Wörterbuch der Soziologie. Группа авторов

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kann, gewissermaßen als Interviewersatz, also indirekte Feldforschung.

      Über die Unterschiede zwischen qualitativer und quantitativer Forschung gibt es viele idealtypische Aussagen (vgl. z. B. die Tabellen bei Lamnek, 244, und Bortz/Döring, 299–302), die alle einige sehr fragwürdige Elemente enthalten. Ob man quantitativ oder qualitativ vorgeht, hängt nicht zuletzt davon ab, was man einerseits an Daten hat oder haben kann und was man andererseits mit den Daten aussagen will. Wenn Totalerhebungen oder Stichproben unmöglich sind, ist auch quantitative Forschung unmöglich. Wenn man dagegen, wie so oft, aus keiner Theorie eine Hypothese für das ins Auge gefasste Forschungsthema finden kann, ist ein qualitatives Interview manchmal weit aufschlussreicher als jede quantitative Explorationsstudie. Allerdings darf in den Sozialwissenschaften nie vom Teil auf das Ganze geschlossen werden (ebenso nicht vom Ganzen auf ein Teil), weil sie keine den Naturgesetzen entsprechende Erkenntnisse haben. Aber nicht nur zur Hypothesenfindung ist qualitative Forschung brauchbar, sondern auch zur Hypothesenprüfung, wenn es sich um Es-gibt-Hypothesen handelt (Beispiel: Es gibt nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung durch die Vergabe von Mikrokrediten). Je-desto-Hypothesen sind dagegen immer nur mit quantitativer Forschung zu überprüfen.

      Das hier beschriebene Konzept von Forschung ist am Kritischen Rationalismus orientiert. Daneben gibt es noch andere Auffassungen, etwa in der Kritischen Theorie oder in der marxistischen Soziologie (dazu u. a. Friedrichs, 18–32; Aßmann/Stolberg, 30–40), die aber in der tatsächlichen Forschung schon immer eine geringe Bedeutung hatten und jetzt eine fast nur noch Historische.

      Literatur

      Aßmann, Georg; Stollberg, Rudhart (Hg.), 1979: Grundlagen der marxistisch-leninistischen Soziologie, Berlin. – Babbie, Earl, 1989: The Practice of Social Research, 5. ed., Belmont. – Bortz, Jürgen; Döring, Nicola, 2006: Forschungsmethoden und Evaluation für Human- und Sozialwissenschaftler, 4. Aufl., Heidelberg. – Endruweit, Günter, 1997: Beiträge zur Soziologie, Bd. I, Kiel. – Friedrichs, Jürgen, 1990: Methoden empirischer Sozialforschung, 14. Aufl., Opladen. – Lamnek, Siegfried, 1995: Qualitative Sozialforschung, Bd. 1, 3. Aufl., Weinheim.

       Günter Endruweit

      Freizeit im sozialen Wandel

      Freizeit (engl. leisure time, free time) im 21. Jh. hat eine andere Qualität als in den Nachkriegszeiten der fünfziger und sechziger Jahre oder den Wohlstandszeiten der siebziger bis neunziger Jahre: Steigende Lebenserwartung auf der einen und sinkende Realeinkommen auf der anderen Seite lassen erwerbsfreie Lebensphasen in einem ganz anderen Licht erscheinen. Lebensstandardsicherung und soziale Ungleichheiten, Gesundheitserhaltung sowie neue Sinnorientierungen des Lebens jenseits von Konto und Karriere machen den ehemaligen »Wohlstandsfaktor Freizeit« zu einer gleichermaßen ökonomischen wie sozialen Frage: Wie kann die persönliche und gesellschaftliche Lebensqualität auch in politisch und wirtschaftlich schwierigen Krisenzeiten erhalten und nachhaltig gesichert werden? Frei verfügbare Zeit- und Lebensabschnitte werden immer mehr zur Investition in lebenslanges Lernen, in Wohlfühlkonzepte, in Familien- und Nachbarschaftshilfen, aber auch in Unterhaltungs- und Entspannungsprogramme [129]genutzt. Aus dem »Frei von« bezahlter Arbeit wird zunehmend ein »Frei für« eine lebenswerte Zukunft. Das »spart« Geld, aber »kostet« Lebenszeit.

      Freizeitbegriff

      Das Freizeitverständnis hat sich grundlegend gewandelt. Quantitativ und qualitativ unterscheidet sich die Freizeit heute von früheren Freizeitformen. Auch gegenwärtig findet Erholung von der Arbeit in der Freizeit statt, aber die Freizeit ist nicht mehr nur – wie in den fünfziger Jahren – Erholungszeit. Für die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung hat die Freizeit einen eigenständigen Wert bekommen. So vertritt die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung die Auffassung, dass Freizeit in erster Linie eine Zeit ist, in der man tun und lassen kann, was einem Spaß und Freude macht. Aus einem arbeitsabhängigen Zeitbegriff, der Freizeit negativ als Abwesenheit von Arbeit definierte, hat sich ein positives Freizeitverständnis entwickelt: Freizeit ist eine Zeit, in der man für etwas frei ist.

