Wörterbuch der Soziologie. Группа авторов

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des Berufs?

      Der Bedeutungsverlust der Berufssoziologie korrespondiert in gewisser Weise mit der in den Massenmedien und der Wissenschaft seit den 1980er Jahren geführten Debatte über eine Krise bzw. einem Ende von Arbeit und Beruf (Dahrendorf 1983), womit zwar nicht ausgesagt wird, dass der Erwerbsgesellschaft gleich die (berufliche) Arbeit ausgehen würde, wohl aber wird das Ende der sogenannten Vollzeiterwerbsarbeitsgesellschaft prognostiziert. Die Veränderungen, die wir gegenwärtig in der Arbeitswelt beobachten können, zeigen gleichwohl auch noch nicht das von vielen heraufbeschworene Ende der Berufsform überhaupt an. Auch in Zeiten, in denen wir in Wissenschaft, Politik und Wirtschaft über das sogenannte bedingungslose Grundeinkommen diskutieren, werden Personen für Arbeit, die ihnen ihren Lebensunterhalt sichern soll, ausgebildet, und Organisationen müssen für die ausgeübte Arbeit, auf die sie angewiesen sind, bezahlen. Was sich aber vor allem verändert, ist das Verhältnis von Ausbildung und Arbeit/Erwerb und damit ein inhaltlicher Wandel des Berufs. Im Übergang zur Wissensgesellschaft, in der immer mehr Arbeit zur reflexiven Wissensarbeit wird, muss sich das Bildungssystem darauf einstellen, dass mehr und mehr Personen mit überfachlichen Kompetenzen und entwicklungsoffenen Qualifikationspotentialen gesucht werden. Hier zeigen sich Tendenzen einer Annäherung von beruflicher und allgemeiner Bildung.

      Obwohl in zunehmendem Maße andere Formen von Arbeit an Bedeutung gewinnen, wird die berufliche Erwerbsarbeit auch weiterhin die dominante Form des Arbeitens bleiben (Daheim 2001). Die Veränderungen, die wir gleichwohl in der Arbeitswelt beobachten können, scheinen denn auch eher ein neues und sich immer schneller wandelndes Mischungsverhältnis anzudeuten; und zwar auf der einen Seite im Rahmen beruflicher Erwerbstätigkeit selber, auf der anderen Seite aber auch im Verhältnis der Erwerbsorientierung zu gemeinschaftsorientierten Tätigkeiten oder solchen im persönlich-familiären Bereich.

      Genauso wenig wie man von einem Ende des Berufs sprechen kann, ist auch die Berufssoziologie noch lange nicht überflüssig geworden, sie scheint sogar gegenüber anderen das Berufsthema bearbeitenden soziologischen Teildisziplinen einen analytischen Vorteil zu haben: So kann sie etwa das Themenspektrum der Arbeitssoziologie und der Professionssoziologie mit bearbeiten. Denn der zwischen Arbeit und Profession stehende Berufsbegriff schließt sowohl nur wenig berufliche Qualifikationen erfordernde Erwerbsarbeit als auch hochqualifizierte professionelle Arbeit bzw. Wissensarbeit ein. Und darüber hinaus kann sie Beiträge zu anderen soziologischen Debatten beisteuern, wie etwa denen der Organisationssoziologie oder der soziologischen Ungleichheitsforschung, so dass die Berufssoziologie aus der spezifischen Perspektive der Berufsform eine Verbindung zwischen diesen Teildisziplinen herstellen kann (Kurtz 2005).

      Literatur

      Beck, Ulrich et al., 1980: Soziologie der Arbeit und der Berufe. Grundlagen, Problemfelder, Forschungsergebnisse, Reinbek. – Blau, Peter M.; Duncan, Otis D., 1967: The American Occupational Structure. New York u. a. – Daheim, Hansjürgen, 2001: Berufliche Arbeit im Übergang von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft; in: Kurtz, Thomas (Hg.): Aspekte des Berufs in der Moderne, Opladen, 21–38. – Dahrendorf, Ralf, 1983: Wenn der Arbeitsgesellschaft die Arbeit ausgeht; in: Matthes, Joachim (Hg.): Krise der Arbeitsgesellschaft? Verhandlungen des 21. Deutschen Soziologentages in Bamberg 1982, Frankfurt a. M./ New York, 25–37. – Durkheim, Emile, 1996: Über soziale Arbeitsteilung. Studie über die Organisation höherer Gesellschaften, 2. Aufl., Frankfurt a. M. (1893). – Hartmann, Heinz, 1968: Arbeit, Beruf, Profession; in: Soziale Welt 19, 193–216. – Kurtz, Thomas, 2005: Die Berufsform der Gesellschaft, Weilerswist. – Luckmann, Thomas; Sprondel, Walter Michael, 1972: Einleitung; in: dies. (Hg.): Berufssoziologie, Köln, 11–21. – Parsons, Talcott; Smelser, Neil J., 1956: Economy and Society. A Study in the Integration of Economic and Social Theory, London. – Schelsky, Helmut, 1960/1965: Die Bedeutung des Berufs in der modernen Gesellschaft; in: ders.: Auf der Suche nach Wirklichkeit, Düsseldorf/Köln, 238–249. – Stichweh, Rudolf, 1996: Professionen in einer funktional differenzierten Gesellschaft; in: Arno Combe; Helsper, Werner (Hg.): Pädagogische Professionalität. Untersuchungen [56]zum Typus pädagogischen Handelns, Frankfurt a. M., 49–69. – Voß, G. Günter; Pongratz, Hans J., 1998: Der Arbeitskraftunternehmer. Eine neue Grundform der Ware Arbeitskraft? In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 50, 131–158. – Weber, Max, 1984: Die protestantische Ethik I. Eine Aufsatzsammlung, hg. von Johannes Winckelmann, Gütersloh (1920). – Weber, Max, 1985: Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriss der verstehenden Soziologie, Tübingen (1920).

