Transkulturelle Kommunikation. Michèle Kaiser-Cooke

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Transkulturelle Kommunikation - Michèle Kaiser-Cooke страница 8

Transkulturelle Kommunikation - Michèle Kaiser-Cooke Studieren, aber richtig

Скачать книгу

haben, sondern Angst vor den geflüchteten Menschen. Umgekehrt löst ein Begriff wie „Steueroase“ erfreuliche Vorstellungen von einem schönen, üppigen, grünen Ort aus – und nicht etwa die Vorstellung von Betrug an der Allgemeinheit.

      Sprachliche Manipulation im Alltag und in unterschiedlichen Kommunikationssituationen zu durchschauen und ihr nicht auf den Leim zu gehen, ist eine Frage von Sprach- und Kommunikationskompetenz. Dazu gehört auch, „giftige“ Begriffe und Bilder zu erkennen und sie nicht unabsichtlich weiterzutragen.

      Deutungsrahmen an sich sind weder gut noch schlecht, sie gehören zur Kommunikation dazu. Wir brauchen Deutungsrahmen, um uns in Aussagen und Texten zurechtzufinden. Kommunikationskompetenz bedeutet in diesem Zusammenhang, zu verstehen, wie Deutungen konstruiert werden und welche Rolle sprachliche Mittel dabei spielen. Sensibilität für die Wirkung von Sprache zu entwickeln, ist schon ein erster Schritt hin zu professioneller Kommunikation.

      Auf den Punkt gebracht

      1 Sprachkompetenz und Kommunikationskompetenz unterscheiden sich voneinander.

      2 Bei Sprachkompetenz geht es um die Beherrschung von Sprachen (auf einem bestimmten Niveau), Kommunikationskompetenz bedeutet hingegen, Kommunikationssituationen in ihrer Mehrdimensionalität realistisch einschätzen zu können und das eigene kommunikative Verhalten auf die Situation auszurichten.

      3 Sprachkompetenz und Kommunikationskompetenz hängen zusammen.

      4 Sprachverwendung ist an konkrete Kommunikationssituationen geknüpft.

      5 An der Schnittstelle von Sprachkompetenz und Kommunikationskompetenz geht es um die ästhetische und emotionale Wirkmacht von Sprache.

      Zum Weiterdenken und Vertiefen

      1 Erinnern Sie sich an eine Situation, in der Sie eine Kommunikationssituation falsch eingeschätzt und deshalb jemanden irritiert haben oder selbst irritiert waren.a. Skizzieren Sie die Kommunikationssituation und überlegen Sie, welche Informationen über den Kontext Ihnen oder Ihren Kommunikationspartner*innen möglicherweise gefehlt haben. Erzählen Sie die Szene jemandem oder schreiben Sie sie auf.b. Konnten Sie das Missverständnis klären? Wenn ja, wie? Wenn nicht, was könnten Sie tun, wenn Ihnen etwas Ähnliches wieder passiert?

      2 Lesen Sie bewusst einige Schlagzeilen oder Postings in seriösen Zeitungen, in Boulevardblättern und auf Social-Media-Plattformen: Überlegen Sie, welche Assoziationen bestimmte Begriffe oder Schlagzeilen bei Ihnen wecken und welche Deutungsrahmen sich auftun.a. Welche emotionalen Reaktionen merken Sie dabei an sich selbst?b. Versuchen Sie, die Stellen umzuformulieren, um andere Reaktionen auszulösen.

      4 Professionelle Kommunikation: Was ist das?

      Wir haben festgestellt, dass alle Menschen nicht nur kommunizieren können, sondern kommunizieren müssen.

      Warum sollten wir dann Kommunikation studieren, erforschen oder analysieren? Wozu gibt es Kommunikationstheorien, wenn wir ohnehin alle die Praxis beherrschen?

      Nun, viele wissenschaftliche Disziplinen beschäftigen sich mit einer Praxis, die alle Menschen grundsätzlich „können“: Die Anatomie untersucht, wie der menschliche Körper strukturiert ist und wie er funktioniert. Die Musikwissenschaft versucht unter anderem, zu erklären, welche Funktion die Musik in der Gesellschaft erfüllt und wie Menschen Musik produzieren, wie wir auf Musik reagieren und warum Musik überall auf der Welt zu finden ist. Ebenso untersucht die Sprachwissenschaft die Struktur und Funktion der Sprache, also wie und warum wir sprechen sowie die sozio-politische Einbettung des Sprachgebrauchs und vieles mehr.

