Transkulturelle Kommunikation. Michèle Kaiser-Cooke

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Transkulturelle Kommunikation - Michèle Kaiser-Cooke страница 10

Transkulturelle Kommunikation - Michèle Kaiser-Cooke Studieren, aber richtig

Скачать книгу

zielführend beraten. Wir wollen also zeigen, dass wir diesem Vertrauen gewachsen sind. Das tun wir, indem wir unsere eigene Kommunikation professionell gestalten – nach dem Motto: What you see is what you get.

      Würden Sie ein Make-over akzeptieren von jemandem, der selbst ungepflegt ist? Oder hätten Sie Vertrauen zu einer Zahnärztin, die selbst schlechte Zähne hat? Der eigene Kommunikationsstil ist die erste Garantie dafür, dass wir Kommunikation ernstnehmen.

      Kommunikation ist etwas sehr Persönliches, auch für internationale Unternehmen oder „gesichtslose“ Großorganisationen. Letztlich geht es ja um das eigene Image: wie man gesehen wird, wie man verstanden wird.

      Professionell kommunizieren zu können setzt demnach voraus, dass wir auch in Bezug auf uns selbst über explizites Wissen verfügen und analysieren, steuern, gestalten, was wir aussagen und wie wir wirken wollen. (Dieser Aspekt der Kommunikation wird in Teil IV näher behandelt.)

      In professioneller Kommunikation treten wir einerseits selbst – als professionelle Kommunikator*innen, als Journalist*innen, Kommunikationsberater*innen oder als Translator*innen – in Erscheinung, andererseits vertreten wir jene, die uns ihre kommunikativen Anliegen anvertraut haben. Wenn wir anderen bei der Kommunikation helfen, übernehmen wir Verantwortung dafür, dass die Kommunikation so gestaltet wird, dass sie ihr Kommunikationsziel erreichen können. Das Vertrauen unserer Auftraggeber*innen basiert darauf, dass sie uns professionelle Kommunikation zutrauen: Sie vertrauen also darauf, dass wir verstehen, was in der Kommunikationssituation geschieht, damit wir die Kommunikation bewusst steuern und gestalten können.

      Die Analyse der Kommunikationssituation und ihrer Dimensionen dient als Grundlage dafür, das kommunikative Handeln auf diese Situation auszurichten: Dazu gehört auch, die Wirkung von sprachlichen Mitteln in Kommunikationssituationen einschätzen zu können und zu verstehen, wie Sprache in der Kommunikationssituation wirkt und funktioniert. Für professionelle Kommunikation ist es notwendig, Sprach- und Kommunikationskompetenz zu verbinden.

      Dafür müssen wir auch wissen, an wen sich ein Text richtet, also welche Adressat*innen angesprochen werden sollen und in welchen Diskursgemeinschaften diese Adressat*innen zu verorten sind. Adressat*innen sind jene Menschen, für die der jeweilige Text gestaltet wird. Sie sind die unmittelbare Zielgruppe, aber auch als Teil größerer Diskursgemeinschaften zu sehen. Diskursgemeinschaften sind Gruppen, in denen ähnlich über ähnliche Themen kommuniziert wird. (Auf Diskurse und ihre gesellschaftliche Einbettung werden wir in Teil II noch genauer eingehen.)

      Ein Beispiel für eine solche Diskursgemeinschaft sind Wissenschaftler*innen einer bestimmten Fachrichtung. Wenn etwa ein wissenschaftlicher Fachartikel für eine bestimmte internationale Zeitschrift, etwa Hermes – Journal of Language and Communication in Business oder M&K – Medien und Kommunikationswissenschaft oder das Journal of Advertising Research verfasst wird, dann sind die Leser*innen dieser Zeitschriften die Adressat*innen, die Zielgruppe. Sie können darüber hinaus aber auch als Teil einer größeren „scientific community“ gesehen werden, die sich mit verschiedenen Bereichen der Kommunikationswisssenschaft beschäftigt.

      Wenn wir Erfahrungen in diesen Diskursgemeinschaften gesammelt, bewusst reflektiert und dadurch eine Vorstellung entwickelt haben, wie kommuniziert wird, gibt uns dies wichtige Anhaltspunkte für die Gestaltung von Texten. Einerseits geht es dabei um das Vorwissen, mit dem wir in der Diskursgemeinschaft – und damit auch bei unseren Adressat*innen (der Zielgruppe) – rechnen können. Andererseits sehen wir auch, wie andere Texte für diese oder ähnliche Zielgruppen gestaltet sind, und können daraus bestimmte übliche Formen, Merkmale und „Regeln“ (Konventionen) ableiten.

