Wörterbuch der Soziologie. Группа авторов

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Formuliert wurde er 1976 vom lnternationalen Arbeitsamt (ILO) in Genf. Dabei wurden private Konsumbedürfnisse (Unterkunft, Nahrung, Kleidung usw.) von sozialer lnfrastruktur (sauberes Trinkwasser, Abwasser- und Müllentsorgung, Gesundheitsdienst, öff. Verkehrsmittel, Ausbildung) unterschieden. Dieses Konzept sollte die Primärziele für nationale und internationale Entwicklungsmaßnahmen bestimmen helfen. Als empirisch gesichert kann gelten, dass die Bedürfnisse sich nach Zahl und Rang von einer Kultur zur anderen unterscheiden, dass aber auch innerhalb einer Kultur sich Subkulturen in ihren Bedürfnissen unterscheiden (z. B. zwischen Künstlern und lnvestmentbankern oder zwischen Jugendlichen und Rentnern). Damit sind Bedürfnisse großenteils die dynamische Seite der Wertordnung.

      Literatur

      Hondrich, Karl Otto; Vollmer, Randolph (Hg), 1983: Bedürfnisse im Wandel, Wiesbaden. – lnglehart, Ronald F., 1977: The Silent Revolution, Princeton (dt. 1982). – Maslow, Abraham H., 1954: Motivation and Personality, New York (dt. 1977/1981). – UNESCO, 1978: Study in Depth on the Concept of Basic Human Needs in Relation to Various Ways of Life and its Possible lmplications for the Action of the Organization, Paris.

       Günter Endruweit

      Die Befragung (engl. interview) ist ein Datenerhebungsinstrument der empirischen Forschung neben der Beobachtung und der Inhaltsanalyse. Sie wird in der quantitativen Forschung in (teil-)standardisierter Form, in der qualitativen Forschung in nicht standardisierter Form angewandt.

      [46]Standardisierte Befragungen in der quantitativen Forschung

      In der quantitativen Forschung galt die Befragung lange als Königsweg der Datenbeschaffung und wird nach wie vor am häufigsten verwendet. Insbesondere bei der Untersuchung von Einstellungen ist sie oft das Instrument der Wahl. Große Längsschnittbefragungen in Deutschland, die mehrere Themen abdecken, sind z. B. der Mikrozensus, die Allgemeine Bevölkerungsumfrage (ALLBUS) und das Sozioökonomische Panel (SOEP). Meist handelt es sich um Einzel-(nicht Gruppen-)Befragungen möglichst vieler Personen. Standardisierung bedeutet, dass der Wortlaut der Fragen und der Antwortmöglichkeiten sowie die Reihenfolge feststehen (die zutreffende Antwort wird angekreuzt). Dies fördert die Vergleichbarkeit der Daten und mindert zudem den Aufwand für die Befragten und für den auswertenden Forscher.

      Formen der standardisierten Befragung

       ppersönlich-mündlich

       ttelefonisch

       sschriftlich (Papierform/Online)

      Befragungen können persönlich-mündlich, telefonisch oder schriftlich (in Papierform oder als Online-Befragung) durchgeführt werden; oft erfolgt die Befragung dabei computerunterstützt (z. B. werden die Antworten direkt in den Computer eingegeben, was späteren Übertragungsfehlern vorbeugt und die Filterführung vereinfacht). Jede Form hat Vor- und Nachteile, der Forscher entscheidet je nach Fragestellung und Praktikabilität.

      So ist bei der persönlich-mündlichen Befragung die Ausschöpfung relativ groß, bei hoher Situationskontrolle sind auch längere Interviews möglich. Dem stehen eine mögliche Verzerrung durch den Interviewereinfluss (ggf. antwortet die ältere Frau einer anderen älteren Frau anders als einem jungen Mann) sowie ein vergleichsweise hoher Kosten- und Zeitaufwand gegenüber.

      Bei der schriftlichen Befragung entfällt der Interviewereinfluss, der Anonymitätsgrad steigt, die Kosten sind geringer. Jedoch fehlt auch die Situationskontrolle (z. B. Kontrolle der Anwesenheit anderer und der Ernsthaftigkeit der Antworten), und die Fragebögen müssen in noch höherem Maße selbsterklärend sein. Das größte Problem der schriftlichen Befragung ist die geringe Ausschöpfung (insbesondere in Papierform), selbst nach Erinnerungsschreiben. In der Online-Variante, in der die Befragten nicht persönlich angeschrieben werden, sondern einem Link zum Fragebogen auf einer Internetseite folgen, ist oft unklar, von welcher Grundgesamtheit der Forscher ausgehen kann, so dass die Repräsentativität der Befunde in Frage steht.