      Wir sehen bereits, dass es bei den oben erwähnten Wissenschaften nicht in erster Linie darum geht, eine bestimmte Handlung oder Praxis zu verbessern; es geht vor allem darum, diese zu erklären.

      Genauer gesagt versuchen die Wissenschaften, real vorhandene Phänomene – also alle möglichen Dinge, die es in der Welt gibt – zu erklären. Diese Erklärungsversuche, die wir auch Theorien nennen, entstammen dem bereits erwähnten Bedürfnis, die Welt um uns zu verstehen. In dem Sinne ist auch Wissenschaft eine Form von Kommunikation.

      Wissenschaftler*innen teilen der Gesellschaft (und einander) mit, wie sie etwas verstehen. Sie stellen zum Beispiel fest, dass die Entwicklung der Feinmotorik mit der kindlichen Sprachentwicklung zusammenhängt oder dass das Gehirn eine ständige Sauerstoffzufuhr braucht.

      Da Wissenschaft einen Verstehensversuch darstellt, kommt es manchmal auch zum Missverstehen, also zu einer falschen Erkenntnis. Man meint, etwas verstanden zu haben und stellt später fest, dass man sich geirrt hat. Oder andere weisen darauf hin, dass etwas nicht stimmt. Wie in jeder anderen Kommunikation kommt es in der Wissenschaft oft zu Meinungsverschiedenheiten. Zum Beispiel darüber, welche Regionen im Gehirn für die Sprachverarbeitung zuständig sind bzw. ob man überhaupt spezifische Regionen dafür identifizieren kann.

      Früher war die vorherrschende wissenschaftliche Meinung, dass die Gehirne von „Frauen“ kleiner seien als die von „Männern“ und daher weniger leistungsfähig. Inzwischen hat man festgestellt, dass die Größe des Gehirns von Mensch zu Mensch verschieden ist und bei der Hirnleistung die Qualität ohnehin nicht von der Quantität abhängt.

      Auch in der Wissenschaft werden also Phänomene, Dinge, Handlungen wahrgenommen und interpretiert.

      Was hat das alles mit uns zu tun?

      Eine wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Phänomen Kommunikation (wie zum Beispiel in Universitätsstudien, die sich mit Kommunikation, Marketing und/oder Translation beschäftigen) versucht eben, zu verstehen und zu erklären, wie und warum Menschen miteinander kommunizieren. Auch hier gilt die Annahme: Wenn ich etwas verstehe, kenne ich mich einigermaßen aus.

      Wir wollen also unser eigenes Kommunikationsprofil und das Verhalten anderer Menschen verstehen, um besser damit umgehen zu können. Wir wollen aus unserem „intuitiven“ Wissen um Kommunikation ein bewusstes, reflektiertes Know-how entwickeln, das auch beruflich eingesetzt werden kann. Diese Expertise kann dann anderen Menschen helfen, Kommunikationsschwierigkeiten zu überwinden, problematische Situationen zu bewältigen oder die eigene Interaktion zu analysieren und zu steuern. In welchen Berufen und Bereichen ein solches Know-how zum Einsatz kommen könnte, werden wir später diskutieren (siehe Kapitel 5).

      In der kritischen Auseinandersetzung mit Kommunikation lernen Sie also auf der Basis von wissenschaftlichen Theorien (Erklärungsversuchen), wie die menschliche (Transkulturelle) Kommunikation abläuft. Sie lernen dies nicht nur, um es besser zu können, sondern um zu erkennen, was Sie (und andere) tun, wenn Sie kommunizieren.

      Denn erst wenn wir wissen, was wir tun, sind wir in der Lage, darüber zu sprechen und es anderen mitzuteilen.

      Unser kommunikationsrelevantes Wissen ist, wie so vieles, das wir wissen, unbewusst, unreflektiert und unausgesprochen. Wir wissen zum Beispiel, „ohne es zu wissen“, was in den folgenden drei Bildern passiert.

Abb. 12: Mann und Baby (Foto: pexels.com, CC0) Der Mann „sagt“ dem Baby (und auch uns) durch seine Körpersprache, dass er es lieb hat.
Abb. 13:

Скачать книгу