      Freizeitverhalten

      Nur auf den ersten Blick verändert sich im Freizeitverhalten nichts. Doch im Zeitvergleich der letzten 50 Jahre hat es fast erdrutschartige Veränderungen gegeben. Die Lieblingsbeschäftigung »Aus dem Fenster sehen« wurde durch das »Fernsehen« ersetzt und »Telefonieren« macht regelmäßige »Verwandtenbesuche« weitgehend entbehrlich. Fest behauptet hat sich dagegen das »Radiohören« als wichtiges Begleitmedium des Freizeitalltags.

      Die Wirklichkeit des Freizeitverhaltens der Deutschen vermittelt auf den ersten Blick ein ernüchterndes Bild: Die reale Freizeitqualität spielt sich zwischen Medien- und Erlebniskonsum ab. Und gesellschaftlich hoch bewertete Kulturaktivitäten in der Freizeit wie Opern-, Konzert- und Theaterbesuche, Rock-, Pop- und Jazzkonzertbesuche oder Museums- und Kunstausstellungsbesuche rangieren in der Beliebtheitsskala am unteren Ende. Der Medienkonsum ›frisst‹ den größten Teil der Freizeit. Im Westen wie im Osten Deutschlands widmen sich die Bundesbürger am meisten dem Medienkonsum.

      Tourismus und Erlebnismobilität

      »Travel« und »Travail«, Reisen und Arbeiten, haben die gleiche Wortwurzel und deuten auf das gleiche Phänomen hin: Der Mensch kann auf Dauer nicht untätig in seinen eigenen vier Wänden verweilen. Noch nie in der Geschichte des modernen Tourismus reisten so viele so viel. Reisen gilt als die populärste Form von Glück. Nach dem Bahn-, Auto- und Flugtourismus steht die vierte Welle der Demokratisierung des Reisens unmittelbar bevor: Trotz globaler Finanz- und Wirtschaftskrisen expandiert der Kreuzfahrttourismus – und die Wachstums-Ära der Billigflieger geht bald zu Ende.

      Literatur

      Opaschowski, Horst W., 2008: Einführung in die Freizeitwissenschaft, 5. Aufl., Wiesbaden. – Carius, Florian; Gernig, Björn, 2010: Was ist Freizeitwissenschaft?, Aachen.

       Horst W. Opaschowski

      Definition

      Fremdenfeindlichkeit (griech. Xenophobie, engl. xenophobia) bezeichnet ablehnende Einstellungen und aggressive Verhaltensweisen von Personen, die zu einer Gemeinschaft (»ingroup«, »Wir-Gruppe«) gehören, gegenüber Mitgliedern anderer Gemeinschaften (»outgroup«, »Sie-Gruppe«). Dabei kann die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft real oder vorgestellt sein. Als fremdenfeindlich kann auch jede Weigerung ausgelegt werden, die Mitglieder der anderen Gemeinschaft als gleichwertig anzuerkennen und ihnen die allgemeinen Menschenrechte zu gewähren. Bei der Fremdenfeindlichkeit handelt es sich um eine komplexe Wertorientierung, die einerseits die eigenen kulturellen Praktiken, Werte und Normen als positiv und verbindlich definiert und andererseits die Fremden als bedrohlich und feindlich stigmatisiert. Voraussetzung für die Fremdenfeindlichkeit ist, dass die Zugehörigkeitsmerkmale, z. B. Religionszugehörigkeit, Nationalität, Rassenzugehörigkeit, Sprache, Kultur, regionale Zugehörigkeit etc. von einem Kollektiv negativ markiert und als fremd empfunden werden. Grundlage der Fremdenfeindlichkeit ist der sog. »Ethnozentrismus«, d. h. die[130] empfundene Überlegenheit der eigenen kulturellen Werte, Lebensweise, Weltanschauung, Religion, Rasse, Nation, Region und ethnischen Zugehörigkeit. Die Fremdenfeindlichkeit kann gesetzlich verankert und staatlich legitimiert werden, wie z. B. in der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland. In der Fachliteratur wird zwischen latenter (versteckter) und manifester (offener) Fremdenfeindlichkeit unterschieden.

      Entwicklung des Begriffs

      Die Fremdenfeindlichkeit ist ein altes Phänomen. Dieses beruht auf der Erfassung der Welt durch binäre Kategorien, z. B. »gut« und »böse«, »groß«

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