Wörterbuch der Soziologie. Группа авторов

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Wörterbuch der Soziologie - Группа авторов страница 27

Wörterbuch der Soziologie - Группа авторов

Скачать книгу

und fehlender Werte verbunden ist, stellt Krippendorffs Alpha dar (Hayes/ Krippendorff).

      Grundsätzlich können Beobachtungsfehler jedoch auch durch die untersuchten Personen verursacht werden. Insbesondere Beobachtung ist anfällig für Probleme der Reaktivität, wenn die untersuchten Personen ihr Verhalten aufgrund ihres Wissens über die Untersuchungsabsicht verändern (Versuchspersoneneffekt). Bei teilnehmender Beobachtung über einen längeren Zeitraum (z. B. Feldforschung), wenn Beobachter und untersuchte Personen direkt miteinander interagieren, ist nicht auszuschließen, dass die Messung anhaltende Änderungen im Verhalten zur Folge hat (z. B. um Erwartungen des Beobachters zu erfüllen; Hawthorne-Effekt; Greve/Wentura).

      Methoden der Beobachtung stellen besondere Herausforderungen an Planung und Durchführung der Datenerhebung (z. B. Reaktivität) und -auswertung (z. B. Entwicklung eines Kategoriensystems, Training der Beobachter). Methoden der Beobachtung sind jedoch eine wichtige Alternative für die Erfassung von Verhalten, wenn die Verwendung anderer Verfahren (z. B. Befragung) schwierig ist (z. B. komplexe soziale Interaktionen in Gruppen) oder untersuchte Personen nicht über ihr Verhalten Auskunft geben können (z. B. Kleinkinder) (Greve/ Wentura; Schnell et al., Kap. 7). Generell empfiehlt es sich, unterschiedliche Datenquellen (z. B. Befragungen wie Selbst- und Fremdbericht) mit Methoden der Beobachtung zu kombinieren (Triangulation; Schnell et al., Kap. 7).

      Literatur

      Bakeman, Roger; Quera, Vincenç, 2011: Sequential analysis and observational methods for the behavioral sciences, New York. – Bodemann, Guy, 2006: Beobachtungsmethoden; in: Petermann, Franz; Eid, Michael (Hg.): Handbuch der psychologischen Diagnostik, Göttingen, 151–159. – Bortz, Jürgen; Döring, Nicola, 2009: Forschungsmethoden und Evaluation für Human- und Sozialwissenschaftler, Heidelberg. – Cranach, Mario von; Frenz, Hans-Georg, 1969: Systematische Beobachtung; in: Graumann, Carl Friedrich (Hg.): Handbuch der Psychologie, Band 7, Sozialpsychologie, Göttingen, 269–331. – Faßnacht, Gerhard, 1995: Systematische Verhaltensbeobachtung: Eine Einführung in die Methodologie und Praxis, München. – Flick, Uwe, 2007: Qualitative Sozialforschung: Eine Einführung, Reinbek. – Greve, Werner; Wentura, Dirk, 1997: Wissenschaftliche Beobachtung: Eine Einführung, Weinheim. – Hayes, Andrew F.; Krippendorff, Klaus, 2007: Answering the call for a standard reliability measure for coding data; in: Communication Methods and Measures, 1, 77–89. – Hoyle, Rick H. et al., 2009: Research methods in social relations, Belmont Drive, CA. – Schnell, Rainer et al., 2011: Methoden der empirischen Sozialforschung, München. – Trommsdorff, Gisela, 2007: Entwicklung im kulturellen Kontext; in Trommsdorff, Gisela; Kornadt, Hans-Joachim (Hg.): Enzyklopädie der Psychologie: Themenbereich C, Serie VII, Bd. 2: Kulturelle Determinanten des Erlebens und Verhaltens, Göttingen, 435–519.

       Tobias Heikamp

      Gegenstand

      In der Berufssoziologie (engl. occupational sociology/sociology of occupations) bzw. in berufssoziologischen Analysen geht es um die Bedeutung des Berufs für Individuen, Organisationen und gesellschaftliche Teilbereiche und genauer: um eine soziologische Beschreibung dieser Verhältnisse. In der mittelalterlichen Gesellschaft war der Beruf nicht nur ein Teil des Lebens, sondern er bestimmte die[52] Existenz des ›ganzen Hauses‹ sowie das ›ganze Leben‹ der in ihm arbeitenden und wohnenden Personen. Der Beruf fungierte als Leitgesichtspunkt für die ganze Lebensführung und war der bestimmende Orientierungsrahmen für betriebliche Organisationen. Diese umfassende Stellung hat er in der modernen Gesellschaft freilich längst eingebüßt, was gleichwohl nicht heißt, dass er bedeutungslos geworden wäre, worauf schon Helmut Schelsky (1960/1965) in seinem einflussreichen Aufsatz »Die Bedeutung des Berufs in der modernen Gesellschaft« hingewiesen hat. Obwohl Schelsky sehr wohl die Gefahr sieht, dass der »in seiner Lebensbedeutung reduzierte Beruf nur als Mittel und Zweck für die Lebenserfüllung in anderen Lebensbereichen angesehen« und damit zum »bloßen Job« werden könnte (240), betont er, dass auch in dieser teilhaften Bedeutung, die der Beruf jetzt noch für das menschliche Leben hat, »die Berufstätigkeit immer noch der wichtigste Faktor für die soziale Bestimmung des menschlichen Lebens in unserer Kultur« ist (240) und dass die Menschen »im Wesentlichen nach ihren Berufen sozial eingeordnet« werden (S. 241). Der Beruf ermögliche nämlich den Menschen nach wie vor den Großteil ihrer Sozialkontakte und strukturiert ihren Alltag und ihren Lebenslauf; er bestimmt ihre Einkommens- und ihre Vermögensverhältnisse und damit auch ihren sozialen Status und ihr soziales Prestige; und schließlich prägt er ihre Selbst- und Fremdeinschätzung, also das Bild, das sie von sich beziehungsweise andere von ihnen haben. Und, so kann man hinzufügen, auch Organisationen sind natürlich immer noch zwingend auf das berufliche Wissen ihrer Mitarbeiter angewiesen.