      Die Beurteilung der telefonischen Befragung liegt zum Teil in der Mitte, z. B. Aufwand und Kosten, die Ausschöpfung oder auch den Interviewereinfluss betreffend (der Befragte hört, aber sieht den Interviewer nicht). Zu beachten ist, dass visuelle Unterstützungen hier nicht ohne weiteres einsetzbar sind, z. B. Karten bei langen Listen von Antwortmöglichkeiten. Der Anteil der telefonischen sowie der Online-Befragungen hat im Zeitverlauf zugenommen, die Sozialforschung konkurriert hier mit der Marktforschung um Zielgruppen.

      Verzerrungsgefahren

      Verzerrungsquellen in der standardisierten Befragung:

       Befragungssituation

       Befragtenmerkmale

       Fragebogen: Formulierungen, Reihenfolge, Ge staltung

      Neben Verzerrungsgefahren (die die Gütekriterien Zuverlässigkeit und Gültigkeit beeinträchtigen), die von der Befragungssituation ausgehen, gibt es auch solche, die sich entweder auf Merkmale des Befragten oder auf den Fragebogen beziehen. Zu den Befragtenmerkmalen, die die »richtige« Antwort gefährden, gehören etwa die Tendenz zu sozialer Erwünschtheit (man neigt z. B. dazu, eher zu wenig als zu viel Zeit für Fernsehen anzugeben) oder zu Response-Sets, also Antworttendenzen, die unabhängig vom Inhalt der Frage sind (z. B. in Einstellungsskalen keine Extremkategorien ankreuzen).

      Solche Reaktionen sind eng verknüpft mit den Formulierungen und ihrer Reihenfolge im Fragebogen sowie ggf. dessen visueller Gestaltung. Ziel ist, dass die Fragen und Antwortmöglichkeiten von allen Befragten in gleicher Weise verstanden werden. Es ist z. B. zu beachten, dass die Formulierungen einfach und eindeutig sein sollten (was in der Umsetzung nicht so banal ist, wie es sich anhört), dass sie Unterstellungen und soziale Erwünschtheit vermeiden [47](z. B. wäre die Formulierung: »Glauben Sie noch an …« zu vermeiden). Reihenfolgeeffekte sind in Tests nachgewiesen worden sowohl für einzelne Fragen (und Antwortkategorien) als auch für die gesamte Anlage des Fragebogens (sind die Eingangsfragen z. B. interessant und leicht zu beantworten?).

      Richtet sich die Befragung an eine bestimmte Zielgruppe, sind zudem deren Spezifika zu berücksichtigen, wenn z. B. Kinder, Menschen mittleren Alters oder Ältere befragt werden. Besondere Anforderungen stellen Längsschnittuntersuchungen (haben z. B. Fragen nach dem Geschmack nach zehn Jahren noch die gleiche Bedeutung?) und internationale Vergleichsstudien (die sorgfältige Übersetzungen erfordern). Ein Pretest mit wenigen Befragten kann Verzerrungen durch den Fragebogen teilweise erkennen, ein »perfekter« Fragebogen ist jedoch kaum realistisch. Die Methodenforschung untersucht kontinuierlich Verzerrungsgefahren und Möglichkeiten ihrer Vermeidung.

      Schließlich ist darauf aufmerksam zu machen, dass eine Untersuchung nicht mit der Fragebogenerstellung beginnen darf. Ein systematischer Bezug zu Hypothesen und ihrer Operationalisierung ist notwendig, um die Forschungsfrage nicht aus dem Auge zu verlieren und um in der Auswertungsphase keinen statistischen Datenfriedhof zu erzeugen.

      Nicht standardisierte Befragungen in der qualitativen Forschung

      Für Befragungen in der qualitativen Forschung hat sich die englische Bezeichnung Interviews durchgesetzt. Qualitative Interviews werden zumeist einmalig, mit einem Interviewpartner und face-to-face durchgeführt, d. h. Interviewer/in und Befragte/r begegnen sich persönlich und führen ein Gespräch. Davon wird eine Tonaufnahme, manchmal auch eine Bild- und Tonaufnahme angefertigt, die wortgetreu, teilweise auch parasprachliche Äußerungen berücksichtigend, verschriftet und dann ausgewertet wird. Die Dauer von Interviews variiert stark, vor allem wegen der unterschiedlichen Erzählbereitschaft von Befragten; 60 bis 90 Minuten sind

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