       Thomas Kurtz

      Gegenstand und Thematik

      Demographie (engl. demography) ist der Oberbegriff für Analysen quantitativer und qualitativer Veränderungen der Bevölkerungsverhältnisse einer Region, eines Landes oder der Welt als Ganzes. Da gesellschaftliche, wirtschaftliche, politische, kulturelle und biologische Faktoren demographische Entwicklungen beeinflussen, ist Demographie idealerweise eine interdisziplinär ausgerichtete Wissenschaft. Die Bevölkerungssoziologie – als Teildisziplin – eröffnet einen spezifischen soziologischen Zugang zu demographischen Prozessen und Strukturen, und sie setzt dabei soziologische Denk- und Theorieansätze zur Analyse demographischer Entwicklungen ein (Niephaus 2012, 13 ff.). Im Zentrum der Bevölkerungssoziologie stehen sowohl die Auswirkungen gesellschaftlicher Wandlungen auf demographische Größen (wie Geburtenniveau, Überlebensordnung, Migration, Altersverteilung der Bevölkerung) als auch die Auswirkungen demographischer Entwicklungen auf Gesellschaften, Organisationen, Familien und Individuen. Zu den zentralen demographischen Komponenten – welche bevölkerungssoziologisch auf ihre gesellschaftliche Einbettung und Bedeutung hin untersucht werden – gehören im Einzelnen:

a)Familiengründung und Geburtenniveau: Die Zahl von neugeborenen Kindern wird zum einen durch die Zahl von Frauen im gebärfähigen Alter bestimmt. Zum anderen wird die Geburtenzahl durch das Fertilitätsverhalten von jungen Frauen und Männern bestimmt. Das Fertilitätsverhalten seinerseits wird durch eine Reihe von Faktoren – wie Partnerschafts- und Familiengründungsverhalten, Kinderwunsch und Geburtenkontrolle – beeinflusst. Entsprechend ist das Geburtenniveau einer Gesellschaft eng mit ihren sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Rahmenbedingungen verknüpft. Eine demographische Analyse von Veränderungen des Fertilitätsverhaltens kommt deshalb nicht aus ohne Bezug etwa auf familiensoziologische Konzepte. Bedeutsam für das Verständnis von Familiengründung und Geburtenverhalten sind aber auch soziologische Ansätze der Genderforschung oder – da das Familiengründungsverhalten je nach sozialer Schicht variiert – Theorien sozialer Ungleichheiten.
b)Sterbefälle (Mortalität) bzw. Absterbe- und Überlebensordnung: Veränderungen der Lebenserwartung innerhalb einer Gesellschaft sind von gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und epidemiologischen Einflussfaktoren abhängig. Zwar müssen alle Menschen einmal sterben, aber die Lebenserwartung bzw. Überlebensordnung von Menschen unterliegt markanten sozialen Unterschieden bzw. Ungleichheiten, etwa nach Geschlecht oder sozialer Schichtzugehörigkeit. Umgekehrt wirken sich Veränderungen der Überlebensordnung tiefgreifend auf gesellschaftliche Lebensverhältnisse, intergenerationelle Beziehungen und individuelle Lebensverläufe aus. Soziologisch stehen vor allem Fragen sozialer Ungleichheiten der (aktiven) Lebenserwartung sowie die Zusammenhänge zwischen Sozialstruktur und Lebenserwartung im Zentrum des Interesses.
In der klassischen Bevölkerungsstatistik warden Geburten und Sterbefälle zur sog. ›natürlichen Bevölkerungsbewegung‹ gezählt. Aus soziologischer Sicht – und angesichts der nachweisbaren enormen Bedeutung sozialer Faktoren für Geburtenhäufigkeit und Sterblichkeitsverläufe – greift der Begriff ›natürlich‹ zu kurz. Zudem genügen einzig auf globaler Ebene die Geburten- und Sterbezahlen formal zur Erklärung der Bevölkerungsentwicklung. Werden national oder regional begrenzte Gebiete analysiert, kommt eine weitere demographische Komponente hinzu:
c)Wanderungsbewegungen (Migration): Abwanderung reduziert und Zuwanderung erhöht die Bevölkerungszahl eines gegebenen Gebietes. Speziell für kleinere geographische Einheiten (Regionen, Kommunen, Quartiere) kann die Bevölkerungsentwicklung primär von Zu- oder

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