      Konventionen spielen eine wichtige Rolle in professioneller Kommunikation.

      Wenn in der Kommunikation der Eindruck erweckt wird, dass die Person, die spricht oder schreibt, die Konventionen nicht kennt, dann wirkt das in der Regel unprofessionell. Das bedeutet aber nicht, dass es in professioneller Kommunikation immer darum geht, Konventionen zu erfüllen.

      Manchmal wird auch bewusst nach einer unkonventionellen Lösung gesucht, etwa wenn damit besondere Aufmerksamkeit erregt werden soll. Ein Beispiel dafür ist das „Virgin America Safety Video“. Wahrscheinlich kennen Sie die Situation: Vor dem Abflug stehen Flugbegleiter*innen im Mittelgang des Flugzeugs, während viele Fluggäste aus dem Fenster schauen oder gelangweilt in einer Zeitschrift blättern. Die wenigsten schauen zu. Um neues Interesse an den Instruktionen zu wecken, hat man versucht, sie einmal anders zu gestalten – und einen Video-Clip mit Tanz und Musik gedreht. Und auf einmal schauen sich Menschen die „Instruktionen“ aus Neugier an – sogar freiwillig, zu Hause, ganz ohne in ein Flugzeug zu steigen: Auf YouTube hat das Video schnell Millionen Klicks erreicht.

      Professionelle Kommunikation bedeutet also bewusste, verantwortungsvolle Gestaltung, die auf ein Kommunikationsziel ausgerichtet ist. Um entscheiden zu können, wie wir in einer Situation professionell kommunizieren und die erwünschte Wirkung erreichen können, müssen wir ziemlich gut über die Situation Bescheid wissen. Nur so können wir uns darüber klar werden, worauf es ankommt. Deshalb ist es so wichtig, sich mit den Dimensionen der Kommunikationssituation auseinanderzusetzen.

      Wenn Kommunikationsangebote professionell gestaltet und Kommunikationsprobleme gelöst werden sollen, müssen Adressat*innen, Diskursgemeinschaften und Konventionen berücksichtigt und – mündliche wie schriftliche – Texte auf ganz bestimmte Situationen und Intentionen ausgerichtet werden. In diesem Sinne bildet die Analyse professioneller Kommunikation die Basis für Translation. Darüber erfahren Sie im nächsten Kapitel mehr.

      Auf den Punkt gebracht

      1 Professionelle Kommunikation ist bewusste, reflektierte Kommunikation.

      2 Sie erfordert explizites Wissen, also die Analyse von durch implizites Wissen gesteuerten Handlungen und Annahmen.

      3 Professionell kommunizieren bedeutet daher auch bereit und fähig zu sein, den eigenen Kommunikationsstil kritisch zu beobachten.

      4 Professionelle Kommunikation bedeutet, Verantwortung für die Gestaltung von mündlichen und schriftlichen Texten zu übernehmen.

      5 Dafür ist es notwendig, Kommunikationssituationen in ihrer Mehrdimensionalität zu begreifen und insbesondere Intentionen und Adressat*innen zu berücksichtigen.

      6 Auftraggeber*innen möchten darauf vertrauen können, dass wir wissen, was wir tun, dass wir Kommunikation analysieren, steuern und gestalten können.

      7 Für andere Menschen die Kommunikation zu übernehmen ist eine verantwortungsvolle Tätigkeit und setzt ein Vertrauensverhältnis voraus. Dieses Vertrauen wird unter anderem durch den eigenen Kommunikationsstil gefördert.

      Zum Weiterdenken und Vertiefen

      1 Stellen Sie sich vor, Sie gehen zu einer Ärztin und bekommen das Gefühl, sie hätte Ihre Symptome nicht ganz ernst genommen und Sie mit unverständlichem Fachjargon eingeschüchtert.a. Wie viel Vertrauen haben Sie zu dieser Ärztin?b. Wie fühlen Sie sich, wenn Sie nicht verstehen, was man mit Ihnen vorhat?c. Was hätte die Situation für Sie angenehmer gestalten können?

      2 Stellen Sie sich vor, jemand erteilt Ihnen den Auftrag, eine Rede auf einer Feier zu halten. Welche Fragen würden Sie noch stellen, um an die Informationen kommen, die Sie brauchen, damit Sie den Auftrag professionell erfüllen können?

      3 Betrachten Sie die folgende Todesanzeige:

      

Скачать книгу