auswahl von Fällen heißt dies, dass das Sampling ein Abbild der theoretisch relevanten Kategorien widerspiegelt.

      Es sind verschiedene Verfahren des Samplings zu unterscheiden, die auch kombinierbar sind:

      In einer Einzelfallstudie wird ein bestimmter Fall untersucht (eine Person, Organisation, eine Situation etc.), wobei unterstellt wird, dass allgemeine Strukturen in dem Fall zum Ausdruck kommen (z. B. die Kulturhauptstadt Europas als ein Beispiel für ein ›Mega-Event‹ bei Hitzler et al. 2013). Teilweise dient eine Einzelfallstudie als (eigenständige) Exploration vor weiteren empirischen Forschungen zum Thema.

      Andere qualitative Auswahlverfahren zielen darauf, Fälle einzubeziehen, die die Bandbreite der für das Thema relevanten Kategorien spiegeln. Insbesondere gehört dazu das von B. Glaser und A. Strauss im Rahmen der Grounded Theory entwickelte Theoretische Sampling. Die Fälle werden hier nach und nach[43] im Laufe der Untersuchung bestimmt: Nach einer recht offenen Auswahl erster Fälle werden Hypothesen über relevante Kategorien bzw. Konzepte aufgestellt und auf dieser analytischen Basis mittels minimaler und maximaler Kontrastierung weitere Fälle ausgewählt. In einer Studie von Glaser/Strauss über die Interaktion mit Sterbenden stellte sich etwa als relevante Kategorie heraus, in welchem Maße sich der Sterbende seines Zustands bewusst war. Der Prozess der Datenerhebung wird somit durch die sich entwickelnde Theorie kontrolliert. Die minimale Kontrastierung richtet sich auf ähnliche Fälle (mit der Frage, ob sie die Relevanz der Kategorien und Zusammenhänge bestätigen), die maximale Kontrastierung lotet die Varianz im Untersuchungsfeld aus, bis durch neue Fälle keine neuen Erkenntnisse mehr erzielt werden können. Man spricht hierbei von theoretischer Sättigung. Um diese Sättigung zu erreichen, wird unter anderem das Schneeballverfahren angewendet, wobei Akteure im Feld, z. B. Interviewpartnerinnen, auf andere Akteure verweisen und ggf. einen Kontakt zu ihnen herstellen.

      Ein anderer Weg, die Bandbreite eines Untersuchungsfeldes abzustecken, ist das selektive Sampling. Es handelt sich um eine Fallauswahl nach zuvor festgelegten Kriterien. Dies kann bspw. im Rahmen eines Mixed-Methods-Designs geschehen, wenn Befunde aus quantitativen Studien näher auf zugrunde liegende Mechanismen untersucht werden sollen und dann z. B. Teilgruppen in den Blick genommen werden (z. B. zum Thema Studienverläufe Absolvent/innen, die ihr Studium besonders schnell abgeschlossen haben). Teilweise liegen auch vor der Datenerhebung Arbeitshypothesen über strukturell bedeutsame Einflussfaktoren vor, so dass ein Stichprobenplan mit einer Kombination der Ausprägungen dieser Merkmale erstellt wird (z. B. könnte festgelegt werden, aus mehreren Wirtschaftsbranchen jeweils Frauen und Männer zu befragen). Auch dieses Verfahren – das nicht zuletzt oft forschungspraktischen Erwägungen folgt – strebt die Berücksichtigung theoretisch

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