      Hiermit ist bereits ein grundsätzlicher Unterschied zwischen Arbeit und Beruf angedeutet. Der Arbeitsbegriff ist sehr weit gefasst: nicht nur Arbeiter arbeiten, sondern auch Angestellte, Beamte und Selbstständige, und die Gesellschaft mit ihren Teilbereichen und Organisationen ist auf diese Arbeit angewiesen. Der Berufsbegriff setzt dagegen spezifischer an und bezeichnet darüber hinaus die jeweilige Form der Arbeit. Als zusätzliches Moment kommt beim Beruf zum einen immer auch die Form der Ausbildung/Qualifizierung für die (berufliche) Arbeit hinzu und zum anderen kann man von Berufen erst sprechen, wenn sich »Arbeit in ausdifferenzierter Rollenstruktur (…) konstituiert« (Luckmann, Sprondel 1972, 13). Berufe lassen sich so gesehen als »die soziale Organisation der Arbeit« (ebd.: 17) beschreiben oder anders: als berufliche Organisation des Arbeitens, d. h. als Berufsform. Und genau diese »Berufsform von Arbeiten in ihren vielfältigen Aspekten ist der Gegenstand der ›Berufssoziologie‹« (Daheim 2001, 22).

      Geschichte des Berufsbegriffs

      Die Geschichte des Berufsbegriffs hat ihren Ursprung in der Theologie. Gemeinhin gilt Martin Luther mit seiner Übersetzung des griechischen Wortes für Arbeit als Wegbereiter der reformatorischen Lehre vom Beruf – es geht jetzt um die Berufung zur Arbeit, die das alte Verständnis der Arbeit als Buße ergänzt. In enger Beziehung zur besonderen Form der Ehre fungiert der Beruf im Weiteren in der geburtsständischen Gesellschaft für lange Zeit als ein zugeschriebener sozialer Status. Und erst unter den rationalistischen Einflüssen der Aufklärung im 18. Jh. ist die Berufsidee dann zunehmend säkularisiert worden. In der Vorstellung des deutschen Idealismus erfolgt die Berufung zu einem Beruf nicht mehr durch Gott, sondern determiniert sich durch Eignung und Neigung des Menschen, womit gleichsam ein Weg der sozialen Positionierung von Herkunft zum Aufstieg über den Beruf auf Grund von Anlage, Talent und Begabung durch freie Berufswahl eingeleitet wurde.

      Die hier nur in aller Kürze angedeutete Geschichte des Übergangs von einem religiösen zu einem weltlichen Berufsbegriff nachgezeichnet zu haben, ist zunächst einmal das Verdienst des Soziologen Max Weber, der damit zudem das Berufsthema an theoretisch zentraler Stelle der neuen Disziplin Soziologie in Deutschland positioniert hat. In seiner Protestantismusstudie etwa fragt Weber nach den aus der modernen Berufsethik resultierenden Folgen für die kapitalistische Ökonomie und bestimmt das Berufsmenschentum und dessen Ausformungen als Fach- und Geschäftsmenschentum als grundlegendes Erklärungsmuster für den modernen Kapitalismus. Und in seiner Herrschaftssoziologie bestimmt er darüber hinausgehend auf der Grundlage des Fachmenschentums die Legitimation über Kompetenzen gleichsam als das Merkmal der modernen Gesellschaft – welche die Legitimation über Herkunft früherer Gesellschaftsformationen ersetzt – und versucht auf dieser Grundlage den modernen Staat, das Berufsbeamtentum und die bürokratische Organisationsform zu bestimmen.

      [53]Berufssoziologie als Disziplin

      Damit hat die Soziologie schon in ihrer Begründungsphase der Theorie und Geschichte des Berufs große Aufmerksamkeit gewidmet. Insbesondere in den Arbeiten von Max Weber und Émile Durkheim, die sicherlich noch nicht als Berufssoziologen bezeichnet werden können, finden sich bereits grundlegende, einen Anfang markierende Überlegungen zu einer Soziologie des Berufs. So hat etwa Durkheim (1996, 41 ff.) die Berufsgruppe als Vermittlungsglied

Скачать книгу